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259. Begreifen¹⁾. Einsehen²⁾. Verstehen³⁾. Absehen⁴⁾.

1) To comprehend.
2) Perceive, see.
3) Understand.
4) See the end.
1) Comprendre.
2) Concevoir.
3) Entendre (saisir, y être).
4) Voir jusqu’au bout (pénétrer).
1) Comprendere.
2) Concepire.
3) Intendere (capire).
4) Vedere sino alla fine (conoscere, penetrare).

Verstehen (eig. sich einem Gegenstande in den Weg stellen, ihm den Weg verstehen, wie man sagt: den Weg versperren, versetzen, so daß man sich gleichsam des Gegenstandes geistig bemächtigt) heißt von einer Sache eine deutliche Vorstellung haben; besonders wird es von dem Erkennen des Sinnes einer Rede und der Bedeutung eines Zeichens gesagt. Denn von Reden können wir keine deutliche Erkenntnis haben, wenn wir ihren Sinn, so wie von Worten und Zeichen überhaupt, wenn wir ihre Bedeutung nicht angeben können. Die Zeichen der Telegraphen können nur die verstehen, die den Schlüssel dazu haben. „Was man nicht versteht, besitzt man nicht.“ Goethe, Spr. i. Pr. 105. Begreifen (eig. umbe-grîfen, d. i. von allen Seiten fassen) weist darauf hin, daß man eine Sache ihren einzelnen Merkmalen nach, namentlich aber in ihrer kausalen (ursächlichen) Verbindung mit andern Dingen erkenne. Verständlich ist das, was wir klar zu erfassen vermögen (Gegens. unverständlich), begreiflich aber das, was wir überhaupt zu erkennen, mit unserm Geist zu umspannen imstande sind (Gegens. unbegreiflich). Das Wesen der Gottheit ist uns unbegreiflich. Wenn man einem Anfänger in der Mathematik sagt, daß es Linien gibt, die sich einander immer mehr nähern, ohne sich je zu berühren, so kann er das nicht begreifen; denn es scheint ihm widersprechend. Verbietet man einem Kinde, das sich schon verbrannt hat, mit der Hand in das Licht zu fahren, so kann es das begreifen; denn es kennt den Grund dieses Verbots. Einsehen (eig. in das Innere eines Dinges hineinblicken) bedeutet, die inneren verborgenen Eigenschaften eines Dinges, namentlich aber den innern Zusammenhang der Dinge und Ereignisse untereinander klar erkennen. Wer viel weiß und im richtigen Schließen geübt ist, der wird vieles vorhersehen, was ein anderer nicht voraussehen kann, und wird da mit Klugheit und Vorsicht verfahren, wo ein anderer blindlings und aufs Geratewohl zu Werke geht; einen solchen nennt man einen einsichtsvollen Menschen. „Sie haben Recht. Sie müssen. Daß sie können, | was sie zu müssen eingesehn, hat mich | mit schauernder Bewunderung durchdrungen.“ Schiller, Don Carlos III, 10. Dasjenige, dessen Grenzen nicht außer unserm Gesichtskreise liegen, können wir absehen. Wir sehen die Gründe nicht ab, die zu entfernt liegen und uns daher nicht deutlich einleuchten. Man sagt z. B.: Es ist gar nicht abzusehen, wie diese Angelegenheit endigen werde, die Folgen dieser Tat sind nicht abzusehen usw. Der Ungelehrte versteht nicht Mathematik genug, um die regelmäßige Ordnung und den notwendigen Zusammenhang der Bewegungen der Himmelskörper einzusehen; er kann daher leicht absehen, warum er nicht begreifen kann, wie die Astronomen Sonnen- und Mondfinsternisse auf mehrere Tausende von Jahren vorwärts und rückwärts berechnen können.