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1496. Wie¹⁾. Als (vergleichend)²⁾.

1) As.
Comme.
Come.
2) Than.
Que; en, en qualite dé.
Er ist reicher als sein Bruder: è più ricco di suo fratello. Als Fürst leben: vivere da principe. — Eccetto, se non; kein anderer als du: alcun altro se non tu.

Über den Gebrauch der vergleichenden Bindewörter als und wie läßt sich für die Sprache der Gegenwart folgende Regel aufstellen: Nach Komparativen steht als, nach dem Positiv dagegen und überhaupt, wenn die bloße Ähnlichkeit oder Gleichheit bezeichnet werden soll, steht wie. Wie bezeichnet also in der Kürze gesagt die Stufe der Gleichheit, als die Stufe der Verschiedenheit der verglichenen Dinge. So ist als richtig gebraucht in folgenden Wendungen: weißer als Schnee, grüner als Gras, röter als Blut usw., und wie richtig in den Ausdrücken: weiß wie Schnee, grün wie Gras, rot wie Blut, er ist schlank wie eine Tanne usw. Im allgemeinen unterscheiden sich also wie und als im gegenwärtigen Sprachgebrauche wie franz. comme und que oder engl. as und than. Obwohl die genannte Regel in der Geschichte unserer Sprache nicht weit zurückreicht, so ist doch ihre strenge Befolgung dringend anzuraten, weil durch sie dem Mißbrauch gesteuert wird, hinter dem Positiv und Komparativ dieselbe Konjunktion zu gebrauchen; ein feines Sprachgefühl fordert hier eine Unterscheidung, die ja auch andere hochentwickelte Sprachen bestimmt durchführen.

Die Verhältnisse haben sich hier im Laufe der Zeit merkwürdig verschoben, und wir dürfen daher durchaus nicht nach der aufgestellten Regel etwa unsere klassischen Dichter oder überhaupt ältere Schriftsteller in ihrem Sprachgebrauche beurteilen. Wer das tun wollte, würde arge Unkenntnis der geschichtlichen Entwicklung unserer Sprache verraten. Unser als ist aus dem althochd. alsô, d. i. so mit verstärktem al entstanden, und dieses also bedeutet eigentlich soviel wie ganz so, ganz dasselbe; im Mittelhochdeutschen erscheint das Wort bereits in der abgeschwächten Form alsi, alse, als. Als bezeichnete demnach ursprünglich die volle Übereinstimmung, die Einerleiheit. Noch heute lebt diese Bedeutung des Wortes als fort; wir sagen z. B. er starb als Greis, ich bin als Fremder, als Gast in diesem Hause usw. Im Gegensatze dazu bezeichnet wie nur die Ähnlichkeit. Wenn ich z. B. sage: Er lebt als ein Fürst, so heißt das: Er ist wirklich ein Fürst und lebt dem entsprechend; wenn ich aber sage: Er lebt wie ein Fürst, so heißt das: Er ist kein Fürst, aber er lebt nach der Art eines solchen. Treffend sagt einmal Goethe: „Vom Schiff aus behandelte man sie (die Delphine) nicht als Geleitsmänner (die sie doch waren), sondern wie Feinde (die sie nicht waren).“ Weil nun als ursprunglich die Einerleiheit bezeichnete, so wurde das Wort überhaupt als vergleichende Konjunktion verwendet, und zwar neben dem Worte so, das auch als vergleichende Konjunktion diente und von dem als ja nur eine Verstärkung war. Wie (got. hvaiva, hvê, althd. hwêo oder hwio) dagegen war in der älteren Zeit nur Fragewort, erst spät drang es in die Reihe der vergleichenden Konjunktionen vor und fing an, das alte als aus seiner Stellung zu verdrängen. Daraus erklärt sich, daß bis auf den heutigen Tag als und wie vielfach miteinander vertauscht werden. Die alte Zeit gebrauchte überall als, wo wir jetzt wie setzen, z. B. althochd.: nidarsteic alsô tûbâ (fuhr hernieder wie eine Taube, Luther), mittel-hochd.: steic nider alse tûbe; ir strâfet mich als einen knecht usw. Auch Luther sagt noch: „Sein Kleid war weiß als der Schnee.“ Matth. 28, 3 usw. Daher sagen noch die Dichter des achtzehnten Jahrhunderts dem älteren Sprachgebrauche gemäß ganz richtig: Gehen Sie nicht mit mir als mit einem Freunde um. Lessing. Man unterhält sich manchmal mit einem gegenwärtigen Menschen als mit einem Bilde. Goethe.

Schon bei Luther tritt aber sehr häufig wie an die Stelle von als, z. B. Und seine Gestalt war wie der Blitz, Matth. 28, 3. Er ist süße wie Honig im Munde, Sir. 49, 2. Seit Luther drang das vergleichende Wie immer weiter vor, und schon bei Goethe und Schiller steht überwiegend wie nach dem Positiv. Zuweilen vereinigten sich sogar die beiden Bindewörter zu als wie, z. B. Ich kam als wie ein Blitz und ging als wie ein Wind (Rückert). Alles ist als wie geschenkt (Goethe). Die pleonastische Bildung gehört jedoch nur dem poetischen Sprachgebrauche an und ist in Prosa zu meiden.

Gegenwärtig hat nun das vergleichende Wie das alte Als aus seiner ursprünglichen Stellung hinter dem Positiv ganz verdrängt, dafür hat sich aber als den Platz hinter dem Komparativ erobert. Diesen Platz behauptete in der älteren Sprache die Konjunktion denn (althochd. danne, mittelhochd. dan, denne), z. B. althochd. hwîzôro danne snêo (weißer denn Schnee), mittelhochd. wîzer dan snê. Auch im sechzehnten Jahrhundert war dieses Bindewort noch ganz gebräuchlich, z. B. Die Schlange war listiger denn alle Tiere auf dem Felde, 1. Mos. 3, 1. Und es hat sich bis auf unsere Zeit erhalten, in der Poesie und gehobener Rede nimmt sich das alte denn noch heute recht gut aus, z. B. Und hat ihr mehr denn auf eine Weise genutzt. Goethe. Es gibt sogar einen Fall, in dem wir denn noch jetzt gebrauchen müssen, wenn nämlich das Zusammenstoßen zweier als vermieden werden soll, z. B. „Der mehr als Abenteurer denn als Gesandter erscheint.“ Goethe. Sehr hart klingen Sätze wie der folgende: Ich hätte Sie eher als Premierleutnant als als Unteroffizier wiederzutreffen gehofft. Daheim. Solche Härten vermeidet man, wenn man das als nach dem Komparativ durch denn ersetzt.

Sonst aber gebrauchen wir jetzt nach dem Komparative als und die ersten Spuren dieses Gebrauchs finden wir bei Fischart, der denn und als nebeneinander verwendet. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert hat sich dann als allmählich immer fester auf diesem Platze behauptet, bis es schließlich das alte denn ganz verdrängte. So setzen wir nun jetzt nach dem Positiv wie (früher als) und nach dem Komparativ als (früher denn). Während unsere Vorfahren sagten: wiz als snê, und wîzer dan snê, sagen wir jetzt: weiß wie Schnee, und: weißer als Schnee. Wenn nun auch durch das Eindringen des Wie die organische Entwickelung gestört worden ist, so ist die Störung gegenwärtig doch insofern wieder gut gemacht, als wir wieder wie früher nach dem Positiv und Komparativ verschiedene Bindewörter gebrauchen. An diesem Unterschiede muß aber unbedingt festgehalten werden, und wenn das Wie auch in die Stelle nach dem Komparativ vorzudringen sucht, so ist hier dem Eindringling entschieden Halt zu gebieten. Als fehlerhaft zu bezeichnen sind daher Wendungen wie: stärker wie du, größer wie du usw.

Wenn in einer Zeit, in welcher das Verhältnis der beiden Konjunktionen als und wie zueinander gar nicht begrenzt war, in welcher beide geradezu als gleichbedeutend betrachtet und dem entsprechend verwendet wurden, das Wie auch nach Komparativen auftritt, so ist das zu entschuldigen, aber es ist nicht zur Nachahmung zu empfehlen. Wenn wir daher auch Lessing keinen Vorwurf daraus machen können, daß er schreibt: älter wie du, und ebensowenig Goethe, daß er sagt: „Wenn ich ihr Handwerk einst besser begreife wie jetzt“ oder: „Es ist stärker wie sie,“ so haben doch Schriftsteller unserer Zeit solche Wendungen zu meiden. Nicht gut sind daher folgende Sätze: „Ein Menschengesicht, das beredter wie ein vielbändiges Geschichtswerk zu uns spricht.“ Stahr, Italien. „Daß schöner, wie du sie im Tal erziehst, die rote Ros’ auf ihren Wangen sprießt.“ Geibel. „Seine Stimme klang leichter wie vorhin.“ Spielhagen, Sturmflut. „Auch kleinere Leute wie Goethe und Jean Paul tun gut, sich diese Lehre zu merken.“ Allgem. Zeitung.

Wenn man dagegen die Regel aufgestellt hat, daß man nur sagen dürfe: ebenso groß oder so groß als, so gut als, nicht so groß wie, so gut wie usw., so liegt für eine solche Regel kein nur irgendwie ausreichender Grund vor. Wenn man sagt: weiß wie Schnee, so muß man auch sagen dürfen: so weiß wie Schnee. Ja, es ist im Gegenteil zu wünschen, daß in diesem Falle das Als auch noch völlig von dem Wie verdrängt wird. Denn hier hat sich das Als nur noch erhalten, weil es durch das So geschützt war, und weil das alte so — als zugleich dem lateinischen tam — quam entsprach. Wir befinden uns in diesem einen Falle noch dem Als gegenüber in derselben Lage, wie Goethe und seine Zeitgenossen in allen Fällen; wie Goethe sowohl sagen konnte: weiß als Schnee, so dürfen wir noch sagen: so weiß als Schnee, als auch: so weiß wie Schnee. Wenn schließlich einmal die Sprachentwickelung das Als auch in diesem Falle ausstößt und nur noch das Wie beibehält, so ist das dem bisherigen Entwicklungsgange entsprechend und darf nicht durch willkürliche Gesetze gehindert werden. Man sucht die genannte falsche Regel gewöhnlich damit zu begründen (wie das z. B. Andresen tut), daß man sagt, als beziehe sich immer auf Grad und Maß, wie auf die Beschaffenheit und die Art und Weise. Diese aus der lateinischen und französischen Grammatik entlehnten Bestimmungen sind aber für das Wesen des deutschen Als und Wie nicht zutreffend. Der Unterschied zwischen beiden besteht vielmehr darin, daß wie immer Eigenschaften vergleicht, die in derselben Ebene liegen, als dagegen Eigenschaften, die verschiedenen Stufen angehören. Daher steht als nach Komparativen und Verneinungen (z. B. niemand als du hat gesprochen, anders als usw.), in allen übrigen Fällen steht wie. Wenn man zur Stütze der genannten falschen Regel die französische Sprache angeführt hat, welche sagt: l’un est aussi grand que l’autre, oder il est aussi bon que vous (nicht comme l’autre, comme vous), so ist dem entgegenzuhalten, daß sich das deutsche Als zwar im allgemeinen, aber doch nicht immer mit frz. que und ebenso wie nicht immer mit comme deckt. Im Gegensatz zum Franzosen sagt der Italiener: egli e cosi grande come voi (so groß wie). Vgl. Zeitschrift für den deutschen U. I, 72.