Statue. (Bildhauer Kunst) Mit diesem lateinischen Worte, für welches man euch das deutsche Wort Bildsäule brauchen könnte, benennt man die Werke bildender Künste, welche die menschliche Gestalt körperlich, das ist in ihrer völligen Bildung darstellen. Doch wird das Wort auch von solchen Abbildungen der Tiere gebraucht.
Unter welchem Volk und bei welcher Gelegenheit zuerst der Gebrauch aufgekommen sei, die Gestalt des Menschen in Holz, Stein oder einer anderen festen Materie durch die Kunst zu bilden und als ein Denkmal aufzustellen, ist ungewiss. Aus den Nachrichten des Herodotus [im II. B.] sollte man schließen, dass die Ägyptier die ersten Statuen gemacht haben. Von der ersten Veranlassung dazu finden wir aber keine Nachricht.
Schon in dem hohen Altertum finden sich aber doch Spuren, dass verschiedene andere Völker, so wohl im Orient als in Kleinasien, Griechenland und Italien durch Kunst verfertigte Bilder gehabt haben. Es scheint aber, dass die Liebhaberei an Statuen und die Kunst der Bearbeitung derselben in Griechenland zuerst in einen vorzüglichen Flor gekommen sei. Anfänglich wurden die verschiedenen Gottheiten in menschlicher Gestalt gebildet; nachher die berühmtesten Helden älterer Zeit und endlich auch kürzlich verstorbene und noch lebende Menschen, die man dadurch ehren wollte, dass ihre Gestalt in Statuen abgebildet und an öffentlichen Orten aufgestellt wurden. Der Geschmack an Statuen der Götter und Menschen nahm unter den Griechen nach und nach so sehr überhand, dass nicht leicht eine andere Kunst mit dem Eifer und Aufwand getrieben worden, die man auf die Bildhauerei gewendet hat; so dass Griechenland zuletzt mit einer unzählbaren Menge von Statuen der Götter und Menschen angefüllt worden.
Die Römer scheinen in den ältern Zeiten der Republick nur einen mäßigen Gebrauch von Statuen der Götter und verdienter Männer gemacht zu haben. Nachdem sie aber mit den Griechen näher bekannt worden und bei Gelegenheit verschiedener in Griechenland gemachter Eroberungen, viel griechische Statuen nach Rom gebracht hatten, wurde auch die Liebhaberei an diesen Werken der Kunst allmählich lebhafter und stieg so gar nach und nach bis zu einer Art von Raserei; so dass ein alter Schriftsteller sagt, man hätte zu einer Zeit mehr Statuen als Einwohner, in Rom zählen können. Allein da es hier nicht um historische Nachrichten von den Statuen zu tun ist, so verweisen wir den Leser, der hierüber Unterricht verlangt, auf das, was Plinius im 34 Buch seiner Naturgeschicht hiervon sagt und auf Winkelmanns Geschichte der Kunst des Altertums.
Unsre Absicht geht hier auf allgemeine Betrachtungen über den Wert und Rang, den die Statuen unter anderen Werken der Kunst behaupten können und über das Eigentümliche ihres Charakters.
Über ihren gottesdienstlichen Gebrauch haben wir hier nichts zu sagen. Die Abbildung der Gottheit unter menschlicher Gestalt ist gegenwärtig nach dem Maß der Erkenntnis unter uns, nicht mehr erträglich und ich fühle auch nicht den geringsten Beruf dem Bilderdienst der im Calender stehenden Heiligen und Märtyrer das Wort zu reden. Also werden sich unsere Anmerkungen bloß auf die allgemeinen sittlichen und auf den politischen Gebrauch dieser Werke der Kunst einschränken.
Da die Statue ein Werk ist, das schon beträchtlichen Aufwand erfordert*); so ist auch jetzt ihr Gebrauch sehr eingeschränkt, kann aber eben deswegen desto wichtiger werden. Wir halten es für unnötig von Statuen zu sprechen, die heidnische Gottheiten oder andre allegorische Wesen vorstellen. Diese letztern könnten zwar wegen der geistreichen Erfindung und guten Ausführung ihren Wert haben. Wenn man aber die Kostbarkeit eines solchen Werks bedenkt, so scheinen sie eben nicht sehr zu empfehlen zu sein.
Der beste und edelste Gebrauch der von Statuen zu machen ist, besteht ohne Zweifel darin, dass sie zu öffentlicher Verehrung großer Verdienste um ein ganzes Volk und zur Reizung einer edlen Nacheiferung gebraucht werden. Zwar könnte man diesen Zweck auch schon durch andere Ehrenmäler erhalten; aber die Statue hat vor jedem anderen Denkmal beträchtliche Vorzüge wegen der ausnehmenden ästhetischen Kraft, die in der menschlichen Gestalt liegt, wodurch die Statue nicht bloß ein Zeichen oder ein todtes Sinnbild der Tugend ist, sondern einigermaßen die Tugend selbst sichtbar abbildet. Dadurch kann sie außer dem Ehrevollen, das sie hat, noch in anderen Absichten nützlich werden, wie schon anderswo angemerkt worden ist [s. Schönheit].
Wir setzen hier voraus, was wir schon einmal [s. Bildhauerkunst] ausführlicher angemerkt haben, dass ein wahrer Künstler große Seelen in der menschlichen Bildung könne sichtbar machen. Geschieht dieses in der Statue, so ist sie nicht ein bloßes Denkmal; sondern wirkt auch auf die, die ihren Ausdruck zu empfinden im Stande sind, große Gedanken und Empfindungen, die ein anderes Denkmal nicht erwecken kann.
Aus diesen Anmerkungen folgt von selbst alles, was wir über die Art und Beschaffenheit dieses Werks der Kunst zu sagen haben. Sie stellt einen Menschen vor, der durch außerordentliche Verdienste verehrungswert ist. Also muss sie an einem öffentlichen Orte, wo sie den Augen der meisten Menschen ausgesetzt ist, auf ein genugsam erhaben Postament gesetzt werden und eine verhältnismäßige Größe haben. Gemeine Lebensgröße ist zu gering; wie weit man aber darüber gehen soll, muss durch den Platz und die Erhöhung des Postaments bestimmt werden. Doch dieses betrifft nur das Äußerliche.
Nach dem inneren Charakter muss die Statue zwar, so viel ohne Abbruch des wichtigern Teiles geschehen kann, die Leibesgestalt und Gesichtsbildung der Person vorstellen, aber das, wodurch sich dieselbe hauptsächlich verdient gemacht hat, die hohe Sinnesart, die eigentliche Größe des Geistes oder Herzens, die den Hauptzug in dem Charakter ausmacht, muss vorzüglich darin ausgedruckt sein, weil dieses wesentlicher ist als die Ähnlichkeit. Also würde es hierbei hauptsächlich auf das Ideal ankommen, dem die Ähnlichkeit, wo es nötig ist, weichen muss. Es muss sogleich in die Augen fallen, was man an dem Menschen, dessen Bild man sieht, zu verehren habe; ob es ausnehmende Redlichkeit und Güte oder Standhaftigkeit in großer Gefahr oder eine andere hohe Tugend und Sinnesart ist. Dass dergleichen bestimmter Ausdruck möglich sei, sehen wir an einigen antiken Statuen der Götter und Helden, die das Ideal eines ziemlich genau bestimmten hohen Charakters ausdrücken. Viel antike Statuen der Gottheiten sind in der Tat nichts anders als allegorische Vorstellungen ihrer Eigenschaften. Diese mussten durch menschliche Bildung ausgedrückt werden, weil außer der menschlichen Gestalt, in der Natur nichts sichtbares ist, das durch eine natürliche, nicht hieroglyphische Bedeutung, Eigenschaften eines denkenden Wesens ausdrückt. So ist Jupiter ein Bild der ernsten Hoheit mit Güte verbunden; Pallas ein Bild des höchsten Verstandes und der höchsten Weisheit u.s.w. Plinius sagt von einer Statue des Apollodorus, die Silanio gemacht hatte, sie habe nicht einen zornigen Menschen, sondern den zornigen Charakter selbst ausgedrückt [Nec hominem (Apollodorum) ex ære fecit, sed iracundiam. Hist. Nat. L. XXXIV. c. 8]. So sollten die Statuen großer Männer sein.
Weil ein Charakter, wenn man ihn ganz fühlen soll, besser erkannt wird, wenn die Person in Ruhe als wenn sie in einer einzelnen bestimmten Handlung begriffen ist; so würden wir ruhige Stellungen, ohne bestimmte Handlung, zu den Statuen vorziehen. Dieses scheinen die Alten auch vorzüglich beobachtet zu haben. Nur in gewissen Fällen, wo die Größe des Charakters sich am besten in der Handlung zeigt, müsste Handlung gewählt werden. So würde Achilles besser fortschreitend, Alysses aber besser stehend oder sitzend gebildet werden. Bei ruhiger Stellung ohne Handlung wird man auch natürlicher Weise, auf die Beobachtung des ganzen Charakters, nicht auf eine einzige Handlung geführt.
Man sieht aber hieraus leicht, dass eine vollkommene Statue das höchste Werk des Genies und der Kunst sei. Darum haben auch die Griechen einen Phidias eben so bewundert als irgend einen anderen großen Geist. Aber da es gegenwärtig so ungewöhnlich ist, Verdienste vortreflicher Männer durch Statuen zu verehren und wenn es noch geschieht, der ganzen Veranstaltung die Hoheit und Feierlichkeit, die zu solchen öffentlichen Handlungen notwendig erfordert wird, meistenteils fehlt, folglich die Bildhauerkunst bei uns nicht in dem Glanz erscheint, der ihr nötig wäre, um große dazu tüchtige Genie in die rechte Wirksamkeit zu setzen; so dürfen wir es uns nicht befremden lassen, dass in dieser Art so sehr selten etwas erscheint, das den guten Statuen des Altertums könnte zur Seite gesetzt werden.
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*) Eine Statue, die nicht viel über Lebensgröße und von gutem weißen Marmor ist, kann in einem Lande, das den Marmor nicht selbst hat, unter fünf bis sechs tausend Thalern nicht wohl fertig gemacht und gesetzt werden. Ist sie von Erzt, so sind die Kosten noch weit beträchtlicher. Von schlechten, aus geringem Sandstein und oben hin, nach Antiken copirt oder sonst ohne Genie gemacht, die man für zwei bis dreihundert Rthlr. haben kann, ist hier nicht die Rede; weil wir sie für gar nichts halten.