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2. Aas¹⁾. Luder²⁾.

1) Carcass.
Cadavre (putréfié).
Cadavere fetente.
2) Carrion.
Charogne.
Carogna.

Beides sind die Überbleibsel toter Tierkörper, die in Fäulnis übergehen; früher wurde Aas auch von Menschenleichen gebraucht, jetzt kommt es in diesem Sinne, ausgenommen in ganz niedriger Sprechweise, nicht mehr vor. Aas ist eine Ableitung zu essen und bedeutete ursprünglich Speise, daher das Wort äsen (vom Hirsch gebraucht d. i. fressen). Gryphius braucht das Wort Himmelsaas für Himmelsspeise (althochd. âz, Speise). Aas gewann dann besonders die Bedeutung „Viehfutter“; daneben zweigte sich dann davon die Bedeutung „verwesendes Fleisch“ ab (althochd. âz.) Das Wort Aas bezeichnet das verwesende Fleisch zugleich als Nahrung für die Tiere, während Luder den Begriff der Lockspeise betont. „Luder wird das Aas genennet von gestorbenem zahmem Vieh“ (Flemming). „Wo ein Aas ist, da sammeln sich die Adler“ (Luther, Matth. 24, 28; Luc. 17, 37; Hab. 1,8). „Der Hund hat zu viel Luder gefressen, als unsere schönen Pferde verreckten“ (Hebel). Aas wird vorwiegend da gebraucht, wo bei einem toten Körper noch die Merkmale der Art erkennbar sind, Luder (mhd. luoder, Lockspeise, lockeres Leben, Schlemmerei, liederliche Weibsperson) dagegen bezeichnet vorwiegend die bloße formlose Fleischmasse, die als Lockspeise dient. In niedriger Sprechweise dient dieses Wort auch zur Bezeichnung der Fleischfülle lebender Tiere, namentlich der Pferde, z. B. das Pferd setzt Luder an = gewinnt an Fleischfülle. — Aas und Luder werden auch als sehr starke Schimpf- und Scheltworte gebraucht, so sagt Mephistopheles in Goethes Faust zur Hexe, indem er ihre Gläser und Töpfe zerschlägt: „Es ist nur Spaß, der Takt, du Aas, zu deiner Melodei!“ Zuweilen werden beide Worte — besonders in der Verkleinerungsform — sogar liebkosend gebraucht; in diesem Sinne sagt Goethe: Luderchen. In letzterem Falle tritt bei beiden Worten die Bedeutung: Köder, Lockspeise in den Vordergrund. Der Plural von Aas lautete im früheren Neuhochdeutsch: die Aas, jetzt Äser oder Aase. Äser gebrauchen Lessing, Goethe u. a. Luder bezeichnet auch die Schlemmerei, das üppige Leben, z. B. Luderleben; doch kann Luderleben auch gerade das Gegenteil bezeichnen: ein armseliges elendes Leben, wie man von jemand auch bedauernd sagt: ein armes Luder, ein dummes Luder. In der Zusammensetzung Schindluder liegt Beziehung auf Aas vor. „Jemand zum Gespött machen“ heißt in derber Rede: „mit jemand Schindluder treiben.“ In gewählter Sprache wird Luder nicht verwendet, Aas nur in seiner allgemeinen Bedeutung.