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451. Empfindung¹⁾. Gefühl²⁾.
Geschmack³⁾.

1) Sensation.
2) Feeling, sense.
3) Taste.
1) Sensation.
2) Sentiment.
3) Goût.
1) Sensazione.
2) Sentimento.
3) Gusto.

Einige Philosophen unterscheiden empfinden und fühlen so, daß sie unter ersterem das sinnliche Erregtwerden der Seele verstehen, unter letzterem das bewußte Wahrnehmen sinnlicher Eindrücke. So legt man den Pflanzen Empfindung bei, aber kein Gefühl. Die moderne Psychologie versteht unter Empfindung den objektiven Inhalt eines sinnlichen Reizes und unter Gefühl den die Empfindung begleitenden subjektiven Inhalt (z. B. Lust, Unlust). — Der allgemeinere Sprachgebrauch kennt jedoch diesen Unterschied nicht, ja vielfach setzt er diese Worte ganz gleichbedeutend. Das erklärt sich daraus, daß fühlen und empfinden früher jedes in seinem Landstriche für denselben Begriff gebräuchlich war, fühlen in Nord- und Mitteldeutschland (aus der Sprache Mitteldeutschlands ist es durch Luthers Bibelübersetzung in die neuhochdeutsche Schriftsprache übergegangen), empfinden in Süddeutschland, wie denn fühlen (mhd. vüelen) im Mittelhochdeutschen wenig üblich war (vorwiegend in Mitteldeutschland in der Form vûlen), sondern dafür empfinden (envinden) gebraucht wurde, In dem zu Basel 1523 erschienenen Nachdruck von Luthers Bibel ist hinten im Wörterverzeichnis den Schweizern das mitteldeutsche fulen durch enpfinden übersetzt. Obwohl die beiden Wörter also in ihrer Bedeutung sich miteinander vermischt haben, so bezeichnen sie doch ursprünglich Verschiedenes, wie sie auch gegenwärtig sich in einzelnen Punkten unterscheiden. Empfinden (ahd. intfindan) heißt einer sinnlichen Erregung innewerden. Was durch unsere Sinne, Gesicht, Gehör usw. einen Eindruck auf unsere Seele macht, das empfinden wir. Fühlen dagegen (ahd. fuolen, das ist mit den Händen oder Fingern tasten) heißt, durch Tasten wahrnehmen, dann durch Wirkung auf die Finger, überhaupt auf einen Körperteil wahrnehmen. Daher erklärt es sich, daß fühlen geradezu für leiblichen, körperlichen Schmerz, empfinden mehr für geistigen gebraucht wird. „Wer nicht hören will, muß fühlen.“ Jacob Grimm bemerkt treffend (Wb. III, 426): „Uns ist jetzt fühlen sinnlicher, empfinden geistiger und abstrakter.“ „Die Empfindung ist etwas Inneres, von dem wir nur nach seinen äußern Merkmalen urteilen können.“ Lessing, Hamb. Dram. 3. Stück. Ferner bezeichnet Empfindung mehr einen vorübergehenden Augenblick des Erregtwerdens, Gefühl den dauernden Zustand, in dem die Seele erregt ist. „Ich fühl’s, du schwebst um mich, erflehter Geist, | enthülle dich! | ha! wie’s in meinem Herzen reißt! | zu neuen Gefühlen | all meine Sinne sich erwühlen! | ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben.“ Goethe, Faust I. — Endlich bezeichnet fühlen auch das dunkle Bewußtsein von einer Sache; in diesem Sinne kann empfinden nicht stehen. So spricht man von einem sittlichen Gefühl, von Gefühl für Rhythmus und Takt, Sprachgefühl usw. Geschmack ist die zarte Empfänglichkeit für die Schönheiten und Fehler der Werke der Natur und namentlich der Kunst, die in einer zarten und feingebildeten Empfindung wurzelt. Eine gefühlvolle Seele wird durch ein Trauerspiel bis zu Tränen gerührt; ein Mann von Geschmack ergötzt sich an den Schönheiten, die er in der Komposition desselben entdeckt.