Kammermusik. Der verschiedene Gebrauch, den man von der Musik macht, erfordert auch besondere Bestimmungen gewisser Regeln. Die Kirchenmusik muss natürlicher Weise einen anderen Charakter haben als die, welche für die Schaubühne gemacht ist und diese muss sich wieder von der Kammermusik unterscheiden. Man kann diese so betrachten als wenn sie bloß zur Übung für Kenner und zugleich zur Ergetzung für einige Liebhaber aufgeführt werde. Beide Gesichtspunkten erfordern für die zur Kammermusik gesetzten Tonstücke, ein ihnen eigenes Gepräge, von welchem Kunstverständige bisweilen unter dem Namen des Kammerstils sprechen.
Da die Kammermusik für Kenner und Liebhaber ist, so können die Stücke gelehrter und künstlicher gesetzt sein als die zum öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, wo alles mehr einfach und cantabel sein muss, damit jedermann es fasse. Auch wird in der Kirche und auf der Schaubühne manches überhört und der Setzer hat nicht allemal nötig, jeden einzeln Ton, auch in den Nebenstimmen so genau abzumessen; hingegen in der Kammermusik muss, da wegen der geringen Besetzung und wegen der wenigen Stimmen, jedes einzelne fühlbar wird, alles weit genauer überlegt werden. Überhaupt also wird in der öffentlichen Musik, wo man allemal einen bestimmten Zweck hat, mehr darauf zu sehen sein, dass der Ausdruck auf die einfachste und sicherste Weise erhalten werde und in der Kammermusik wird man sich des äußerst reinen Satzes, eines feinern Ausdrucks und künstlicherer Wendungen bedienen müssen. Dieses widerspricht einigermaßen der allgemeinen Maxime, dass man in Kirchensachen ungemein scharf und genau im Satz sein müsse und hingegen in so genannten galanten Sachen, wozu man die Musik des Theaters und auch die Konzerte rechnet, es nicht so genau nehmen dürfe.
Weil die Kammermusik nicht so durchdringend sein darf als die Kirchenmusik, so werden die Instrumente dazu auch allgemein etwas weniger hochgestimmt; daher wird der Kammerton von dem Chorton unterschieden.