721. Gottselig¹⁾. Gottesfürchtig²⁾. Fromm³⁾. Gottseligkeit⁴⁾. Gottesfurcht⁵⁾. Frömmigkeit⁶⁾.
Gottlosigkeit und Gottesfurcht drückt den Einfluß aus, den die Verehrung Gottes auf Gemüt und Empfindung, Frömmigkeit dagegen den Einfluß, den sie auf das Handeln ausübt. Die Gottseligkeit begreift dann näher die Beschäftigung des Geistes mit den Wahrheiten der Religion und die daraus entspringenden angenehmen Empfindungen und guten Entschließungen. Sie wird uns daher in der Bibel als ein glücklicher Zustand vorgestellt, als ein Zustand reinen und innigen Vergnügens. Die Gottesfurcht ist das sorgfältige Bestreben, das göttliche Mißfallen zu vermeiden. Sie ist also noch nicht die Gottesfurcht selbst und wird daher mit Recht der Weisheit Anfang genannt; denn ihre Vollendung ist das Gefühl der Seligkeit in dem Genüsse göttlicher Gedanken und Gesinnungen. Fromm (mhd. vrum, d. i. tüchtig, trefflich, gut; eigentl. ist das mhd. Adjekt. Substantiv: ahd. die fruma, mhd. die frume, Nutzen, Vorteil; verwandt mit Fürst, vor, für, fort, fürder, mit mhd. vram, vorwärts) bezeichnet eigentlich einen, der voransteht, der bevorzugt, vor andern ausgezeichnet ist; dann heißt es überhaupt: tüchtig, brav, stark, nützlich. Wir verwenden noch heute zuweilen das Verbum frommen, d. i. nützen, und die Redeformel: zu Nutzen und Frommen. „Frommt’s, den Schleier aufzuheben?“ Schiller, Kassandra. Als die Quelle aller Tüchtigkeit und Vorzüglichkeit galt die Religion und die Religiosität; daher wurde fromm bald auf diese bezogen, und als Beweis der Frömmigkeit galten fleißiger Kirchenbesuch, Gebet und andere gottesdienstliche Übungen. Das Wort hat auch heute noch neben seiner religiösen Bedeutung eine allgemeinere (soviel wie: arglos, unschädlich, unschuldig, z. B. ein frommes Pferd, fromm wie ein Lamm usw.), doch diese kommt hier nicht in Betracht. Man sagt: gottselige Gedanken, gottselige Betrachtungen, aber nicht gottesfürchtige (denn sie gewähren das Vergnügen der Andacht und befestigen in heiligen Gesinnungen), ein gottesfürchtiger Mann und ein gottesfürchtiger Lebenswandel, fromme Entschließungen, und nicht gottesfürchtige oder gottselige. „Ein frommer Knecht war Fridolin.“ Schiller, Gang n. d. Eisenh. „Doch bevor wir’s lassen rinnen, | betet einen frommen Spruch.“ Ders., Glocke. Zuweilen versteht man unter den Frommen auch die Scheinfrommen, die Frömmler.