3. Schwenkfeld, Sebastian Franck, Weigel
3. So lehrte der schlesische Theologe Kaspar Schwenkfeld (1490-1561), der schon 1527 durch seine geistigere Auffassung der Abendmahlslehre die Verfolgung der strengen Lutheraner auf sich zog, der seligmachende Glaube bestehe nicht in der äußerlichen Annahme geschichtlicher Tatsachen, sondern in der inneren Heiligung und Gotteskindschaft. Noch weiter entfernt sich von kirchlicher Rechtgläubigkeit der lange ganz vergessene fromme Mystiker Sebastian Franck von Donauwörth (1500-1545). Gott, der allein Gute, lebt in allen Dingen als ihr Wesen (»Ist«), so auch im Menschen als dessen Wille. Der Einzelne hat nur die Wahl, ob er sich diesem Wirken Gottes in ihm hingeben will oder nicht, ob er sich selbst oder Gott, dem Fleisch oder dem Geiste, Adam oder Christus leben will. Das Christentum in diesem Sinne existierte schon von Anfang der Welt, z.B. auch bei Abraham und Sokrates; Jesus hat es nur aufs neue offenbart. Die »Historie« von Christus ist für den wahren Christen nur die »Figur«, d. i. äußere Einkleidung; der Glaube besteht in dem Inwohnen Christi in uns, dem Einssein mit Gott, das durch innere Erfahrung auch dem zuteil werden kann, der Christi Namen nie vernommen. - Während Schwenkfelds und Francks zahlreiche Schriften weite Verbreitung unter denen fanden, die sich von dem dogmatischen Kirchenchristentum nicht befriedigt fühlten, entwickelte der kursächsische Pfarrer Valentin Weigel (1533-1588) seine mystischen Lehren nur vor einem engeren Kreise von Vertrauten; erst zwanzig Jahre nach seinem Tode wurden sie gedruckt. Nach Erdmann (Grundriß I, 472 ff.) hat er vieles aus Tauler, Nikolaus Cusanus, Paracelsus, namentlich aber Sebastian Franck entlehnt. Mit den mystischen Lehren der übrigen verbindet er den Mikrokosmusgedanken des Paracelsus, dass jeder nur das erkenne, was er selbst in sich trägt. Die drei letztgenannten waren Theologen von Fach. Ganz aus seinem eigenen Inneren heraus hat dagegen sein theosophisches System gesponnen der an Ursprünglichkeit des Denkens und volkstümlicher Urwüchsigkeit der Sprache sie weit überragende Schuster von Görlitz.