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Diät

Diät (Diaeta, Regimen). Sie ist im weitern Sinne die ganze Lebensweise des Menschen, sowohl in physischer als moralischer Hinsicht, also die Berücksichtigung der sechs sogenannten nicht natürlichen Dinge (Schlafen und Wachen, Bewegung und Ruhe, Essen und Trinken, Ausleerungen, Affekte und Leidenschaften). Im engern Sinn ist Diät die ärztliche Vorschrift der Speisen und Getränke und des übrigen Verhaltens in kranken Tagen (Regimen) — beides wichtige Gegenstände der Volksarzneikunde zur Verhütung und leichteren Heilung der Krankheiten. Wir verweisen hier in Betreff der physischen und moralischen Diät auf Alles dasjenige, was wir anderswo darüber bemerkt haben (S. Gesundheitsregeln und Hausmittel), welcher Gegenstand seiner Wichtigkeit wegen nicht minder zu beherzigen ist, als die zweckmäßigste Lebensweise in kranken Tagen; denn es ist besser, Krankheit zu verhüten, als sie zu heilen.

Über die Diät im engern Sinn, d. h. über das zweckmäßigste Verhalten in Betreff der Speisen, Getränke und aller übrigen Dinge, welche in Krankheiten beobachtet werden müssen, (Krankendiät) geben wir in der Kürze nur folgende Regeln und Vorschriften: 1) Jeder Kranke, der so bedeutend daniederliegt, dass er nicht aufstehen kann, muss eine möglichst bequeme Lagerstätte haben, welche nicht zwischen Tür und Fenstern, wo die Zugluft schaden könnte, stehen darf, auch im Sommer nicht unmittelbar der Sommerhitze, im Winter nicht der unmittelbaren Hitze des Ofens ausgesetzt ist. Die Regel sei, alle Krankenstuben, besonders wenn Personen mit hitzigen Fiebern und solchen Ausschlägen darin sind, nur mäßig zu heizen; denn stark erhitzte Stubenluft schadet unendlich; besser ist oft ein ganz kaltes Zimmer und bei Frostgefühl gutes Verhüllen in Betten und Decken. 2) Die verschiedene Lage des Kranken im Bett ist wohl zu berücksichtigen. Sie kann und darf für alle Krankheiten nicht eine und dieselbe sein. (S. Gesundheitsregeln.) 3) Man wähle: wo es irgend angeht, ein solches Lokal zum Krankenzimmer, welches ruhig und abgelegen liegt, so dass man darin das Geräusch, das Rasseln der Fuhrwerke und das Geschrei der Feilbietenden etc. auf den Strassen nicht hören und dadurch nicht in der Ruhe gestört werden kann. Die gewöhnlichen Wohnstuben, wo außer dem Kranken und dem Wärterpersonal noch andere Personen, besonders kleine Kinder sich befinden, eignen sich gar nicht dazu. 4) Man sorge für die größte Reinlichkeit des Zimmers, der Betten und Alles dessen, was den Kranken umgibt. Man versäume nie, täglich, selbst im Winter die Fenster zu öffnen und die Zimmerluft zu erneuern. Am besten ist’s, durch Öffnen der Fenster und Türen, also durch Zugluft die Luft zu verbessern; doch muss der Kranke während der Zeit gut bis an den Hals zugedeckt und durch Vorhänge vor dem Zugwinde geschützt, noch besser in ein anderes geschlossenes Zimmer, während das verlassene gelüftet wird, gebracht werden, damit er, zumal bei heftigen rheumatischen und nervösen Leiden, durch plötzliche Erkältung, vorzüglich zur Zeit der kritischen Schweiße, keinen Schaden nehme. 5) Fremde Personen sind bessere Krankenwärter, als die eigenen Verwandten. Eine Ausnahme findet statt, wenn unter den letzteren sich ein oder das andere Individuum befindet, was durch gesetzten Charakter, Selbstständigkeit und Selbstbeherrschung es dahin gebracht hat, stets sanft und gelassen, ruhig, teilnehmend und mit der größten Aufmerksamkeit auf Alles, was der Kranke Erlaubtes nur im Entferntesten wünscht, sich völlig zum guten Krankenwärter auszubilden. Hierher gehört aber noch die große, viele Selbstbeherrschung erfordernde, auch den schlimmsten Kranken oft noch das Leben rettende Kunst: keine Ängstlichkeit zu verraten, weder im Blick, noch in den Mienen, der Gebärde und in der Rede, wenn auch wirkliche Gefahr da ist und der Arzt wenig Hoffnung der Lebensrettung gibt. 6) Jeder Kranke muss, was Essen und Trinken anbetrifft, dem Rate des Arztes folgen. Auch der Naturinstinkt ist hier nicht zu verachten. Er zeigt in hitzigen Fiebern und solchen Entzündungen Abscheu vor Fleischspeisen, solchen und anderen nährenden Suppen, so wie vor starkem Bier und allen geistigen Getränken. Dagegen haben alle jene Kranke großen Appetit zu frischem, kaltem Wasser, Wasser und Essig, schwachem, leichtem Bier, Limonade und zu dünnen, wässerigen und schleimigen Suppen von Weißbrot, Hafer-, Gersten- und Buchweizengrütze mit Wasser und Milch, aber ohne Fett. — Alle diese Speisen und Getränke sind ihnen in der Regel zu erlauben. Am besten ists aber, darüber vorher des Arztes Rat in Anspruch zu nehmen, da es auch Ausnahmen von der Regel gibt, so z. B. dient Fieberkranken, welche schon mehrere Tage an Durchfallen leiden, selten Limonade oder Essig und Wasser, wohl aber eine einhüllende schleimige Suppe. (S. unten Anhang III.) 7) Je mehr der Kranke schwitzt oder sonst ausdünstet, desto häufiger muss die Bett- und Leibwäsche gewechselt werden, — versteht sich mit der gehörigen, oben angegebenen Vorsicht, wozu noch kommt, dass jede neue Leib- und Bettwäsche gehörig 24 Stunden vor dem Gebrauch in der Sonnenhitze oder Ofenwärme gut getrocknet und erwärmt, auch mit gutem Räucherpulver durchräuchert sein muss. Ehe der Kranke das Bett verlässt, muss er sich allmählich durch sukzessives Entblößen der Arme, der Brust etc. abgekühlt haben und der Schweiß völlig abgezogen sein. 8) Wenn die Naturheilkraft in Krankheiten auch eins der größten Hausmittel zur Heilung des Leidens ist, so bleibt es doch die Pflicht eines jeden Verständigen, keine Krankheit zu vernachlässigen, sie möge noch so leicht und unbedeutend scheinen, denn sonst kann aus einem leichten Übel nicht selten ein schlimmes und lebensgefährliches werden, zumal wenn es anfänglich zu gering geachtet, vernachlässigt und das Naturheilbestreben unberücksichtigt, wohl gar ihm durch verkehrte Diät und Arzneimittel geradezu entgegen gehandelt worden ist. — Dass übrigens bei jeder bedeutenden Krankheit beim tüchtigen Arzt Hilfe gesucht und dessen Vorschriften in Allem strenge befolgt werden müssen, weiß ein Jeder. 9) Die Diät der Sinnwerkzeuge zum Schutz und zur Bewahrung vor Krankheiten derselben ist unendlich wichtig, so dass alle Menschen die größte Pflege und Wartung, sowohl in gesunden als kranken Tagen, darauf verwenden müssen. Hier stehen das Gesicht und das Gehör, als die edleren Sinne, obenan, weil durch Krankheiten und durch den Verlust derselben das Lebensglück des Menschen so sehr beeinträchtigt, oft ganz zerstört wird.