Andrea del Castagno, degli Impiccati

Castagno, Andrea del, geb. 1406 zu Mugello, in der Umgegend von Florenz, gest. 1480, soll in seiner Jugend die Schafe gehütet haben, bis ein florentinischer Edelmann, auf das Talent des Knaben für die Kunst aufmerksam gemacht, ihn nach Florenz und zu Masaccio in die Lehre brachte, wo er bald im Zeichnen tüchtige Fortschritte machte, in der Behandlung der Farben und im Kolorit aber hinter jenen zurückblieb. Er malte in verschiedenen Kirchen und Klöstern in und um Florenz viele Wand- und Tafelbilder, durch die er in den Ruf eines der ersten Maler seiner Zeit kam, führte auch in Gemeinschaft mit Alesso Baldovinetti und Domenico Veneziano die Wandmalereien der Hauptkapelle des Gottesackers von S. Maria Nuova. aus. Von einem Bilde an der Fassade des Palastes des Podesta, an welcher er im Auftrag der Signoria von Florenz die Bildnisse jener Verschworenen, durch welche im Jahr 1478 Julian von Medici ermordet worden war, nach dem Leben an den Füßen aufgehängt, darstellte, erhielt er den Namen Andrea degli Impiccati (der Gehenkten). Von allen seinen Arbeiten hat sich jedoch nur Weniges erhalten. So viel sich aber nach diesem Vorhandenen urteilen lässt, zeigt sich Castagno zwar der Richtung des Masaccio zugetan, man erkennt eine ernste Gesinnung und ein Streben nach Korrektheit; allein er erreicht nicht nur nirgends die großartige Einfalt und Würde jenes Meisters, sondern es herrscht auch in seinen Werken eine phantastische Kompositionsweise, eine gewisse Strenge, die sich im Einzelnen bis zum Düsteren steigert, und eine übertriebene Charakteristik vor. In Florenz wird ihm ein Freskobild über einem Grabmal in S. Croce, S. Franz und Johannes, der Täufer, zugeschrieben, welches eine herbe Kraft der Darstellung mit sehr intensivem Ausdruck verbindet. Das im Jahr 1455 von ihm grau in grau gemalte Reiterbild des Condotiere Niccolo da Tolentino wurde im Jahr 1842 auf Leinwand übertragen. In S. Maria nuova ist von ihm eine büßende Magdalena; in der Akademie daselbst: ein Hieronymus in der Wüste und Johannes, der Täufer; in den Studj zu Neapel: eine Kreuzabnahme. Im Berliner-Museum sieht man von ihm: eine Pietà in Tempera und den vor dem Kruzifix knieenden und sich kasteienden Hieronymus. Auch die Sammlung von Gemälden der toskanischen Schule vom 13. bis zum 15. Jahrhundert des Hrn. Young Ottley in London enthält eine Pietà von Castagno, eine treffliche Komposition, aber in der herben Weise des Meisters ausgeführt.  

Bekannter fast als durch seine wenigen erhaltenen Gemälde ist Castagno in der Geschichte der Kunst geworden durch eine schwere Schmach, die sich an seinen Namen geheftet hat. Bisher hatte man nämlich, so erzählt Vasari, nur mit Temperafarben, d. h. mit einer Mischung der Farben mit Eigelb und einigen Harzen, gemalt, zu Anfang des 15. Jahrhunderts aber hatte Joh. van Eyck in den Niederlanden die Ölmalerei bereits mit dem glücklichsten Erfolg angewandt und die Behandlung derselben dem Antonello von Messina mitgeteilt, der das Geheimnis wiederum seinem Freunde Domenico Veneziano anvertraute. Als nun des Letzteren Bilder in S. Maria Nuova zu Florenz, wo er, wie erwähnt, gemeinschaftlich mit Castagno arbeitete, ein ungemeines Aufsehen machten, erregte dies die Scheelsucht und den Neid des Letzteren in so hohem Grade, dass er sich in Domenicos Vertrauen einschlich, um ihm sein Geheimnis zu entlocken und. ihn, als er dasselbe besaß, um des Nebenbuhlers in der Kunst für immer los zu sein, ermordete. Erst auf dem Totenbette soll er sein Verbrechen bekannt haben. 

 

Literatur. Vasari, Leben der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Baumeister.  

 


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