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336. Büste¹⁾. Busen²⁾. Brust³⁾.

1) Bust.
2) Bosom.
3) Breast; chest.
1) Buste.
2) Sein; coeur.
3) Poitrine.
1) Busto.
2) Seno; cuore.
3) Petto; mammella, poppa.

Brust ist der allgemeinste Ausdruck und bezeichnet den Vorderteil des Rumpfes zwischen Hals und Magen. Ursprünglich war das Wort ein Plural (got. brusts, ein Pluraletantum), und hob hervor, daß der Mensch zwei Brüste habe, wie wir noch jetzt von den Brüsten einer Frau oder von der rechten und linken Brust sprechen. Später wurde aber das Wort als Singular empfunden und ein neuer Plural: die Brüste dazu gebildet, um die Möglichkeit einer Unterscheidung zweier Brüste festzuhalten. Brust ist die anatomische Bezeichnung des betreffenden Körperteils, und zwar des Mannes wie der Frau und des Kindes. Es bezeichnet sowohl das Knochengerüst wie die Fleischteile des entsprechenden Teiles des Rumpfes, doch wird das Knochengerüst genauer als Brustkorb, Brustkasten bezeichnet, weshalb Brust dann im engeren Sinne die Fleischteile der entsprechenden Rumpfpartie benennt. Von Tieren wird nur das Wort Brust gebraucht, niemals Busen, z. B. Rinderbrust, Kalbsbrust, Gänsebrust usw. Im engeren Sinne wird Brust dann zur Bezeichnung der entsprechenden fleischigen, gewölbten Teile des Frauenleibes gebraucht, z. B. „So nimmt ein Kind der Mutter Brust nicht gleich im Anfang willig an.“ Goethe, Faust I. „Deine zwo Brüste sind wie zwei junge Rebzwillinge.“ Luther, Hohel. 4, 5. Der Plural Brüste ist sinnlich stärker, weil der Körper gegliedert und anschaulich geteilt erscheint, und kann nur die fleischigen Teile der Brust der Frau bezeichnen. „Unter dem Ganzen gehen sittig auf und nieder warme, weiche, kleine Brüste.“ Otto Julius Bierbaum, Porträtstudie, Erlebte Gedichte, 2. Aufl. S. 114. Brust im allgemeinen Sinne hat keinen Plural. Die Brüste werden daher immer als die Nahrung spendenden gedacht, auch im übertragenen Sinne, wenn man z. B. von den „Brüsten der Natur“ spricht. Busen bezeichnet nur die Frauenbrust in ihren fleischigen, vorgewölbten Teilen und ist edler, gewählter Ausdruck für die weibliche Brust. Busen umfaßt stets beide Brüste. Früher bezeichnete Busen auch den Schoß. So heißt es noch bei Goethe in Wilhelm Meisters Lehrjahren 8. Buch, Kap. 9: „Er versicherte uns mit Heftigkeit, daß Sperata ein Kind von ihm im Busen trage.“ In dieser Bedeutung ist es jetzt nicht mehr gebräuchlich, sondern nur als weibliche Brust. So spricht man von einem vollen, jungfräulichen, knospenden, straffen, ebenmäßigen, kleinen, schlaffen, flachen, welken Busen usw. „Ach, kann ich nie ein Stündchen ruhig dir am Busen hängen und Brust an Brust und Seel’ in Seele drängen?“ Goethe, Faust I. „Mein Busen drängt sich nach ihm hin.“ Goethe, paust I. Doch gilt Busen auch als edler, dichterischer Ausdruck für Brust überhaupt, auch für die Brust des Mannes, z. B. sich das Schwert in den Busen stoßen. „Es trinkt der Wilde selbst nicht mit dem Opfer, dem er das Schwert will in den Busen stoßen. . . . Kein Schild fing deinen Mordstreich auf, du führtest ihn ruchlos auf die unbeschützte Brust.“ Schiller, Wallenst. Tod III, 9.

Im übertragenen Sinne bezeichnet Brust das Innere, das Seelenleben des Menschen, z. B. „In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne!“ Schiller, Picc. II, 6. „Die Brust ist wieder frei, der Geist ist hell.“ Schiller, Wallensteins Tod III, 10. „Meiner eignen Brust geheime tiefe Wunder öffnen sich.“ Goethe, Faust I. „Aber doch Freiheit, jubelndes Regen zwangentfesselten Menschenherzens, hochaufbrausenden Lebens-dranges, der aus gepreßter, lange gequälter Menschenbrust lohend gewaltig herausschlägt, sehnend, sehnend nach edler, reiner, gütiger Menschenliebe treibt.“ Otto Julius Bierbaum, Dämmerungszauber, Erlebte Gedichte, 2. Aufl., S. 129. Busen bezeichnet im übertragenen Sinne gleichfalls das Innere des Menschen, aber während Brust mehr den Sitz des Mutes, der Seelenstimmung und des Gemüts anzeigt, hebt Busen das gesamte Geistesleben in seinen Weiten und Tiefen, auch die Erkenntnis eingeschlossen, hervor. „Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist, soll keinen Schmerzen künftig sich verschließen.“ Goethe, Faust I. „Vergönnest mir in ihre (der Natur) tiefe Brust wie in den Busen eines Freunds zu schauen.“ Goethe, Faust I. Daher ist Busen auch im übertragenen Sinne der edlere, gewähltere Ausdruck. „Nichts fällt in eines Busens stillen Grund.“ Schiller, Wallenst. Tod III, 9. „Dann wird’s in unserm Busen helle.“ Goethe, Faust I. „Der Gott, der mir im Busen wohnt.“ Goethe, ebenda. Busen hebt mehr die innige, trauliche Beziehung von Mensch zu Mensch hervor, daher: Busenfreund, etwas tief im Busen hegen usw. — Busen bezeichnet aber auch das Kleid über der Brust, z. B. einen Brief in den Busen stecken, Busennadel usw. In diesem Sinne kann Brust nicht stehen. Büste, das aus dem Französischen ins Neuhochdeutsche eindrang, bezeichnet eigentlich ein Brustbild, besonders die plastische Darstellung eines Kopfes mit Bruststück in Gips, Marmor, Bronze usw. im Gegensatz zu einer plastischen Darstellung der ganzen Figur, z. B. eine Büste des Königs, Kaisers, Goethes, Schillers usw. wurde in dem Saale aufgestellt. Dann dient es aber auch als edler und verhüllender Ausdruck für Frauenbusen, z. B. ein Mädchen mit schöner Büste, Büstenhalter (d. i. Korsett) usw. Büste hebt stets die plastische Erscheinung hervor; zur Bezeichnung des Innern, der Seele kann dieses Wort nicht stehen, weil es nur auf die äußere Erscheinung geht.