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492. Ergreifen¹⁾. Erhaschen²⁾. Erwischen³⁾. Ertappen⁴⁾. Fahen, Fangen⁵⁾. Greifen⁶⁾. Haschen⁷⁾.

1) To lay hold on, seize.
2) & 3) Catch.
4) Surprise.
5) Catch.
6) Snatch (at).
7) Catch at.
1) S’emparer (se saisir de).
2) & 3) Attraper (saisir).
4) Surprendre.
5) Captiver (prendre).
6) Saisir.
7) Gripper (attraper, prendre).
1) Metter mano a (afferrare, pigliare).
2) Acchiappare.
3) Agguantare, cogliere.
4) Cogliere (sorprendere).
5) Catturare (prendere).
6) Pigliare (impugnare).
7) Ghermire.

Fangen drückt den Begriff des Sichbemächtigens in seiner größten Allgemeinheit aus, ohne Rücksicht auf das, wodurch es geschieht. Man fängt den Wolf in einer Grube, den Krammetsvogel in einer Dohne, die Maus in einer Falle, die Fische und Vögel in einem Netze, einen Dieb, indem man ihn packt usw. Es bezeichnet also den Begriff: etwas in einen Zustand versetzen, in dem es festgehalten wird. Dieser Begriff liegt auch dem uneigentlichen Gebrauch des Wortes zugrunde. Sachen, die leicht Feuer fangen, sind solche, die das Feuer festhalten; jemand in seiner Rede fangen, heißt, ihn dergestalt in Widerspruch mit sich selbst verwickeln, daß er des Falschen oder Unechten in seiner Rede überführt nichts mehr zu sagen weiß, also gleichsam in seiner Rede festgehalten wird. Fahen ist eine altertümliche Form für das üblichere fangen, die nur noch hier und da in poetischer Sprache Verwendung findet. „Wart Ihr nicht | dort auf dem Schiff gefangen und gebunden?“ Schiller, Tell IV, 1. „Was in Altorf sich | begeben, wißt ihr’s? ... | Daß mich der Landvogt fahen ließ und binden.“ Ebenda. Das Greifen und Ergreifen, Haschen (ein thüringisch-obersächsisches Wort, Ursprung dunkel, wahrscheinlich Iterativbildung zu hassen, das urspr. verfolgen bedeutet; mit Hast, hetzen und ähnl. verwandt), Erhaschen, Erwischen bezeichnet immer ein unmittelbares Fassen und Halten oder ein solches, das nicht durch gewisse künstliche Mittel und Werkzeuge stattfindet; das Greifen und Ergreifen geschieht unmittelbar mit den Händen, bei den Tieren mit den Klauen, das Haschen und Erhaschen bei den Tieren auch mit der Schnauze oder dem Schnabel. Die Katze greift und hascht mit den Pfoten nach der Maus, das Rotkehlchen hascht mit dem Schnabel nach den Fliegen. Haschen (verfolgen, jagen s. o.) enthält außerdem noch den Nebenbegriff, daß das, was man fassen will, sich bewege. Ich greife nach einem Degen, der im Winkel steht, und hasche nach einem Schmetterlinge, der von einer Blume zur andern fliegt. Greifen und Ergreifen, sowie Haschen und Erhaschen unterscheiden sich durch die Vorsilbe er; sie verhalten sich zueinander wie die Anwendung eines Mittels zur Erreichung eines Zweckes. Ein Kind greift nach einem Bilde im Spiegel und wundert sich, daß es dasselbe nicht ergreifen kann. Wer immer nach witzigen Einfällen hascht, die vor ihm zu fliehen scheinen, kann auch wohl einmal einen erhaschen. Erwischen (von wischen, das von Wisch, d. i. zusammengedrehtes Bündel, hergeleitet ist und auf die Wurzel wi, drehen, flechten, zurückgeht, altnord. visk, Bündel; es heißt eigentlich: mit einem Wisch, Schwamm oder Tuch reinigend oder abtrocknend über einen Gegenstand hingleiten: daraus hat sich die transitive Bedeutung: schnell und leise dahingleiten entwickelt, erwischen heißt also eig., durch schnelle und heimliche Bewegung etwas ergreifen, Gegens. entwischen) kommt mit erhaschen in der Geschwindigkeit überein, mit welcher man etwas faßt. Beim Erhaschen hat aber diese Geschwindigkeit immer in der raschen Bewegung der Sache ihren Grund, die man erhaschen will, bei erwischen aber oft auch darin, daß man durch die Geschwindigkeit einem Beobachter die Bewegung verbergen will, die man macht, um etwas zu ergreifen. Man erwischt nämlich auch etwas Unbewegliches, wenn andere uns hindern, es in unsere Gewalt zu bringen; alsdann gehört Geschwindigkeit und Behendigkeit dazu, um es in der kurzen Zeit zu ergreifen, in der wir der Aufmerksamkeit derselben entgehen können. Als die Häscher sich seiner bemächtigen wollten, erwischte er in der Geschwindigkeit ein Messer und stieß es dem einen in die Brust. Erwischen fügt also zur Geschwindigkeit noch die Heimlichkeit, Plötzlichkeit des Ergreifens hinzu, die erhaschen nicht mit bezeichnet. Ertappen heißt, einen Gegenstand, von dem man gar nicht weiß, daß er sich dort befindet, wohin man tastet, ergreifen, nach dem man also nur blindlings und aufs Geratewohl herumtappt. Ein Dieb, der denjenigen, die ihn aufsuchen, aus den Augen gekommen ist, wird oft auf seiner Flucht noch von ungefähr ertappt, oder er wird unvermutet auf frischer Tat ertappt. — Haschen ist übrigens ein ostmitteldeutsches Wort, das erst durch Luther in die Schriftsprache eingeführt worden ist und in Adam Petris Bibelglossar 1523 durch „erwischen, fahen, ergreifen“ übersetzt wird.