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692. Geneigt¹⁾. Gewogen²⁾. Günstig³⁾. Hold⁴⁾. Gnädig⁵⁾.

1) Favorably inclined.
2) Benevolent, partial (to).
3) Favorable.
4) Affectionate.
5) Gracious.
1) Bien disposé (porté, enclin).
2) Bienveillant.
3) Favorable (propice)
4) Affectionné (affable).
5) Gracieux (clément).
1) Affezionato (portato, inclinato).
2) Benevolo (dedito, propenso).
3) Favorevole (in pro).
4) Propizio (affabile).
5) Grazioso (clemente).

Geneigt ist der allgemeinere Ausdruck und bezeichnet überhaupt die wohlwollende Annäherung des einen an den andern; diese wird durch keinen Unterschied des Standes beschränkt und findet zwischen Gleichen, sowie zwischen Hohen und Niedrigen statt. Gunst (von gönnen) nennt man dieses Wohlwollen gegen andere, sofern es sich dadurch äußert, das man anderen Gutes gönnt und zuteil werden läßt, ihnen zu ihrem Glück, zur Erreichung ihrer Absichten und Pläne behilflich ist. Auch auf leblose, persönlich gedachte Dinge übertragen bleibt der Begriff derselbe. Ein günstiger Wind befördert die Absichten des Seefahrers, indem er ihn glücklich und ohne Unfall an den Ort seiner Bestimmung bringt. „Und wenn ich unklug Mut und Freiheit sang, | ... erwarb ich mir der Menschen schöne Gunst.“ Goethe, Ilmenau, 3. Sept. 1783. „Günst’ger Winde harrend, saß mit treuen Freunden | ... ich im Hafen.“ Ders., Seefahrt. Gewogenheit nennen wir das Wohlwollen vornehmer und hochstehender Personen, und zwar ein solches, von dem wir voraussetzen, daß es zunächst aus Anerkennung unseres Verdienstes um eine Sache hervorgegangen ist. Es ist ein gewählter und edler Ausdruck. „Aber hat Natur uns viel entzogen, | war die Kunst uns freundlich doch gewogen.“ Schiller, An die Freunde.

Huld (vgl. Art. 105) ist das Wohlwollen, sofern es die Gestalt einer wohltätigen Güte hat, welche die Herzen gewinnt und die innigste Gegenliebe erregt. Wer einem andern hold ist, der nimmt an seinem Wohle den lebhaftesten Anteil, und durch dieses sichere und sanfte Interesse erscheint uns seine Güte in der angenehmsten und reizendsten Farbe. „Ihr seid mir hold, ihr gönnt mir diese Träume.“ Goethe, Ilmenau. „Es geht die Sonne mir der schönsten Gunst | auf einmal unter; seinen holden Blick | entziehet mir der Fürst.“ Goethe, Tasso IV, 1. Gnade (vgl. Art. 228) heißt endlich das Wohlwollen, das sich in Wohltaten gegen den Geringeren, und zwar besonders in solchen äußert, auf die dieser kein Recht hat, und die er nicht vergelten kann, ja, deren er oft nicht einmal würdig ist. Ein Geringerer erfleht das als Gnade, wovon er weiß, daß er es nicht mit Recht fordern kann, und das entweder von so hohem Werte ist, daß seine Vergeltung ihm unmöglich wird, oder von einer so mächtigen Person kommt, daß sie nichts von dem bedarf, was er zu geben hat. „Ferner wird ein junger Mann ... bald gewahr, daß moralische Epochen ebensogut wie die Jahreszeiten wechseln. Die Gnade der Großen, die Gunst der Gewaltigen, die Förderung der Tätigen, die Neigung der Menge, die Liebe der Einzelnen, alles wandelt auf und nieder, ohne daß wir es festhalten können, so wenig als Sonne, Mond und Sterne.“ Goethe, Dicht. u. Wahrh. III, 13. Vgl. a. Spr. i. Pr. 6.