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Gebet

Gebet. „Das Beten, als ein innerer förmlicher Gottesdienst und darum als Gnadenmittel gedacht, ist ein abergläubischer Wahn (ein Fetischmachen); denn es ist ein bloß erklärtes Wünschen gegen ein Wesen, das keiner Erklärung der inneren Gesinnung des Wünschenden bedarf, wodurch also nichts getan und also keine von den Pflichten, die uns als Gebote Gottes obliegen, ausgeübt, mithin Gott wirklich nicht gedacht wird. Ein herzlicher Wunsch, Gott in allem unserem Tun und Lassen wohlgefällig zu sein, d. i. die alle unsere Handlungen begleitende Gesinnung, sie, als ob sie im Dienste Gottes geschehen, zu betreiben, ist der Geist des Gebets, der ’ohne Unterlaß’ in uns stattfinden kann und soll. Diesen Wunsch aber (es sei auch nur innerlich) in Worte und Formeln einzukleiden, kann höchstens nur den Wert eines Mittels zu wiederholter Belebung jener Gesinnung in uns selbst bei sich führen, unmittelbar aber keine Beziehung aufs göttliche Wohlgefallen haben, ebendarum auch nicht für jedermann Pflicht sein“, Rel. 4. St. Allg. Anmerk. (IV 228 f.). Das rechte Gebet wirkt vermittelst der Idee von Gott auf den Menschen, wenn auch der Mensch „sich nicht anmaßt, selbst das Dasein Gottes als völlig gewiß beteuern zu können“, ibid. 2. Anm. (IV 228). Das reine Gebet ist nur „ein innerlich vor einem Herzenskündiger deklarierter Wunsch“, MST § 15 (III 294). — „Dem Gebet andere als natürliche Folgen beizulegen, ist töricht und bedarf keiner ausführlichen Widerlegung.“ Bei dem Gebete ist auch „Heuchelei“, denn der Mensch stellt sich hierbei die Gottheit als etwas sinnlich Wahrnehmbares vor, da sie doch nur ein Prinzip ist, das uns die Vernunft anzunehmen zwingt. Wer schon große Fortschritte im Guten gemacht hat, hört auf zu beten, denn Redlichkeit gehört zu seinen ersten Maximen. „In den öffentlichen Vorträgen an das Volk kann und muß das Gebet beibehalten werden, weil es wirklich rhetorisch von großer Wirkung sein und einen großen Eindruck machen kann, und man überdies in den Vorträgen an das Volk zu ihrer Sinnlichkeit sprechen und sich zu ihnen soviel wie möglich herablassen muß“, Acht kleine Aufsätze: Vom Gebet (VIII 169 f.).