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Oktavensystem

Wenn die Natur, die sich um die menschliche Sprache so wenig bekümmert wie eine Pappel um den Pythagoreischen Lehrsatz, mit dessen Hilfe wir ihren Nutzholzwert berechnen, wenn die Natur sich im Menschen entwickelt hätte zu vier Fingern an jeder Hand, so hätten wir ein Oktavensystem anstatt eines Dezimalsystems. Unser Vierundsechzig hieße hundert und würde mit zwei Nullen geschrieben. Einige ewige Wahrheiten des Dezimalwesens würden wunderlich aussehen. Aber alles würde stimmen, wenn nur die Nullen an der richtigen Stelle säßen. So würde auch die Sprache zu jeder anderen natürlichen Entwicklung passen, wenn nur die Nullen richtig wären. Denn der Tiefsinn der Sprache ist ihre Nullität. Man muß erkennen, dass die Worte wertlos geworden sind. Was uns wert ist, fühlen wir darum wortlos am besten. Das ist kein Wortspiel, es ist vielmehr eine reine Tautologie. A ist nicht B, B ist nicht A. Im wirklichen Wortspiel ist der Geist wahnsinnig geworden. Er nimmt die Worte zwar richtig für das was sie sind, für mathematische Funktionen, vergißt aber wie nur ein wahnsinnig gewordener Mathematiker ihre Bedeutung in der vorliegenden Aufgabe, setzt eine Formel aus Buchstaben von vorgestern und von heute zusammen und kommt so zu den vollkommen vertrottelten Sätzen geistreicher Schriftsteller. Zum Beispiel: die Menschen sind die Gedanken der Erde (Börne). Ebenso sinnlos wie geistreich.

Das Zählsystem der Menschheit, wenn die Menschen vier Finger an jeder Hand und vier Zehen an jedem Fuß hätten, denkt man so: man zählt 1, 2, 3, 4. Die 4 hätte dann die Stellung unserer jetzigen 5. Weiter 5, 6, 7, 8. Die 8 aber würde als die höhere Einheit 10 geschrieben. Da 8 (2 x 4) die höhere Einheit wäre, so würde ihr doppeltes (16 = 2 x 8) nicht anders geschrieben werden können als 20, ihr dreifaches (24 = 3 x 8) nicht anders als 30, ihre Potenz (64 = 8 x 8) nicht anders als 100.

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