Mosaisch

Mosaisch. (Malerei) Eine Art Malerei, die aus Aneinandersetzung kleiner Stücke, gefärbter Steine oder gefärbter Gläser gemacht wird. Wenn man sich vorstellt, dass ein etwas großes Gemälde durch feine in die Länge und Quer über dasselbe gezogene Striche in sehr kleine Viereke geteilt sei, so begreift man, dass jedes dieser Vierecke seine bestimmte Farbe habe und das ganze Gemälde kann als ein stückweise aus diesen Vierecken zusammengesetztes Werk angesehen werden. Setzt man nun, dass ein Künstler einen hinlänglichen Vorrat solcher Viereke von Stein oder Glas geschnitten, nach allen möglichen Farben und deren Schattierungen vor sich habe, dass er sie in der Ordnung und mit den Farben, die sie in jenem durch Striche eingeteilten Gemälde haben, vermittelst eines feinen Küttes genau aneinandersetze, so hat man ungefähr die Vorstellung, wie ein Mosaisches Gemälde verfertigt werde und wie überhaupt ein Gemälde auf diese Weise copirt werden könne. Freilich wird der, welcher kein feines, auf diese Weise verfertigtes Werk gesehen hat, sich nicht vorstellen können, dass sie in der Vollkommenheit und Schönheit gemacht werden, die ihnen in einer geringen Entfernung des Auges das Ansehen wirklicher mit dem Pensel gemachter Gemälde gibt. So weit ist aber die Kunst der mosaischen Arbeit gegenwärtig gestiegen, dass das Auge auf diese Weise damit getäuscht wird.

 Der Ursprung dieser Gattung der Malerei fällt in das höchste Altertum und man hat Gründe zu vermuten, dass die alten Perser,1 oder die noch älteren Babylonier, das älteste uns bekannte Volk, bei welchem Ruh und Reichtum die Pracht in Gebäuden veranlasst hat, die Erfinder derselben seien. Vielleicht ist dieses sogar die älteste Malerei, woraus die eigentliche Malerei erst nachher entstanden ist. Die Menschen haben ein natürliches Wohlgefallen, an schönen Farben und deren mannigfaltigen Zusammensetzung. Völker, denen man noch den Namen der Wilden gibt, verfertigen zu ihrem Puz Arbeiten von bunten Federn und Muscheln, die bloß wegen der Schönheit der Farben von ihnen hochgeschätzt werden. Da hat man den ersten Keim der Malerei durch Zusammensetzung. In dem Orient, wo die Natur den Reichtum der Farben in Steinen vorzüglich zeigt, scheint der Einfall, durch Aneinandersetzung solcher Steine das zu erhalten, was der Amerikaner durch Zusammensetzung schöner Federn erhält, dem müßigen Menschen natürlicher Weise gekommen zu sein.

 Vermutlich wurden solche Steine zuerst zum Schmuck als Juweele zusammengesetzt; wovon wir an dem Brustschild des obersten Priesters der Ißraeliten ein sehr altes Beispiel haben. Nachdem die Pracht auch in die Gebäude gekommen, wird man die Wände, die Decken und Fußböden der Zimmer mit bunten Steinen ausgelegt haben. Mit der Zeit verfeinerte man diese Arbeit und man versuchte auch, Blumen und andere natürliche Gegenstände durch dieselbe nachzuahmen und so entstand allmählich die Kunst der mosaischen Malerei, die danach durch Erfindung des gefärbten Glases vollkommener geworden.

 Wie dem sei, so ist doch dieses gewiss, dass nicht nur die alten morgenländischen Völker, sondern auch die Griechen und nach ihnen die Römer, vielerlei Werke dieser Art verfertigt haben. Unter den Überbleibseln des Altertums besizt die heutige Welt noch verschiedene mosaische Werke von mancherlei Art, davon einige noch etwas rohe, andere eine schon auf das höchste gestiegene Kunst anzeigen.2 Zu diesen leztern rechne ich einen Stein oder vielmehr eine antike Paste, die mir der izige Besizer derselben, Hr. Casanova in Dreßden gezeigt und deren auch Winkelmann gedenkt.3 Das Werk ist aus durchsichtigen Glasstücken zusammengesetzt, zeigt aber nicht die geringste Spur von Fugen, sondern die Stücke sind an einander geschmolzen und mit so feiner Kunst, dass man es für ein Werk des feinsten Pensels halten würde, wenn nicht die Durchsichtigkeit des Glases die Gattung der Arbeit deutlich zeigte.

Ob man also gleich aus dem Altertum sonst keine mosaischen Gemälde vorzeigen kann, die denen, die gegenwärtig in Rom verfertigt werden, nur einigermaßen zu vergleichen wären, so beweiset jene Paste schon hinlänglich, wie hoch die Kunst in diesem Stück bei den Alten gestiegen sei. Sonst sind die meisten antiken mosaischen Arbeiten aus viereckigten Stücken noch etwas nachläßig zusammengesetzt, so dass merkliche Fugen zu sehen sind. Gegenwärtig ist diese Kunst in Rom zu einer bewunderungswürdigen Höhe gestiegen. Die rühmliche Begierde die in der Peterskirch befindlichen erhabenen Werke des Pensels eines Raphaels und anderer großen Meister, vor dem Untergang, der unvermeidlich schien, zu retten, hat das Genie ermuntert diese Malerei zu vervollkommnen. Es ist ihm auch so gelungen, dass gegenwärtig eine große Anzahl vortreflicher alter Blätter, auf das Vollkommenste nach den Originalgemälden mosaisch copirt in der Peterskirche stehen und nun so lang als dieses bewunderungswürdige Gebäude selbst stehen wird, immer so frisch und so neu, wie sie aus den Händen der Künstler gekommen, bleiben werden.

 Es scheint, dass etwas von dem mechanischen der Kunst sich noch aus dem Altertum bis auf die mittlern Zeiten fortgepflanzt habe. Gegen Ende des XIII Jahrhunderts soll Andreas Tassi die mosaische Arbeit wieder in Schwung gebracht haben. Er selbst hat sie von einem Griechen, Namens Apollonius gelernt, welcher in der Marcuskirche zu Venedig arbeitete. Aber alles, was man von jener Zeit an, bis auf die ersteren Jahre des gegenwärtigen Jahrhunderts in dieser Art gemacht hat, kommt gegen die neueren Arbeiten der römischen Mosaikschule in keine Betrachtung. Man hat jetzt nicht nur gar alle Hauptfarben, sondern auch alle möglichen Mittelfarben in Glase und die Glasstückchen, woraus man die Gemälde zusammensetzt, werden so fein gemacht und so gut an einander gefuget, dass das Gemälde, nachdem die ganze Tafel abgeschliffen und poliert worden, in Harmonie und Haltung ein wirkliches Werk eines guten Pensels zu sein scheint.

 »Die Verbesserung und Vollkommenheit dieser unvergleichlichen Kunst hat man dem Cavalier Peter Paul von Cristophoris einem Sohn des Fabius in Rom zu verdanken, welcher gegen den Anfang dieses iztlaufenden Jahrhunderts eine mosaische Schule angelegt und viele große Schüler gezogen hat. Darunter sind Brughio, Conti, Conei, Fattori, Goßone, Octaviano und andere, die vornehmsten, welche – die Kunst bis heute fortgepflanzt haben. Um das Jahr 1730 hatten sie noch kein hochrotes mosaisches Glas, bis eben damals Alexis Mathioli so glücklich war, das Geheimnis dieser geschmolzenen Komposition zu erfinden.«4

Aber der erstaunliche Aufwand, den diese Kunst erfordert, wird ihrer Ausarbeitung immer sehr enge Schranken setzen. Bis jetzt wird sie, so viel mir bekannt ist, nur in Rom, meistenteils auf öffentliche Unkosten in ihrer Vollkommenheit getrieben, wo die Hauptwerkstelle auf der Peterskirche selbst angelegt ist.

 

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1 Man sehe hierüber Joh. Alex. Furietti de Musicis. Romæ 1752. 4to. ingleichen die Nachricht von mosaischen Gemälden in Köremons Natur und Kunst in den Gemälden etc. im II Teil, auf der 388. u. ff. S.

2 S. Winkelmans Geschichte der Kunst, S. 406. 407. und die Anmerkung über dieses Werk, S. 103. und 122.

3 S. Anmerkungen über die Geschichte der Kunst, S. 5 und 6.

4 S. Köremon an den angezogenen Ort.

 


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