Zum Hauptinhalt springen

119. Anständig¹⁾. Wohlanständig²⁾. Schicklich³⁾.

1) Decent.
2) Decorous.
3) Becoming, well-bred.
1) Décent (bienséant).
2) Bienséant.
3) Convenable (séant).
1) Decente (conveniente).
2) Decoroso.
3) Conveniente (acconcio).

Das Wort Anstand wird oft geradezu gebraucht, um das zu bezeichnen, was einem gut ansteht, ebenso, wie man z. B. sagt: er hat Lebensart, und damit doch eigentlich meint: er hat gute Lebensart, oder wie: er weiß sich zu benehmen so viel sagt, als: er weiß sich gut zu benehmen. Diesem Gebrauche des Wortes Anstand entspricht das Adjektivum anständig (d. i., was der Anstand verlangt, Gegens. unanständig), es bezeichnet alles das, was als Äußerung solcher Eigenschaften erscheint, die einer Person als sittlichem Wesen oder ihrer gesellschaftlichen Stellung nach zukommen. Alle Handlungen, durch die jemand seine innere (sittliche) oder äußere (gesellschaftliche) Würde verletzt, sind unanständig. Wohlanständig (eig. nur eine nähere Bestimmung des an sich unbestimmten anständig: was einem wohl ansteht) dient als Steigerung des bloßen anständig und bezeichnet vorzüglich das, was der feineren Sitte und Bildung der höheren Stände entspricht, doch ist das Wort wenig in Gebrauch, in der Umgangssprache wird es meistens durch Wendungen wie: mit feinem, mit edlem Anstande usw. umschrieben. Schicklich (eig. was sich schickt, d. h. in den Zusammenhang sich passend einfügt: mhd. schicken bedeutete auch anordnen, anrichten, wie mhd. schic die Art und Weise bezeichnete) ist alles, was den Umständen, den Verhältnissen angemessen ist. Es ist dem Unschicklichen oder dem, was nicht zu den Umständen paßt, engegengesetzt. Die Kleidung, die den Leib zu sehr entblößt läßt, ist unanständig; die unter unserm Stande ist, ist gegen die Wohlanständigkeit; und es würde unschicklich sein, an einem heißen Sommertage mit einem Pelze zu erscheinen, oder als Gast bei einer Trauerversammlung in einem bunten Kleide. Die Anständigkeit hat ihre unabänderlichen Gegensätze, die Wohlanständigkeit ihre Regeln, und die Sckicklichkeit hängt oft von den eingeführten Gebräuchen ab. Goethe unterscheidet von dem Schicklichen noch das Gehörige. „Hieran (an das Faßliche) schließt sich das Gehörige, welches verwandt ist mit dem Schicklichen. Das Gehörige jedoch ist ein Verhältnis zu einer besonderen Zeit und entschiedenen Umständen“ (Spr. i. Pr. 292). — Das im späteren Mittelhochd. und älteren Neuhochd. sehr gebräuchliche Wort der Schick, d. i. die Art, sich leicht in etwas zu finden (zu schicken), namentlich sich den gesellschaftlichen Verhältnissen angemessen zu betragen, ist in der Gegenwart durch das französische chic, d. i. Kniff, Kunstgriff, Geschmack, als Adjektiv: pikfein, wieder erneuert worden und kommt daher vielfach zur Verwendung. Von einem Menschen, der gegen den feinen ungeschriebenen Kodex der Gesellschaft verstößt, sagt man: Er hat keinen Schick; von einer Dame, welche sich mit feinem Geschmack kleidet, pflegt man zu sagen: Sie weiß sich mit Schick zu kleiden, oder: sie kleidet sich schick. Gesellschaftlicher Schick und gesellschaftlicher Takt berühren sich oft aufs innigste, insofern als sie die angeborene Gabe bekunden, im rechten Augenblicke förmlich unbewußt das Rechte zu tun. „Der Saus und Braus — macht denn der den Soldaten aus? — Das Tempo macht ihn, der Sinn und Schick“ (Schiller, Wallensteins Lager).