II. Montesquieu


(1689-1755), ein südfranzösischer Edelmann, hatte bereits als Mitglied der Akademie von Bordeaux eine Reihe historischer, naturwissenschaftlicher und moralphilosophischer Abhandlungen geschrieben, ehe er zu literarischer Berühmtheit gelangte. Diese verschafften ihm mit einem Male seine 1721 (zuerst anonym) erschienenen Lettres Persanes, die unter der Maske zweier reisenden Perser die französischen Zustände vom Standpunkt der politischen und religiösen Freiheit aus schonungslos geißelten. Nach einem Aufenthalte in England (1729-31) entstand sein zweites, historisches Werk, die Betrachtungen über die Ursachen der Größe der Römer und ihres Verfalls (1734), das den Grund ihrer Größe in ihrer politischen Freiheit aufzuzeigen suchte. 1748 endlich erschien, nach zwanzigjährigen Vorstudien, das Hauptwerk seines Lebens: L'esprit des lois, das in 18 Monaten mehr als zwanzigmal gedruckt wurde.

Der »Geist der Gesetze« entsteht aus dem Geist des betreffenden Volkes, d.h. der Summe seiner natürlichen und geschichtlichen Bedingungen, als da sind:

Klima, Bodenbeschaffenheit, Sittenbildung, Religion usw. In einem gewissen Widerspruch mit dieser naturalistischen Anschauung, die wir schon bei Bodin angedeutet fanden, preist Montesquieu dann aber als erstrebenswertes Ideal für alle Staaten den englischen Konstitutionalismus mit seiner Dreiteilung der Gewalten in die gesetzgebende, richterliche und vollziehende, von denen er namentlich die richterliche kräftig hervorhebt. Hier wandelt er demnach in den Bahnen Lockes, weiß jedoch seine Gedanken vielfach eigenartig auszuprägen und sucht ihnen eine psychologische Grundlage zu geben. So führt er die Despotie auf das Prinzip der Furcht, die Monarchie auf das der Ehre, die Demokratie auf das der politischen Tugend zurück. Politische Freiheit ist die Macht, das tun zu können, was man wollen soll. Daneben finden sich wieder sehr realistisch klingende Sätze, wie: »Das Interesse ist der größte Monarch in der Welt.« »Man lasse uns, wie wir sind.« »Die Natur verbessert alles.« Ein festes philosophisches Prinzip fehlt. Trotzdem ist Montesquieu ohne Frage von epochemachendem Einfluß auf das politische Denken seiner Zeit gewesen.

In bezug auf das allgemeine Denken war dies in noch viel höherem Grade der Fall mit Voltaire.


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