Schritt

Schritt. (Tanzkunst) Die Schritte sind die Elemente des Tanzens, aus denen der Tänzer, wie der Redner aus Redensarten, sein Werk zusammen setzt. Sie sind entweder einfach oder aus zwei und mehr einfachen zusammengesetzt, wie der Pas de Menuet, der aus vier Fortschreitungen besteht, der Pas de Courante u.s.w. Es wäre ein völlig unnützes Unternehmen die Tanzschritte mit Worten zu beschreiben. Also wollen wir uns gar nicht in solche Beschreibungen einlassen, sondern bloß bei einigen allgemeinen, aber zum wesentlichen der Kunst gehörigen Anmerkungen, stehen bleiben.

 Man muss das Tanzen überhaupt, um die wahre Theorie desselben zu geben als eine Bewegung ansehen, die schon durch das Metrische und Rhythmische etwas Sittliches oder Leidenschaftliches ausdrückt. Um nun deutlich zu begreifen wie dieses zugehe, muss man das, was von uns über die Natur des Rhythmus gesagt worden, deutlich vor Augen haben. Hierauf muss man sich den einfachen Schritt als einen Takt in einem Tonstück vorstellen. Alles was wir von der Natur und Wirkung des Taktes und der damit verbundenen Bewegung in dem besonderen Artikel hierüber anmerken, kann leicht auf den einfachen Schritt angewendet werden, der, so wie der Takt ernsthaft, fröhlich, mit Würde begleitet, leicht u.s.w. sein kann. Der zusammengesetzte Schritt, pas de Menuet; pas de Gavotte u.s.w. kommt mit den kleinen Einschnitten der Melodie oder den aus zwei, drei und vier Takten bestehenden einzeln Gliedern überein. Aus mehreren zusammengesetzten Schritten, wird im Tanz wie im Gesang eine Periode und aus zwei oder drei Perioden eine Strophe zusammengesetzt.

 Diese vollkommene Ähnlichkeit zwischen Musik und Tanz muss man genau vor Augen haben, wenn man zur Theorie des Tanzes etwas gründliches entdecken will. Was nun durch die metrische und rhythmische Einrichtung eines Tonstücks kann ausgedrückt werden, gerade das wird auch durch einfache und zusammengesetzte Schritte, Kadenzen und Perioden des Tanzes ausgedrückt. Hier bemerken wir nun in Vergleichung dessen, was über Musik und Tanz geschrieben worden, dass in jener, die Kunstsprach bestimmter und ausführlicher ist als für diese. In der Musik kann ein Takt auf sehr vielerlei Weise von anderen unterschieden werden, und alles, was zu diesem Unterschied gehört, kann auf das deutlichste, bis auf die geringste Kleinigkeit durch Worte oder durch Zeichen angedeutet werden. Man unterscheidet nicht nur die Takte von zwei, vier, acht; und von drei, sechs, zwölf Zeiten u.s.w. sondern auch jede Zeit wird bald durch einen bald mehrere Töne oder mehrere Zeiten nur durch einen Ton angefüllt u.s.w. Beim Tanz hingegen hat man erstlich für die kleineren Bewegungen, woraus ein einfacher Schritt besteht, bei weitem nicht alle hinlängliche Namen und diese einzelnen Schritte selbst haben noch bei weitem nicht die Mannigfaltigkeit, wodurch ein Takt sich von einem anderen unterscheiden kann. Es gibt nur sehr wenig einfache Schritte, nämlich die so genannten pas mignardés, die so genau charakterisiert sind als die Takte.

 Deswegen würde der, welcher das Tanzen so genau beschreiben und zergliedern wollte, wie man ein Tonstück beschreiben und zergliedern kann, noch sehr viel Namen zu erfinden und sehr viel einzelne kleine Bewegungen besonders zu unterscheiden haben. Denn eigentlich sollte es so vielerlei einfache Schritte zum Tanzen geben, so vielerlei einzelne Takte es in der Musik gibt, diejenigen ausgenommen, die bloß von der Höhe und Tiefe der Töne herkommen. Aber daran fehlt noch unendlich viel.

 


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