Singend

Singend. (Musik) Es ist für den Tonsetzer eine Hauptregel, sowohl in der Vocal- als Instrumentalmusik cantabel, das ist, singend zu setzen. Diese Regel schließt sowohl die einzeln Fortschreitungen jeder Stimme als überhaupt die Melodie eines ganzen Stücks ein, die, je cantabler sie ist, je mehr dem leidenschaftlichen Gesang der Menschenstimme nahe kommt. Will der Tonsetzer hierin glücklich sein, so muss er vor allen Dingen selbst singen können: Hasse und Graun haben darum so singend setzen können, weil sie selbst große Sänger waren. Hat die Natur ihm eine reine Stimme versagt, so muss er wenigstens, alles was ihm vorkommt, in Gedanken singen können, daneben keine Gelegenheit aus der Acht lassen, gute Sänger zu hören und auf ihren Vortrag zu merken; er muss die Ausarbeitungen solcher Meister, die das Singende in ihrer Gewalt haben, vorzüglich durchstudieren und sich in bloßen Melodien ohne alle Begleitung üben, bis er anfängt, singend zu denken und zu schreiben. Ohne dieses wird er harmonisch richtig, aber niemals singend zu setzen, im Stande sein. Das Singende ist die Grundlage, wodurch die Melodie zu einer Sprache und allen Menschen faßlich wird. Fehlt einem Tonstück diese Eigenschaft, so werden wir es bald müde, weil ihm das Wesentlichste fehlt, wodurch es unsere Aufmerksamkeit fesseln sollte.

 Man pflegt über Stücke, die etwas Arienmäßiges und eine mäßige Bewegung haben, noch cantabile zu setzen, um anzudeuten, dass man sie besonders singend vortragen soll. Ein solcher Vortrag geschieht in einer mäßigen Stärke; die Noten werden mehr geschliffen als abgestoßen und man enthält sich aller solcher Manieren und Arten des Vortrags, die der Singestimme nicht angemessen sind.

 


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