1568. Zuverlässig¹⁾. Treu²⁾.
Rechtschaffen³⁾.
Zuverlässig ist die Person oder Sache, auf die man sich sicher verlassen kann, z. B. ein zuverlässiger Bote, eine zuverlässige Nachricht. Treu ist der, welcher seine freundliche oder ergebene Gesinnung gegen mich niemals ändert (althochd. gitriuwi, mhd. getriuwe, getreu; verwandt mit trauen, also eigentl. einer, zu dem ich Zuversicht habe, dem ich trauen kann). Treu geht ursprünglich immer auf einen Vertrag oder ein Bündnis und bedeutet also eigentlich einen, der den Vertrag, das Bündnis sorgfältig hält und niemals bricht, d. h. ein treuer Freund, Liebhaber, Gatte, Diener, Knecht, Bundesgenosse, eine treue Freundin, Hausfrau, Magd, Dienerin usw. Auch auf das von treuen Personen Geleistete wird der Begriff in poetischer Weise übertragen, z. B. treue Arbeit, treue Dienste usw. Endlich nennt man auch eine Zeichnung, eine Übersetzung usw. treu, die dem Original, einen Bericht usw., der den Tatsachen genau entspricht, z. B. ein treues Bild, ein treues Gemälde, eine treue Abschrift, ein treuer Spiegel usw. Eine zuverlässige Nachricht ist eine solche, die ich als ganz sicher betrachten kann; ein treuer Bericht ist ein solcher, der alle Einzelheiten genau wiedergibt. Ein Gewehr ist zuverlässig, wenn nie ein Schuß versagt; treu könnte man hier niemals sagen. Ein Hund ist zuverlässig, wenn er beim Nahen jedes Fremden anschlägt, treu, wenn er mich nicht verläßt und niemals falsch und böse gegen mich ist. Ein Knecht ist zuverlässig, wenn er seine Arbeit ordentlich ausführt, wie ich es ihm aufgetragen habe, treu, wenn er meinen Dienst nicht verläßt, seiner Pflicht sorgfältig nachkommt und immer zur Herrschaft hält. Ein Dienstmädchen, das seine Herrschaft verklatscht, ist nicht treu; sie kann aber in ihrer Arbeit deshalb immer zuverlässig sein. Wer ein Gelöbnis, ein Versprechen hält, ist treu. Zuverlässig könnte man hier nicht sagen. „Was wir still gelobt im Wald, | wollen’s draußen ehrlich halten, | ewig bleiben treu die Alten.“ Eichendorff, Der Jäger Abschied. Die alte germanische Treue bestand besonders im Festhalten an dem Lehnseide, den man unter allen Umständen, auch wenn es zum Kampfe gegen Verwandte und Freunde ging, nicht brach. Rechtschaffen heißt eigentlich: von rechter Beschaffenheit; es hebt jetzt die sittliche Tüchtigkeit eines Menschen hervor, der allezeit redlich, brav und bieder handelt. Rechtschaffen nennt man besonders den Ehrlichen, der weder in Worten noch in Taten jemand betrügt oder hintergeht. „So fürchtet nun den Herrn, und dient ihm treulich und rechtschaffen."' Jos. 24, 14. Doch hat rechtschaffen von alters her einen weiteren Begriff, es bedeutet da: vollkommen in seiner Art, tüchtig überhaupt, z. B. Wir haben rechtschaffen gearbeitet. Moltke spricht von einem „rechtschaffenen europäischen Kriege“. Gesammelte Schriften und Denkwürdigkeiten 4, 51. Kurz gesagt kann man also die drei so unterscheiden: Zuverlässig ist, wer das leistet, was man von ihm erwartet, treu, wer unter allen Umständen einen Vertrag oder ein Versprechen hält, rechtschaffen, wer ehrlich und redlich ist und einen andern nicht betrügt oder hintergeht.