1. Leonardo da Vinci


Die Anfänge der neuen Wissenschaft hängen mit der Renaissance zusammen, und auch ihre Wiege steht in Italien, dessen industrieller Norden ein Hebel der modernen Mechanik wurde. Der große Leonardo da Vinci (1452 bis 1519) war eine jener viel-, ja allseitigen Naturen, wie sie in solchem Umfange selbst die Renaissancezeit nur in wenigen, vereinzelten Exemplaren hervorgebracht hat: zugleich Maler, Bildhauer, Architekt, Astronom, Violinist, Anatom, Ingenieur und Mechaniker; und zwar auf fast allen diesen Gebieten bahnbrechend und erfinderisch. Von den noch erhaltenen mehr als 5000 Manuskriptseiten seines Nachlasses liegen jetzt mehr als drei Viertel in musterhafter Faksimile-Wiedergabe in verschiedenen französischen, englischen und italienischen Ausgaben vor. Für uns das Wichtigste ist sein methodischer Grundgedanke. Die Mutter aller Gewißheit ist ihm die durch Versuche zu erzielende Erfahrung. Diese aber muß sich, weil und insofern sie nach Notwendigkeit, dem »ewigen Bande und der Regel der Natur«, strebt, mit dem exakten Denken verbinden, das nur in der Mathematik und der Mechanik, diesem »Paradies der mathematischen Wissenschaften«, völlige Sicherheit gewährt. Nur dasjenige dürfen wir uns zu begreifen rühmen, das wir im eigenen Geiste entwerfen. Selbst das Geheimnis der Schönheit beruht im Notwendigen und Gesetzmäßigen, und das Gesetzmäßige jeder Erscheinung muß auf Maß und Zahl gebracht werden. Der Wert des Wissens hängt nicht von seinem Gegenstande, sondern von dem Grade seiner Gewißheit ab. Der Zeitbegriff wird in seiner Eigenart bestimmt, derjenige der Entwicklung in seiner Bedeutung erkannt.


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Seite zuletzt aktualisiert: 31.10.2006 
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