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257. Begnadigen¹⁾. Vergeben²⁾.
Verzeihen³⁾.

1) To pardon (a malefactor).
2) Forgive.
3) Pardon.
1) Gracier (pardonner un malfaiteur).
2) Pardonner.
3) Excuser (pardonner).
1) Graziare (accordare la grazia a un malfattore).
2) & 3) Perdonare.
3) Scusare.

Begnadigen (von Gnade, s. Art. 228) bedeutet die Erlassung der durch Urteil und Recht zuerkannten Strafe von einem Höheren, besonders von der höchsten Obrigkeit. Bei der Erlassung der Strafe findet eine doppelte Rücksicht statt. 1. Auf das Recht des Beleidigten, sich zu rächen, oder des Obern, die Strafe zu verhängen. Sofern jemand auf dieses Recht Verzicht tut, verzeiht er (mhd. verzîhen = nicht wovon reden wollen, verzichten, versagen, abschlagen). Verzeihen Sie mir dieses Vergehen, wäre also: Gebrauchen Sie Ihr Recht nicht, mich zu strafen. „Ein solcher Mann verzeiht dem andern wohl | Vermögen, Stand und Ehre; ..... doch das, was die Natur allein verleiht, | was jeglicher Bemühung, jedem Streben [stets unerreichbar bleibt, was weder Gold, | noch Schwert, noch Klugheit, noch Beharrlichkeit | erzwingen kann, das wird er nie verzeihen.“ Goethe, Tasso IV, 2. 2. Die zweite Rücksicht geht auf den der sich vergangen hat und die Strafe als die Bezahlung einer Schuld übernehmen muß. Diese Ansicht der Strafe, als einer zu zahlenden Schuld, fiel zu der Zeit noch mehr in die Augen als die bürgerlichen Verbrechen noch mit Geld gebüßt wurden. Vergeben (eig. stärkeres geben, schenken) wäre also soviel als dem Beleidiger die Schuld erlassen. In der gewöhnlichen Sprechweise hört man daher auch oft: Ich will es dir diesmal schenken, d. i. ich will es dir vergeben. „Seid edel und großherzig, schenkt einander I die unabtragbar ungeheure Schuld. | Der Siege göttlichster ist das Vergeben.“ Schiller, Br. v. Mess. I, 4. Bei dem Vergeben würde also auf das Bedürfnis des Schuldigen, bei dem Verzeihen auf das Recht des Beleidigten gesehen, den wir durch die Anerkennung dieses Rechtes gewissermaßen zugleich für unsern Obern erklären.