Zum Hauptinhalt springen

Augenwasser

Augenwasser (Aquae ophthalmicae). Der Gebrauch der Augenwasser und Augensalben bei Entzündungen der Augen erfodert große Vorsicht. Ist Gicht und Rheumatismus die Ursache, so verträgt das Auge oft gar nichts Nasses, sondern verschlimmert sich darnach. Die vorzüglichsten Ursachen der Augenschwäche sind: eine schwelgerische und üppige Lebensweise in der Jugend, der häufige Genuss starker geistiger Getränke, heftige Leidenschaften, vorzüglich Ärger und Zorn, Ausschweifungen in der Liebe, ein zu starkes oder zu geringes, oder auch ein ungleichmäßiges und schnell abwechselndes Licht, das Anstrengen der Augen gleich nach Tische oder in der Nachtzeit, sowie ein anhaltendes schnelles Lesen bei Licht, vorzüglich wenn das Licht einen ungleichen Schein gibt, wie dieses bei Deckellichtschirmen der Fall zu sein pflegt; ferner schneller Wechsel von Hitze und Kälte. Entblößung oder kaltes Waschen des Kopfs oder des Gesichts, wenn man schwitzt, und da überhaupt Alles, was das Nervensystem angreift, sehr leicht dazu Veranlassung geben kann, so ist die Tugend der Mäßigkeit ein ganz vorzügliches Mittel, sowohl ihr vorzubauen, als sie zu heilen.

Gegen die Augenschwäche ohne Entzündung der Augen kann man sich auch des folgenden Augenwassers bedienen, welches sich in vielen Fällen wohltätig bewiesen hat. Man gieße auf einen Teelöffel voll Muskatnuss, ebenso viel Muskatblüte, weißen Vitriol und weißen Zucker, Alles fein pulverisiert, ein mäßig großes Weinglas voll fließendes, reines Wasser, schüttelt die Mischung in einem wohlverstopften Gläschen innerhalb 24 Stunden mehrmals um und seiht alsdann die Flüssigkeit durch ein feines reines leinenes Läppchen. Von diesem Augenwasser werden des Morgens und Abends einige Tropfen in die Augenwinkel gebracht, und die Augen nach dem Gebrauche dieses Mittels vor dem hellen Scheine des Lichts verwahrt. Auch ist ein einfaches Augenwasser für Augenschwäche nützlich, bestehend aus zehn Gran weißen Vitriol, aufgelöst in zehn Lot Rosenwasser.

Gegen solche langwierige und schmerzlose Augenschwäche kann man auch den Franzbranntwein oder die Eau de Cologne zwei bis dreimal täglich so anwenden, dass man sich einen halben Teelöffel voll in die hohle Hand gießt, beide Hände sich damit befeuchtet und diese dann ziemlich nahe an die Augen hält, so dass der Dunst davon in letztere zieht.

Bei frischen Augenentzündungen mit Röte, Schmerz, Lichtscheu u. s. w. ist der laue Dunst von Fliederblumen und Fencheltee, auch frische, noch warme Kuhmilch nützlich. Sind nach einigen Tagen die Schmerzen und Röte verschwunden, so dient ein Augenwasser aus einer Obertasse voll Regenwasser, zehn Tropfen Bleiessig und ein dran Zinkvitriol (Osiander p. 365).

Ist Erkältung, Rheumatismus oder Gicht die Ursache der Augenentzündung, so ist zuerst ein Kräuterkissen, worin Fliederblumen, Kamillen und etwas Krausemünze befindlich, zweckmäßig; später versuche man das letztgenannte Augenwasser. Verschlimmern sich darnach aber die Augen, so stehe man sogleich davon ab. — Ein schmerzstillendes, russisches Volksmittel gegen katarrhalische Augenentzündnng ist Folgendes: Von einem frischen Lindenzweig wird die äußere, braune Rinde entfernt und die darunter Hegende weiße bis auf das Holz abgeschabt. Auf eine Handvoll dieses Bastes gießt man ein Quart reines kaltes Wasser und schlägt dies so lange mit dem Messer, bis das Wasser sich in einen dicken Schleim verwandelt, den man auf doppelt zusammengelegte Leinwand streicht und aufs Auge legt.

Zur Stärkung schwacher Augen und um die Wiederkehr eines sogenannten Gerstenkornes zu verhüten, ist das öftere Waschen der Augen mit reinem kalten Wasser ein vorzügliches Mittel. Auch zerteilt sich das Gerstenkorn oft dadurch, dass man beim ersten Entstehen dasselbe täglich zwei- bis dreimal mit einem goldenen Ringe oder Ducaten bestreicht. Ist aber das Gerstenkorn schon da, so bleiben warme Umschläge von Semmel und Milch bei Tage und des Nachts ein Diachelpflaster das beste Mittel, indem nun dasselbe in Eiterung geht. — Ist Jemandem Kalk in die Augen gekommen, so lege man ihn auf den Rücken, öffne ihm die Augen mit Vorsicht, halte sie mit dem Daumen und Zeigefinger offen und gieße ihm einen Strom laues Wasser aus einem Teekessel in jedes Auge, wodurch der Kalk weggespült wird. Gegen das lästige Fliegensehen (mouches volantes) raten Haller den Dunst vom gebranntem und gekochtem Kaffee an.

Gegen die Nachtblindheit, Hühnerblindheit, Nachtnebel (Nyctalopia), wo der Mensch mit Sonnenuntergang nichts mehr sehen kann, weil die Augen durch blendendes Sonnenlicht, besonders in Berggegenden und im Winter bei mit Schnee bedeckter Erde, gelitten, essen die polnischen Bauern die Leber eines schwarzen Hahns oder Schweins, und sind in wenigen Tagen geheilt. Auch gekochte Ochsenleber ist hier, nach Jos. Frank, nützlich. (S. Osiander l. c. p. 379). Die Mannschaft eines englischen Schiffes unter den Tropen, die von der Nyctalopie befallen und so für den Dienst zur Nachtzeit ganz untauglich wurde, half sich dadurch: dass die Leute den Tag über die Sonnenstrahlen von einem Auge abhielten, indem sie ein Taschentuch darüber banden. Sie konnten nun mit dem bedeckt gewesenen Auge vollkommen bei Nacht sehen, und somit hatte Jeder ein Auge für den Tag und eins für die Nacht. (Osiander l. c. p. 380).

Gegen Röte und Verschwärung der Augenlidränder ist in Frankreich folgendes Volksmittel gebräuchlich: Man verbrennt weißes, reines Papier in einem zinnerenen Löffel, vermischt die Asche mit etwas Wein und wendet diese Salbe mittelst eines kleinen Malerpinsels an. In England gebraucht man dagegen einen Aufguss von chinesischem Tee, den man kalt mit Leinwandkompressen auf die Augen legt.

Gegen mechanische Verletzung des Auges durch Stoss, Schlag, Steinwürfe u. s. w. sind Umschläge von frischem kaltem Wasser, Tag und Nacht fortgesetzt und oft erneuert, die ersten Tage hindurch allen anderen Mitteln vorzuziehen.