Monochord

Monochord. (Musik) Ein Instrument von einer einzigen Saite mit einem beweglichen Stäg und mit Einteilungen, wodurch man sehen kann, wie der Ton der Saite nach Verhältnis ihrer ab- oder zunehmenden Länge höher oder tiefer wird. Die Alten nannten diese Saite den Kanon. Man macht die Monochorde bisweilen von drei oder vier Saiten, damit man nach genau abgemessener Länge jeder Saite den Grundton mit seiner vollen Harmonie auf dem Instrument haben könne. Bessern Klanges halber wird dasselbe hol, mit einem Resonanzboden und mit Tasten zum Anschlagen der Saiten gemacht.

 Wiewohl in der Musik das Gehör in Absicht auf den Wohlklang der einzige Richter ist, auch vermutlich alle alten und neuen Tonleitern und Temperaturen, insofern die Instrumente wirklich danach gestimmt sind, bloß durch das Gehör gefunden worden; so muss sich dadurch Niemand verführen lassen zu glauben, dass die mathematische Bestimmung der Intervalle, die das Monochord an die Hand gibt, etwas unnützes sei. Sie leitet nicht nur auf die Entdekung der wahren Ursachen aller Harmonie,1 sondern dient auch noch zu verschiedenen nützlichen Beobachtungen, wie wir bald zeigen werden; besonders wenn man ein Monochord hat, auf welchem die Saiten durch Gewichter können gespannt werden. Man stelle sich vor ABCD sei der Kasten zu einem Monochord, ab, cd, ef, gh seien vier gleich lange und gleich stark gespannte Saiten; bb', dd', ff', hh', seien die Tasten, vermittelst deren die Saiten durch Federn oder Hämerchen können in Klang gesetzt werden; ik und lm seien Schieber, an den Enden k und m mit Stägen versehen, so dass von dem Anschlagen der Tasten dd' und ff', von der zweiten und dritten Saite nur die Längen kd und mf klingen; endlich sei auch bei n genau auf der halben Länge der vierten Saite, ein Stäg gesetzt, so dass nur die halbe Saiten nh klinge.

  Um nun den Gebrauch eines solchen Monochords zu begreifen, ist vor allen Dingen zu merken, dass die Töne solcher gleich diken und gleich gespannten Say ten, um so viel höher werden als die Saiten in der Länge abnehmen. Man setze, die Saiten ab, cd, ef und gh seien alle im Unisonus gestimmt und geben den Ton an, der gemeiniglich mit dem Buchstaben C bezeichnet wird. Würde man nun auf einer Saite gh den Stäg gerade auf der Hälfte der Saite in n setzen, so würde die halbe Saite nh den Ton c, die Oktave von C angeben; und wenn der Schieber lm so weit eingeschoben würde, dass mf gerade 2/3 der ganzen Länge der Saite ef oder ab wäre, so gäbe die Saite mf die reine Quinte von C oder G; und wenn ik so weit eingeschoben würde, dass die Länge kd genau 4/5 der ganzen Saite wäre, so gäbe kd die reinste große Terz von C. Bequemer für den wirklichen Gebrauch wäre es, wenn die vier ledigen Saiten, ehe die Stäge daran kommen, so gestimmt wären, dass der Ton der ersteren ab, eine reine Oktave tiefer als die Töne der drei anderen wäre.

 Dieses vorausgesetzt, kann man leichte sehen, wie ein solches Instrument zur Prüfung einer Temperatur könne gebraucht werden. Ein Beispiel wird die Sache am besten erläutern. Gesetzt also, man wollte die Kirnbergerische Temperatur prüfen, nachdem man sie einmal durch Zahlen nach den Längen der Saiten ausgedrückt hat.2 Da die Reinheit der Harmonie hauptsächlich auf der Beschaffenheit des Dreiklanges beruhet, indem die Konsonanzen die wenigsten Ab weichungen von der vollkommenen Reinheit vertragen: so ist es hinlänglich, um eine Temperatur zu prüfen, wenn man alle darin vorkommende Dreiklänge durch das Gehör beurteilt. Denn wenn diese gut konsonieren, so ist gewiss auch die ganze Temperatur gut.

 Zunächst also suche man alle darin vorkommende kleine und große Terzen heraus und bezeichne sie durch die ihnen zukommende Zahlen als kleine Terzen: C- bE, 27/32 Cis - E, 1024/1215, Fis - A; 135/161 A - c, 161/192 E - G, 5/6; große Terzen; C - E, 4/5, B - d, 64/81 E - Gis, 404/512 F - A, 128/161 A - Cis, 13041/16384 danach auf gleiche Weise die Quinten, derer in dieser Temperatur viererlei vorkommen, nämlich C - G, 2/3; D - A, große108/161 A - e, 161/240 und Fis - Cis, 10935/16384. Hierauf trage man auf dem Monochord längst der zweiten Saite cd, alle kleinen und großen Terzen auf; das ist, man trage von d nach k, 27/32 von der ganzen Länge der Saite cd; danach nach k' trage man 1024/1215 von der ganzen Länge; nach k", 161/192 derselben Länge und so fort, bis man gar alle großen und kleinen Terzen längst der Saite cd hat. Auf eben diese Weise trägt man die Quinten längst der Saite ef auf.

 Um nun die Temperatur auf die Probe zu setzen, so darf man nur die Dreiklänge aller 24 Töne durch das Gehör prüfen. Man fängt von C dur an, schibt ik so, dass der Steg k auf den Punkt der Einteilung 4/5 stehe, l m schibt man auf den Punkt 2/3, so hat man den vollkommen reinen großen Dreiklang von C. Hierauf nehme man Cis dur und schiebe zu dem Ende ik auf die Einteilung 64/81 lm aber lasse man auf 2/3 stehen, so hat man einen Dreiklang der dem von Cis dur völlig ähnlich ist. Schibt man nun wechselsweise ik, auf 4/5 und denn auf 64/81 so wird ein feines Gehör bald fühlen, in wie weit im leztern Falle, wenn er sogleich auf den ersten folgt, die Harmonie noch gut sei. So kann man durch alle 24 Töne verfahren.

 Man kann also jede Tonleiter und jedes einzelne Intervall nach den auf das genaueste bestimmten Verhältnissen, auf das Monochord tragen und denn an dem Gehör prüfen. Angehende Sänger könnten es brauchen, um Ohr und Kehle zu gewöhnen, die verschiedenen Intervalle auf das genaueste zu treffen. Denn es ist doch kein Intervall, die Oktave ausgenommen, das bloß durch das Gehör in der höchsten Reinheit könnte gestimmt werden.

 

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1 S. Konsonanz.

2 S. Temperatur.

 


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Seite zuletzt aktualisiert: 23.10.2004 
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