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144.

Mit der fremden Angelegenheit auftreten, um mit der seinigen abzuziehen. Es ist ein schlaues Mittel zum Zweck: allein sogar in den Angelegenheiten des Himmels schärfen christliche Lehrer den Gebrauch dieser List ein. Es ist eine wichtige Verstellung: denn der vorgehaltene Vorteil dient als Lockspeise, den fremden Willen zu leiten: diesem scheint seine Angelegenheit betrieben zu werden, und doch ist sie nur da, fremdem Vorhaben den Weg zu öffnen. Man muß nie unüberlegt vorschreiten, am wenigsten, wo der Grund gefährlich ist. Ferner auch bei Leuten, deren erstes Wort Nein zu sein pflegt, ist es rätlich, diesem Schuss auszubeugen, und ihnen die Schwierigkeit des verlangten Zugeständnisses zu verbergen, noch viel mehr aber wo ihnen gar die Umgestaltung schon ahnden1 könnte. – Dieser Rat gehört zu denen der „zweiten Absicht“ (Nr. 13), welche sämtlich von der äußersten Feinheit sind.


  1. Zu dem Wort „ahnden“ in Regel 144 hat Schopenhauer an den Rand seines Manuskripts geschrieben:
    NB. dem Setzer: „ahnden“, nicht „ahnen, welches gar kein deutsches Wort ist.“