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231.

Nie seine Sachen sehen lassen, wann sie erst halb fertig sind: in ihrer Vollendung wollen sie genossen sein. Alle Anfänge sind ungestalt und nachmals bleibt diese Missgestalt in der Einbildungskraft zurück. Die Erinnerung, etwas im Zustande der Unvollkommenheit gesehen zu haben, verdirbt dessen Genuss, wann es vollendet ist. Einen großen Gegenstand mit Einem Male zu genießen, verwirrt zwar das Urteil über die einzelnen Teile, ist aber doch allein dem Geschmack angemessen. Ehe eine Sache Alles ist, ist sie nichts: und indem sie zu sein anfängt, steckt sie noch tief in jenem ihren Nichts. Die köstlichste Speise zubereiten zu sehen, erregt mehr Ekel als Appetit. Deshalb verhüte jeder große Meister, dass man seine Werke im Embryonenzustande sehe: von der Natur selbst nehme er die Lehre an, sie nicht eher ans Licht zu bringen, als bis sie sich sehen lassen können.