1. d'Alembert


1. Die wissenschaftliche Einführung in die Enzyklopädie, den Discours préliminaire, hatte der bedeutende Mathematiker d'Alembert (1717-83) verfaßt, eine liebenswürdige und bescheidene Gelehrtennatur (er lehnte schmeichelhafte Berufungen Friedrichs des Großen und Katharinas von Rußland ab), aber als philosophischer Schriftsteller ebenso zaghaft wie in seinem Charakter; weshalb er sich denn auch später von der Enzyklopädie zurückzog. Von Locke und Newton ausgegangen, schrieb er 1759 auf Friedrichs II. Veranlassung einen Essai Über die Elemente der Philosophie, der eine streng sensualistische Logik enthielt; gleichwohl wagte er darin nicht offen gegen den Offenbarungsglauben zu polemisieren, während er sich in vertraulichen Briefen als völlig resignierter Skeptiker gibt. In diesen Elementen verfocht er die Sätze: Die Philosophie soll eine Wissenschaft der Tatsachen, nicht der Chimären, eine »Experimentalphysik der Seele« sein. Alle unsere Begriffe und Definitionen sind nichts anderes als abgekürzte Bezeichnungen für bestimmte Erfahrungstatsachen. Aber vor den Grundbegriffen der Mathematik und allgemeinen Physik macht diese sensualistische Kritik gleichwohl halt; denn nur dem System, nicht dem systematischen Geist will er den Abschied geben. Abgesehen von der exakten Mathematik dagegen, kann man nach d'Alembert fast über alles alles sagen, was man will. Seine anregenden, wenn auch nicht tiefen, auf der Basis des wohlverstandenen Interesses ruhenden moralischen Erörterungen haben Friedrich II. Anlaß zu einer Abhandlung Über die Eigenliebe als Prinzip der Moral betrachtet gegeben. (Näheres s. bei Franz Vorländer, a.a.O. S. 618-628.)


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