3. Stellung zum Skeptizismus
Damit sind wir bei der Frage: Welche Stellung nimmt Hume zum Skeptizismus ein?, die er selbst im Schlußabschnitte der Enquiry behandelt. Ein Skeptizismus nach Art des Descartesschen Zweifels muß jedem ernsthaften Studium der Philosophie vorausgehen. Wie sollen wir die Wahrheit erkennen und zu der erstrebten Gewißheit gelangen? Sollen wir, dem ursprünglichen Naturinstinkt folgend, uns unbedingt auf die Zuverlässigkeit unserer Sinne verlassen, die uns doch z.B. ein gebrochenes Ruder unter dem Wasser vorspiegeln? Sollen wir glauben, dass unsere Empfindung oder Vorstellung der äußere Gegenstand selbst sei? Das »widerspricht offenbar der Vernunft« Aber auf der anderen Seite ist der Widersinn des »reinen Denkens« und der »primären« Qualitäten nachgewiesen: es läßt sich keine Ausdehnung ohne die Sinne, z.B. kein Dreieck an sich vorstellen. Und Berkeley, der diese »scholastischen« Begriffe vernichtete, hat dadurch, vielleicht wider seinen Willen, am meisten von allen antiken und modernen Philosophen zum Skeptizismus angeleitet. In diesem Falle aber bleibt als Ursache und Gegenstand unserer Wahrnehmungen nur ein »unbekanntes und unsagbares Etwas« übrig, das kein Skeptiker des Streites für wert halten wird. Die unendliche Teilbarkeit des Raumes und der Zeit, die von den »strengeren Wissenschaften« der Mathematik und - Metaphysik behauptet und bewiesen wird, erscheint dem »gesunden Verstande« widersinnig. Trotzdem will Hume nicht einem übertriebenen Skeptizismus (»Pyrrhonismus«) huldigen, der mit den wirklichen Tatsachen in Widerspruch steht und ohne dauernden Nutzen ist; ihn nennt er sogar eine »Krankheit«, eine »philosophische Melancholie« und »hypochondrische Laune« Wohl dagegen einem gemäßigten Skeptizismus nach Art der »Akademie« (s. Bd. I, § 43), der mit Vorsicht, Bescheidenheit und echtem Forschersinn verbunden ist. Der Philosoph halte sich an die Tatsachen des gewöhnlichen Lebens, deren »Berichtigung« und »Regelung« seine einzige Aufgabe ist; was darüber hinausgeht, überlasse er den Dichtern und Rednern oder »den Künsten der Priester und Politiker«.
»Können wir doch nicht einmal einen genügenden Grund angeben, weshalb wir nach tausend Proben glauben, dass der Stein fallen und das Feuer brennen wird! Wie können wir darum hoffen, irgendeine zufriedenstellende Erkenntnis über den Ursprung der Welt und den Zustand der Natur von Anfang bis in alle Ewigkeit zu erreichen?« Wahrheit ist nur in der Mathematik und - der Erfahrung zu finden. Ein theologisches oder metaphysisches Buch, so schließt Hume seine Schrift, das weder »eine dem reinen Denken entstammende Untersuchung über Größe oder Zahl« noch »eine auf Erfahrung sich stützende Untersuchung über Tatsachen und Dasein« enthält, werfe man getrost ins Feuer, »denn es kann nur Spitzfindigkeiten und Blendwerk enthalten«.