Anlegen

Anlegen. (Malerkunst) Die ersten Farben eines Gemäldes auftragen, welche danach bei der Ausarbeitung wieder von anderen Farben bedeckt werden.

 Das gute und insbesondere das kräftige Kolorit kann nicht wohl durch eine einzige Auftragung der Farben erreicht werden, ausgenommen in solchen Stücken, die weit aus dem Auge zu stehen kommen; in welchem Fall die Farben sehr dick neben einander aufgetragen werden, dass sie ihre volle Wirkung behalten. Bei Gemälden aber die man in der Nähe sehen soll, müssen die Farben mehr in einander fließen und können auf einmal nicht gar dick aufgetragen werden. Auch andere Umstände erfordern oft, dass eine Farbe über eine andere gedeckt werde, so dass die untere etwas durchscheine.1 In diesem Falle muss das ganze Stück mehr als einmal übermalt werden. Die erste Auftragung der Farben, wird das Anlegen genannt.

 Das Anlegen ist ein wichtiger Teil des Mahlens; denn wenn dabei etwas wesentliches versehen wird, so kann das Kolorit niemals vollkommen werden. Wie aber überhaupt keine schlechterdings festgesetzte Regeln der Farbengebung vorhanden sind, sondern jeder Maler durch Übung und Versuche sich eine besondere Methode angewöhnt hat; so lässt sich auch nicht bestimmt sagen, wie der Maler beim Anlegen verfahren soll.

 Der sicherste Weg, ein Gemälde gut anzulegen, scheint dieser zu sein, dass man mit einem etwas breiten Pinsel zuerst die Lichter, denn die Schatten gleich stark neben einander setze und danach an den Grenzen zwischen beiden gelinde hin und her fahre, um sie etwas mit einander zu vereinigen. Diese erste Anlage muss den Grund einer guten Haltung und Verfließung der Lichter und Schatten geben. Und diese wird man schwerlich erhalten, wenn man es in der ersten Anlage verfehlt hat. Lairesse gibt den Rat, man soll diese angelegten Stellen durch eine dünne Hornscheibe ansehen, um desto sicherer von der guten Vereinigung des Lichts und Schattens zu urteilen. Es hat ungefähr dieselbe Wirkung, wenn man etwas weit von dem angelegten Gemälde zurück trit, um diese Vereinigung desto besser zu bemerken. Es ist sehr wesentlich, dass man bei der ersten Anlage nicht eher ruhe, bis im ganzen die gehörige Haltung und eine gute Harmonie der Hauptteile erreicht ist.

 Bei der Anlage muss der Maler so viel möglich das völlige Kolorit schon in der Einbildungskraft haben, damit er die Stellen, die mehr oder weniger lasiert werden müssen, gehörig anlege. Historische Gemälde werden am besten da angefangen, wo die größte Maße des Lichts zusammen kommt; hingegen scheint es in Landschaften ein Vorteil zu sein, wenn die Luft und die Hintergründe zuerst angelegt werden.

 

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1 S. Lasieren.

 


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