Entrüstung. (Schöne Künste) Der höchste Grad des Unwillens gegen das, was uns Böse scheint. Eine Leidenschaft, die sich die Künstler sehr wohl können zu Nutze machen. Wir sind gar sehr geneigt durch diese Leidenschaft, wenn wir sie an anderen sehen und wenn sie uns dabei die Gerechtigkeit ihres Unwillens erkennen lassen, uns ebenfalls zum Unwillen gegen das Böse hinreißen zu lassen. Wer kann sich enthalten, beim Lesen des vierten Epodos des Horaz gegen den Menas aufgebracht zu werden, zumal da, wo die Entrüstung des Dichters am höchsten steigt, der sich über einen aus dem niedrigsten Staub zu hohen Ehren erhobenen Bösewicht also auslässt.
Sectus flagellis Hic triumviralibus,
Præconis ad fastidium, Arat Falerni mille fundi jugera,
Et appiam mannis terit; Sedilibusque magnus in primis eques,
Othone contempto sedet.
Dass auch in den zeichnenden Künsten diese Leidenschaft richtig auszudrücken sei, beweißt Raphaels Carton von der Geschichte des Ananias, wo der Apostel Petrus in wirklicher Entrüstung erscheint.
Der Künstler, der gegen eine in hohem Grade schädliche Sache Abscheu erwecken will, kann dieses am gewissesten durch einen guten Ausdruck der Entrüstung erhalten. Aber der Ausdruck der Rede muss dabei äußerst lebhaft, stark und schnell sein, sonst wird der Eindruck geschwächt. Die Strafpredigt, die Noah den Giganten hält als sie durch Menschenopfer die Satane gewinnen wollen, ist nicht durchaus in dem Ton der Entrüstung:1 die Worte: Dieser Greuel noch fehlte und diese:
Eine verruchtere Tat war übrig, die durfte er begehen;
Mit den Söhnen der Hölle sich gegen den Höchsten verbinden. sind in dem wahren Ton der Entrüstung; aber übrigens ist die Rede zu lang und zu umständlich.
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1 S. Noachide V Ges S. 131 f.