Polonaise. (Musik, Tanz) Ein kleines Tonstück, wonach in Polen der dortige Nationaltanz getanzt wird, das aber dort auch vielfältig in Konzerten unter anderen Tonstücken vorkommt. Es ist in 3/4 Takt gesetzt und besteht aus zwei Teilen von 6, 8, 10 und mehr Takten, die beide in der Haupttonart, die immer ein Durton ist, schließen. Man hat in Deutschland Tanzmelodien, unter dem Namen Polonaisen, deren Charakter von den eigentlichen Polonaisen, so wie sie in Polen gemacht und geliebt werden, völlig verschieden ist. Deswegen sie von den Polen gar nicht geachtet werden. Ich will den Charakter der wahren Polonaise, so wie er mir von einem geschickten Virtuosen, der sich lang in Polen aufgehalten hat, beschrieben worden, hierher setzen.
Die Bewegung ist weit geschwinder als sie in Deutschland vorgetragen wird. Sie ist nicht völlig so geschwind als die gewöhnliche Tanzmenuet; sondern ein Menuettentakt macht die Zeit von zwei Viertel eines Polonaisentaktes aus, so dass eine Menuet, dessen erster Teil von 8 und der zweite von 16 Takten wäre, einer Polonoise, dessen erster Teil von 6 und der zweite von 10 Takten ist, der Zeit nach gleich ist. Sie fängt allezeit mit dem Niederschlag an. Der Schluss eines jeden Teiles geschieht bei dem zweiten Viertel, das von dem Semitonio modi vorgehalten wird, nemlich so: oder Dieser Tanz hat viel Eigentümliches in seinen Einschnitten, im Metrum und in seinem ganzen Charakter. Die Polonaisen, die von deutschen Komponisten gesetzt und in Deutschland bekannt sind, sind nichts weniger als wahre polnische Tänze; sondern werden in Polen unter dem Namen des Deutschpolnischen allgemein verachtet. In einer echten Polonaise sind niemals zwei Sechzehntel an eine Achtelnote angehängt.
Und dieser Gang ist der deutschen Polonaise eigentümlich. Eben so wenig vertragen die Polen folgende halbe Kadenz: sondern ihre halbe Kadenzen sind auf folgende und ähnliche Art: oder Sie verträgt übrigens alle Arten von Noten und Zusammensetzungen; nur Zweiunddreißigteile können, wegen der ziemlich geschwinden Bewegung, nicht viele auf einander folgen. Die Einschnitte sind von 1 oder 2 Takten und fallen, die größeren auf das letzte Viertel des Taktes, die kleineren hingegen in die Mitte des Taktes.
Der wahre Charakter ist feierliche Gravität. Man pflegt sie mit Waldhörnern, Hoboen u. d. gl. Instrumenten, die bisweilen obligat sind, zu setzen. Heut zu Tage kommt dieser Tanz durch die vielen welschen Kräuseleien, die darin von den Ausländern angebracht werden, von seiner Majestät herunter. Auch die Trios, die nach Menuettenart piano auf die Polonaise folgen und jetzt in Polen so gebräuchlich sind, sind eine Erfindung der Ausländer.
Übrigens ist auch die deutsche Polonaise von einem angenehmen Charakter, nur macht sie eine besondere Art aus, der man auch einen besonderen Namen geben sollte.