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294.

Sich in seinen Meinungen mäßigen. Jeder fasst seine Ansichten nach seinem Interesse und glaubt einen Überfluss an Gründen für dieselben zu haben. Denn in den Meisten muß das Urteil der Neigung den Platz einräumen. Nun trifft es sich leicht, dass Zwei mit einander gradezu widersprechenden Meinungen sich begegnen, und Jeder glaubt die Vernunft auf seiner Seite zu haben, wiewohl diese, stets unverfälscht, nie ein doppeltes Antlitz trug. Bei einem so schwierigen Punkt gehe der Kluge mit Überlegung zu Werke: dann wird das Misstrauen gegen sich selbst sein Urteil über das Benehmen des Gegners berichtigen. Er stelle sich auch einmal auf die andere Seite und untersuche von da die Gründe des Anderen: dann wird er nicht mit so starker Verblendung jenen verurteilen und sich rechtfertigen.