Hauptton

Hauptton. (Musik) Ist in längern Tonstücken, in welchen der Gesang durch verschiedene Töne hindurch geführt wird, derjenige Ton, der vorzüglich darin herrscht und in welchem das Stück anfängt und sich auch endigt. Es ist anderswo1 gezeigt worden, dass jeder Ton seinen Charakter habe und dass ein geübter Setzer nach dem Affekt oder nach dem Charakter, den das Stück haben soll, den Ton wählen müsse, der sich dazu am vorzüglichsten schickt.

 Von diesem Hauptton muss das Gehör gleich anfangs eingenommen werden und erst, wenn dieses geschehen ist, wird der Gesang durch eine gute Modulation allmählich in andere Töne herüber geführt, die man Nebentöne nennen kann, zuletzt aber wieder in den Hauptton zurückgebracht, in welchem das ganze Stück geschlossen wird.

 Es ist eine notwendige Regel der guten Modulation, dass der Hauptton nicht ganz aus dem Gehör komme oder, wenn es geschieht, dass das Gefühl desselben von Zeit zu Zeit wieder erneuert werde. Denn da ein Tonstück durchaus denselben Charakter behalten muss, zu dessen Bezeichnung der Hauptton das seinige beiträgt, so könnte diese Einheit des Charakters nicht erhalten werden, wenn dieser Ton aus dem Gehör ganz ausgelöscht würde. Man mag also in der Modulation ausschweifen, so weit man will, so muss

man immer von Zeit zu Zeit den Hauptton wieder berühren, damit bei der Mannigfaltigkeit, die durch die Modulation entsteht, die Einheit beibehalten werde. Wollte man ein Stück so setzen, dass man sich in jedem neuen Ton, dahin man ausgewichen ist, eben so lang aufhielte als anfänglich in dem Hauptton geschehen ist, so würde eigentlich das ganze Stück gar keinen Hauptton haben. Daher sind die vornehmsten Regeln der Modulation entstanden, insbesondere diejenigen, die bestimmen, wie lange man sich in jedem Ton, dahin man ausgewichen ist, nach dem Grade seiner Verwandschaft mit dem Hauptton, aufhalten könne und diejenigen, welche das Ausweichen aus Nebentönen betreffen, welche Regeln an einem anderen Orte angezeigt worden sind.<s>2</s>

 

 Es geschieht zwar bisweilen in ganz langen Stücken, dass man einen Ton, in welchen man von dem Hauptton ausgewichen ist, auch wieder als den Hauptton ansieht; und durch dieses Mittel kann man schnell auf sehr entfernte Töne kommen, wie an einem anderen Orte deutlich gezeigt wird.3 Dieses geschieht aber nur auf eine kurze Zeit und gleichsam im Vorbeigehen. Wenn man also von der Modulation die Regel antrifft, dass in gewissen Fällen ein Nebenton an die Stelle des Haupttons soll gesetzt werden, so ist dieses nicht so zu verstehen als wenn man nun von diesem Ton aus die Modulation eben so wieder aus führen soll, wie es von dem Hauptton aus geschehen ist; sondern diese Regel dient bloß dazu, dass man den Weg finde, schnell auf Harmonien zu kommen, die dem Hauptton völlig fremd sind. Dabei aber hat man immer die Vorsicht nötig, dass man eben so schnell von solchen fremden Harmonien wieder gegen den Hauptton zurückkehre.

 

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1 S. Ton.

2 Art. Ausweichung S. 120 .

3 S. Art. Modulation.

 


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