Model

Model. (Baukunst) Die Einheit, nach welcher in der Baukunst die verhältnismäßige Größe, jedes zur Verziehrung dienenden Teiles, bestimmt wird. Indem der Baumeister den Aufriss gewisser Gebäude zeichnet, mißt er die Teile nicht nach der absoluten Größe in Fußmaß, sondern bloß nach der verhältnismäßigen, in Modeln und dessen kleineren Teilen. Der Model ist nämlich keine bestimmte Größe, wie ein Fuß oder eine Elle, sondern unbestimmt, die ganze oder halbe Dicke einer Säule. Ist die Säule sehr hoch und folglich auch sehr dik, so ist der Model groß, ist die Säule klein, so wird auch der Model klein.

 Vitruvius und seinem Beispiel zufolge Palladio, Serlio und Skammozzi nehmen überall die ganze Dicke der Säule, nur in der dorischen Ordnung nehmen die drei ersten die halbe Säulendicke zum Model an. Wir haben, nach dem Beispiel vieler andrer, die halbe Säulendike durchaus zum Model angenommen.

 Da in jedem Gebäude Teile vorkommen, deren Größe weit unter dem Model ist, so muss dieser in kleinere Teile eingeteilt werden. Die meisten Baumeister teilen ihn in 30 Teile ein, die sie Minuten nennen: wir folgen dem Goldmann, der den Model in 360 Teile einteilt. Nach diesen Erläuterungen müssen alle Bestimmungen der Verhältnisse verstanden werden, welche in den die Baukunst betreffenden Ar tikeln dieses Werks, vorkommen.

 Der Baumeister, welcher einen Plan macht, hat zwei Maßstäbe, nach denen er sich richten muss, den welcher die absoluten Größen angibt und der folglich nach Ruthen, Fuß und Zoll eingeteilt ist und denn den, wodurch er die Verhältnisse bestimmt und der nach Modeln und dessen Teilen abgeteilt ist. Er muss also wissen, den Modelmaßstab mit dem anderen zu vergleichen. Gesetzt, es wäre einem aufgegeben, ein Gebäude von ionischer Art aufzuführen: der Platz, den es einnehmen soll, wird ihm gezeigt; er mißt denselben nach Ruten und Fuß aus. Aus der Größe dieses Platzes, wird auch die Höhe des Gebäudes, von ihm dergestalt bestimmt, dass es nach Maßgabe seines Gebrauchs und des Platzes, den es einnimmt, wohl proportionirt werde: die Höhe wird also zuerst nach Ruten- und Fußmaß bestimmt und daraus muss danach die Größe des Models hergeleitet werden.

  Man nehme an, der Baumeister habe gefunden, dass sein Gebäude von einer durchgehenden ionischen Ordnung, von der Erde bis oben an dem Kranz 60 Fuß hoch sein müsse. Um nun die Zeichnung machen zu können, muss er notwendig einen Maßstab nach Modeln haben, folglich muss er wissen, wieviel Fuß und Zoll der Model sei. Er weiß, dass die ganze Ordnung vom Fuß der Säule bis oben an den Kranz 21 Model sein muss,1 mithin müssen 60 Fuß 21 Model geben, wenn nämlich die Säulen mit ihren Füßen gerade auf dem Boden stehen. In diesem Fall also nimmt man den 21 sten Teil von 60 Fuß, das ist, 2 Fuß 10 Zoll 3 9/21 Lin. für den Model. Hieraus ist offenbar, wie in anderen Fällen zu verfahren wäre.

 Wollte man dem Gebäude einen durchlaufenden Fuß von 6 Fuß hoch geben und die Säulen erst auf diesen Fuß stellen; so würde die Säulenordnung nur noch 54 Fuß hoch werden; mithin wäre dann der Model nur der 21ste Teil von 54 Fuß oder 2 Fuß 5 5/9 Zoll. Wollte man noch überdem die Säulen auf Säulenstühle stellen und diesen 4 Model geben; so ist klar, dass die ganze Höhe der Ordnung dann von 25 Modeln müsste genommen werden. Mithin wäre in diesem Fall ein Model der 25ste Teil von 60 oder von 54 Fuß.

 Vignola , der jeder Säulenordnung ihre eigene Höhe gibt, findet den Model auf folgende Weise. Er teilt die ganze Höhe in 19 Teile. Davon nimmt er 4 Teile zum Postament, 3 zum Gebälk und die übrigen 12 für die Säule. Will man kein Postament haben, so wird die ganze Höhe in fünf Teile geteilt, davon einer zum Gebälk und vier zur Säule gerechnet werden. Wobei aber offenbar ist, dass das Verhältnis des Gebälkes zur Säule in den zwei Fällen nicht dasselbe bleibt.

Dieses gilt nur von den Gebäuden, von einer einzi gen durchgehenden Ordnung. Sollen zwei oder mehr Ordnungen auf einander kommen, so hat notwendig jede Ordnung ihren besonderen Model. In zwei auf einanderstehenden Ordnungen, muss der Model der oberen, zu dem Model der untern, auf welcher jene steht, sich verhalten, wie die Dike des untern Stammes zu der Dike des eingezogenen Stammes.2 Dann wird die Berechnung des Models etwas schwerer. Ein Beispiel aber kann hinlänglich sein, die Art dieser Berechnung zu lehren.

1. dass x : y = 5 : 4.

2. dass 24x + 28y = 100.

 Daher findet man x oder den untern Model 29/58 Fuß; den oberen aber 1 Fuß und 21/29. Diesemnach würde das untere Geschoß 24 Mal 29/58 oder 5121/29 Fuß, das Obere 488/26 Fuß hoch werden.

  Wiewohl der Model keine bestimmte Größe hat, so hat man doch noch kein so großes Gebäude gesehen, dessen Model über vier Fuß, noch ein so kleines, dessen Model unter einem Fuß gewesen wäre. Außer dem Model, wodurch die Verhältnisse der Hauptteile bestimmt werden, gibt es noch einen anderen, der bloß zur Verziehrung der Türen und Fenster gebraucht wird. Sind an diesen Öffnungen Säulen, so wird der Model, so wie der Hauptmodel nach der Säulendicke genommen. Werden aber diese Öfnungen bloß mit Einfassungen verziert, so kann füglich die Höhe des Gesimses zum Model genommen werden.

 

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1 S. Säulenordnung.

2 S. Überstellung.

3 S. Säulenordnung.

 


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