Dryaden gesucht


[Die Künstlerkolonie auf dem Kobenzl.] Die Arbeiten sind bereits so weit gediehen, dass mit vollster Bestimmtheit damit gerechnet werden kann, dass die Kolonie am 15. Oktober bereits ihrem Betriebe übergeben werden kann. Das vom Architekten Ohmann entworfene Hauptgebäude umfaßt zwei Stockwerke.... Äußerst pittoresk wird der anschließende Naturpark, der 12.485 Quadratmeter einnehmen wird, gehalten sein. Er soll eine arkadische Landschaft darstellen, deren Kastanien-, Eichen-, Kiefer- und Föhren Waldungen von Bächlein und Goldfischteichen durchzogen sein werden. In der Mitte des Parkes wird sich ein von vier Löwen getragener mykänischer Tempel erheben, der auf einer Felsgrotte aufgebaut sein wird. Zahlreiche allegorische Figuren, welche die Naturgötter und die vier Jahreszeiten symbolisieren sollen, werden in dem Parke aufgestellt sein, gegen dessen Südabhang Äcker und Weideland und ein Weingarten anschließen werden. Diesen werden die Kunstschüler selbst bearbeiten.... Professor Delug hat bereits vier Kühe, zwei Pferde, viel Geflügel und Schweine angekauft, die teils als Modelle, teils als Haus- und Nutztiere verwendet weiden. Ganz besonders wird die Pflege der Mandolinen getrieben werden, da Professor Delug die Absicht hegt, Künstlerausflüge mit Mandolinen zu arrangieren. Die Verfassung des Künstlerstaates wird die republikanische sein. Aus ihrer Mitte heraus werden die Akademiker ihren Vorgesetzten wählen und Professor Delug wird sich nur darauf beschränken, künstlerisch-technische Anweisungen zu geben....

Auf die Frage, ob es ihm lieber sein werde als Modell oder als Haus- und Nutztier verwendet zu werden, gab ein Schwein zur Antwort: Solchen Malern diene ich lieber gleich als Nutztier. Für ihre Schinken bin ich mir zu gut!

 

 

Nr. 326/327/328, XIII. Jahr

8. Juli 1911.


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