Kupferstich; Kupfer. Diese Namen gibt man den Abdrücken der Kupferplatten, diese mögen gestochen, geätzt oder in schwarzer Kunst gearbeitet sein. Sehr oft werden auch die von Holzschnitten gemachten Abdrücke mit darunter begriffen. Eine Sammlung aller Gattungen von Kupfer oder Holz abgedruckter Zeichnungen, wird eine Sammlung von Kupfern oder Kupferstichen genannt. Die Kupfer der ältesten Meister sind durchaus mit dem Grabstichel gearbeitet; weil das Ätzen später als das Stechen aufgekommen ist: aber unter den neueren Kupferstichen sind ganz gestochene Blätter sehr selten. Man hat gefunden, dass die historischen Stücke, Landschaften, auch Portraite mit einigen Nebensachen besser ausfallen, wenn einige Teile davon radiert und geätzt, die anderen mit dem Grabstichel gearbeitet werden. Ganz geätzte Kupfer sind meistenteils Werke der Maler; große Blätter aber, die durchaus geätzt sind, haben noch die lezte Hilfe des Grabstichels nötig, ohne welche die Stellen, wo das Dunkele am stärksten sein soll, nicht kräftig genug werden. Im Gegenteil haben auch wieder die Landschaften, wovon der größte Teil geätzt ist, an den leichtesten Stellen, wo eine sehr dünne Luft und leichtes Gewölk anzuzeigen ist, den Grabstichel nötig, weil das Ätzwasser gar zu leicht die daselbst erforderlichen sehr zarten Striche zu stark ma chen würde. Also muss zu einem vollkommenen Kupferstich beides das Stechen und das Radieren zusammenkommen. Man hat von einigen der vortreflichsten Werke des berühmten Edelink, nicht ohne Grund angemerkt, dass sie durch den Grabstichel zu schön geworden und dass es besser gewesen wäre, wenn einige Stellen durch die Radiernadel flüchtiger und mit weniger einförmigen Strichen wären behandelt worden.
Es ist eine so angenehme Sache die Werke der größten Maler in guten Kupferstichen mit so großer Gemächlichkeit zu betrachten, dass man sich nicht wundern darf, wenn man den Geschmack an Kupferstichen so allgemein ausgebreitet antrift. Aber man stößt auch hier, wie bei allen anderen Liebhabereien, bisweilen auf große Mißbräuche. Man findet in allen Ländern eine seltsame Art Liebhaber, die Kupferstiche sammeln, wie etwa die Kinder bunte Steine oder andre ihnen völlig unnütze Dinge mit großen Eifer sammeln, bloß um sich mit etwas zu beschäftigen und ohne den geringsten Vorteil daraus zu ziehen als eine völlig gleichgültige Tätigkeit zu befriedigen. An Oertern wo ein solches Sammlen Mode worden, sieht man ein wunderbares Bestreben unter den Sammlern, wodurch jeder es anderen zuvortun will: und dieses Nacheifern wird nicht selten bis zu einer Art der Raserei getrieben. Es gibt Sammler, die sich nur auf gewisse Gattungen der Kupferstiche ein schränken, die etwa die Sammlung von einer Schule oder auch nur von einem Künstler vollständig zu haben wünschen, denen also ein fehlendes Blatt, wenn es an sich auch nicht den geringsten Wert hätte, unruhige Nächte macht und die es bei aufstoßender Gelegenheit um einen Preis anschaffen, der seinen wahren Wert hundertmal übersteiget. Man trift auch nicht selten bei diesen Sammlern noch andere Arten von Torheiten an. Aber anstatt dergleichen Mißbräuche zu rügen, wollen wir lieber versuchen einige Vorschläge zu tun, wie noch neue Gattungen nützlicher Sammlungen von Kupferstichen zu machen wären.
Vor allen Dingen wünschte ich, dass einer von den geschicktesten Kupferstechern sich die Mühe gäbe ein Verzeichnis einer solchen Sammlung zu geben, aus welcher man den Anfang und Fortgang der Kunst, nach den verschiedenen merkbaren Stufen, durch welche sie zur Vollkommenheit gestiegen ist, sehen könnte. Diese Sammlung würde eine Folge von Blättern ausmachen, darin jedes folgende in der Behandlung etwas hätte, das den vorhergehenden noch fehlt und wodurch die Kunst des Stechens oder des Ätzens um einen Schritt weiter gebracht worden. Eine solche Sammlung würde die wahre Geschichte der Kunst auf das Deutlichste darstellen.
Man könnte auch Verzeichnisse solcher Sammlungen machen, deren jede vornehmlich einen Teil der Kunst in seiner Vollkommenheit darstellte. In die eine kämen nur solche historische Stücke, die sich durch eine vortrefliche Erfindung oder solche die sich durch eine vollkommene Anordnung auszeichneten; eine andre wäre den Kupferstichen gewidmet, wo die Austeilung des Lichts und Schattens vorzüglich glücklich angebracht worden. Für Portraite könnte eine Sammlung gemacht werden, darin jedes Blatt wegen der Stellung etwas vorzügliches hätte.
Es lässt sich leicht begreifen, wie nützlich dergleichen Sammlungen dem Künstler und dem Liebhaber sein würden. In die Sammlungen jeder Gattungen dürften nicht eben immer dieselben Stücke kommen; denn oft hat man viel Stücke, davon jedes tüchtig wäre, eine gewisse Lücke der Sammlung auszufüllen. Also müssten die Verzeichnisse so eingerichtet werden, dass für jeden besonderen Teil der Kunst mehrere Stücke als Beispiele darin verzeichnet wären, damit der Liebhaber wenigstens eines oder ein Paar derselben anschaffen könnte. So könnten z.B. zur Geschichte der Kunst, mehrere Sammlungen gemacht werden, davon keine dieselben Blätter enthielte, die schon in einer anderen sind. Allgemeine Sammlungen, die sich auf alle Zweige der Kunst und auf alle Schulen erstrecken, sind Unternehmungen, die man öffentlichen Anstalten überlassen muss, weil der dazu nötige Aufwand die Kräfte der reichsten Privatpersonen über steigen.
Die Materie von den verschiedenen Absichten, die man bei Kupfersammlungen haben kann, von der besten Art dieselben zu erreichen, von der Wahl der Stücke, von der Anordnung der Sammlung und vielen anderen dahin gehörigen Dingen, verdiente eine vollständige Ausführung und würde ein Werk von beträchtlichem Umfange werden.