Malerei (Redekunst; Musik)

Malerei. (Redende Künste; Musik) Man kann nicht nur für das Auge allein, sondern auch bloß für die Einbildungskraft und sogar für das Ohr malen. Jenes tun die Dichter; dieses die Tonsetzer. Der Dichter kann sichtbare Gegenstände so schildern, dass wir sie, wie ein Gemälde vor uns zu haben glauben. Aber von dieser Malerei ist bereits anderswo besonders gesprochen worden.1 Die Malereien der Musik, in welche sich einige Tonsetzer sehr unzeitig verliebt zu haben scheinen, fordern hier noch ein paar Anmerkungen, ob wir gleich die Sache auch schon in einem besonderen Artikel berührt haben.2 Der eigentlich für die Musik dienliche Stoff ist leidenschaftliche Empfindung.3 Doch geht es auch wohl an, dass sie bloße Charakter schildert, insofern diese sich in Ton und Bewegung zeigen, daher viele Tanzmelodien im Grunde nichts anders als solche Schilderungen der Charaktere enthalten. Ganz einzelne Charaktere von besonderen Menschen haben einige französische Tonsetzer, besonders Couperin, geschildert und nach ihm hat Hr. C. P. E. Bach kleine Klavierstücke herausgegeben, durch die er verschiedene Charaktere seiner Freunde und Bekannten ziemlich glücklich ausgedruckt hat. Es geht auch an Malereien aus der leblosen Natur in Musik zu bringen: nicht nur solche die in der Natur selbst sich dem Gehör einprägen, wie der Donner oder der Sturm, sondern auch die, welche das Gemüte durch bestimmte Empfindungen rühren, wie die Lieblichkeit einer stillen ländlichen Szene, wenn nur die Musik die Poesie zur Begleiterin hat, die uns das Gemälde, dessen Wirkung wir durch das Gehör empfinden, zugleich der Einbildungskraft vorstellt.

 Aber Malereien, die der Dichter beiläufig nicht um Empfindung zu erregen, sondern als Vergleichungen, um den Gedanken mehr Licht zu geben, angebracht hat, wie gar oft in den sogenannten Arien geschieht, auch durch Musik auszudrucken; selbst da, wo der Eindruck derselben, dem wahren, durch das ganze Stück herrschenden Ausdruck schadet, ist eine Sache, die sich kein verständiger Tonsetzer sollte einfallen lassen. Der Dichter erinnert sich oft in der angenehmsten Gemütslage eines Sturms, der ihn ehedem beunruhiget hat und tut seiner Erwähnung: aber unsinnig ist es, wenn der Tonsetzer bei dieser Erwähnung mit seinen Tönen stürmet.

 Eben so unbesonnen ist es, wenn auch bei anderen Gelegenheiten der Tonsetzer uns körperliche Gegenstände mahlt, die mit den Empfindungen gar keine Gemeinschaft haben; so wie man bisweilen sieht, dass mitten in einem empfindungsvollen Stück, bloß um die Kunst und des Sängers Fertigkeit zu zeigen, das Gurgeln der Nachtigall oder das Geheul einer Nachteule geschildert und dadurch die Empfindung völlig zer nichtet wird.

 Der Tonsetzer muss sich schlechterdings dergleichen Kindereien enthalten, es sei denn, da wo er wirklich possierlich sein muss; er muss bedenken, dass die Musik weder für den Verstand, noch für die Einbildungskraft, sondern bloß für das Herz arbeitet.

 

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1 S. Gemälde. S. 452 .

2 S. Gemälde. S. 455 .

3 S. Musik. Gesang

 


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