Am Wegrand sitzt die blinde Marie,
Die hockt so still und stumm.
Die Kinder im Dorfe kennen sie
Und spielen um sie herum.
Laut jubelnd tollt der Kinder Schar
Im lichten Sonnenschein,
Wie klingt so hell und silberklar
Ihr Ringel-Ringel-Reihn.
Da läuft heran ein blondes Kind,
Das neckt und hänselt sie,
So ahnungslos, wie Kinder sind:
»Komm’, fang’ mich, blinde Marie!
Sie aber zürnt und hadert nicht
Und herrscht’s nicht rauh zur Ruh’.
Nur leise zuckt’s über ihr Gesicht,
Als wollte sie weinen dazu.
Und still ergeben im Gemüt
Die Hände faltet sie
Und sitzt so still und lächelt so müd’
Die alte, blinde Marie.
Und da ich so sie sitzen sah,
Als lauschte sie fernem Klang,
Da wußt’ ich nicht, wie mir geschah,
Mir ward ums Herz so bang.
Da ging’s mir plötzlich durch den Sinn:
»Du alte, blinde Marie,
Wie Viele schreiten durchs Leben hin
Und schauen die Sonne nie!
Und fristen ihr Sein in Nacht und Not
Und sind alles Schimmers bar,
Ist all ihr Hoffen und Wünschen tot,
Und harren doch immerdar;
Und sitzen einsam am Straßenrain,
Verlassen, wie Bettler sind,
Und um sie spielt im Sonnenschein
Das Glück, das törichte Kind.
Sie aber hadern und zürnen nicht
Und herrschen’s nicht rauh zur Ruh’,
Nur leise zuckt’s über ihr Gesicht,
Als wollten sie weinen dazu.
Und still ergeben im Gemüt
Die Hände falten sie,
Und sitzen so stumm und lächeln so müd’
Wie die alte, blinde Marie.