§ 16. Technische Typen der Leistungsverteilung (I.A)


§ 16. I. Technisch unterscheiden sich die Arten der Leistungs-Gliederung:

A. je nach der Verteilung und Verbindung der Leistungen. Und zwar:

1. je nach der Art der Leistungen, die ein und dieselbe Person auf sich nimmt. Nämlich:

a) entweder liegen in einer und derselben Hand

α. zugleich leitende und ausführende, oder

β. nur das eine oder das andere, –

Zu a: Der Gegensatz ist natürlich relativ, da gelegentliches »Mitarbeiten« eines normalerweise nur Leitenden (großen Bauern z.B.) vorkommt. Im übrigen bildet jeder Kleinbauer oder Handwerker oder Kleinschiffer den Typus von α.

b) Entweder vollzieht eine und dieselbe Person

α. technisch verschiedenartige und verschiedene Endergebnisse hervorbringende Leistungen (Leistungskombination) und zwar entweder

αα) wegen mangelnder Spezialisierung der Leistung in ihre technischen Teile,

ββ) im Saison-Wechsel, – oder

γγ) zur Verwertung von Leistungskräften, die durch eine Hauptleistung nicht in Anspruch genommen werden (Nebenleistung).

Oder es vollzieht eine und dieselbe Person

β. nur besondersartige Leistungen, und zwar entweder

αα) besondert nach dem Endergebnis: so also, daß der gleiche Leistungsträger alle zu diesem Erfolg erforderlichen, technisch untereinander verschiedenartigen simultanen und sukzessiven Leistungen vollzieht (so daß also in diesem Sinn Leistungskombination vorliegt): Leistungsspezifizierung; – oder

ββ) technisch spezialisiert nach der Art der Leistung, so daß erforderlichenfalls das Endprodukt nur durch (je nachdem) simultane oder sukzessive Leistungen mehrerer erzielt werden kann: Leistungsspezialisierung.

Der Gegensatz ist vielfach relativ, aber prinzipiell vorhanden und historisch wichtig.

 

Zu b, α: Der Fall αα besteht typisch in primitiven Hauswirtschaften, in welchen – vorbehaltlich der typischen Arbeitsteilung der Geschlechter (davon in Kap. V) – jeder alle Verrichtungen je nach Bedarf besorgt.

Für den Fall ββ war typisch der Saison-Wechsel zwischen Landwirtschaft und gewerblicher Winterarbeit.

Für γγ der Fall ländlicher Nebenarbeit von städtischen Arbeitern und die zahlreichen »Nebenarbeiten«, die – bis in moderne Büros hinein – übernommen wurden, weil Zeit frei blieb.

Zu b, β: Für den Fall αα ist die Art der Berufsgliederung des Mittelalters typisch: eine Unmasse von Gewerben, welche sich je auf ein Endprodukt spezifizierten, aber ohne alle Rücksicht darauf, daß technisch oft heterogene Arbeitsprozesse zu diesem hinführten, also: Leistungskombination bestand. Der Fall ββ umschließt die gesamte moderne Entwicklung der Arbeit. Doch ist vom streng psychophysischen Standpunkt aus kaum irgendeine, selbst die höchstgradig »spezialisierte« Leistung, wirklich bis zum äußersten Maße isoliert; es steckt immer noch ein Stück Leistungs-Spezifikation darin, nur nicht mehr orientiert nach dem Endprodukt, wie im Mittelalter.

 

Die Art der Verteilung und Verbindung der Leistungen (siehe oben A) ist ferner verschieden:

2. Je nach der Art, wie die Leistungen mehrerer Personen zur Erzielung eines Erfolges verbunden werden. Möglich ist:

a) Leistungshäufung: technische Verbindung gleichartiger Leistungen mehrerer Personen zur Herbeiführung eines Erfolges:

α. durch geordnete, technisch unabhängig voneinander verlaufende Parallel-Leistungen, –

β. durch technisch zu einer Gesamtleistung vergesellschaftete (gleichartige) Leistungen.

 

Für den Fall α können parallel arbeitende Schnitter oder Pflästerer, für den Fall β die, namentlich in der ägyptischen Antike im größten Maßstab (Tausende von Zwangs-Arbeitern) vorkommenden Transportleistungen von Kolossen durch Zusammenspannen zahlreicher die gleiche Leistung (Zug an Stricken) Vollbringender als Beispiele gebraucht werden.

 

b) Leistungsverbindung: technische Verbindung qualitativ verschiedener, also: spezialisierter (A 1 b β, ββ) Leistungen zur Herbeiführung eines Erfolges:

α. durch technisch unabhängig voneinander

αα) simultan, also: parallel –

ββ) sukzessiv spezialisiert vorgenommene Leistungen, oder

β. durch technisch vergesellschaftete spezialisierte (technisch komplementäre) Leistungen in simultanen Akten.

 

1. Für den Fall α, αα sind die parallel laufenden Arbeiten etwa des Spinnens an Kette und Schuß ein besonderes einfaches Beispiel, dem sehr viele ähnliche, letztlich alle schließlich auf ein Gesamt-Endprodukt hinzielenden, nebeneinander technisch unabhängig herlaufenden Arbeitsprozesse zur Seite zu stellen sind.

2. Für den Fall α, ββ gibt die Beziehung zwischen Spinnen, Weben, Walken, Färben, Appretieren das übliche und einfachste, in allen Industrien sich wiederfindende Beispiel.

3. Für den Fall β gibt, von dem Halten des Eisenstücks und dem Hammerschlag des Schmiedes angefangen (das sich im großen in jeder modernen Kesselschmiede wiederholt), jede Art des einander »In-die- Hand-Arbeitens« in modernen Fabriken – für welche dies zwar nicht allein spezifisch, aber doch ein wichtiges Charakteristikum ist – den Typus. Das Ensemble eines Orchesters oder einer Schauspielertruppe sind ein außerhalb des Fabrikhaften liegender höchster Typ.


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