B. Die Schriften

1. Nova Dilucidatio (1755)


Die 'Neue Beleuchtung der ersten Prinzipien der menschlichen Erkenntnis' war die erste rein philosophische Schrift des jungen Gelehrten. Ein solches Thema mußte er schon deshalb wählen, weil er Logik und Metaphysik als sein eigentliches Fach bezeichnet hatte. So erhält man denn auch von ihr schon äußerlich den Eindruck einer offiziellen Universitätsschrift mit ihren Thesen, Beweisen, Erläuterungen und Zusätzen, die er nur an ihrer interessantesten Stelle, bei der Behandlung des Problems von Freiheit und Naturnotwendigkeit, durch die Dialogform lebendiger zu gestalten wagt. Sie ist darum auch nach der Vorschrift der Zeit, die bekanntlich noch tief bis ins 19. Jahrhundert hinein fortgedauert hat, lateinisch geschrieben. Und auch sachlich bewegt sie sich, in der Art der Problemstellung wie in der Weise der Behandlung, im ganzen noch in den Geleisen der zeitgenössischen Schulphilosophie. Trotzdem erinnert sie in manchen Beziehungen an seine Erstlingsschrift. Auch hier nimmt er die Selbständigkeit des eigenen Denkens selbst so berühmten Denkern wie Leibniz, Wolff, Crusius und Malebranche gegenüber in Anspruch. Von Interesse ist besonders, dass er schon hier auch den sogenannten "freien Willen" durch Naturnotwendigkeit bestimmt sein läßt. Für die verschiedenen Möglichkeiten unseres Handelns müssen in jedem Falle bestimmende Beweggründe vorhanden gewesen sein. "Frei"handeln heißt nur: seinem Begehren entsprechend mit Bewußtsein handeln; selbst Gott vermag nur das ursächlich Bestimmte vorauszusehen. Weiter wird schon der ganz moderne Grundsatz verfochten, dass in dem Satze von der Unveränderlichkeit des Quantums von Realität in der Welt "Realität" nichts anderes als "Kraft" (heute: Energie) bedeute, weshalb denn auch die Illustration dazu an den Stoßgesetzen elastischer Körper erfolgt. Bereits hier tritt ferner der junge Philosoph gegen diejenige Art von "Idealisten" auf, die das wirkliche Dasein der Körper bezweifelt. Er vertritt im Gegenteil die Ansicht von der Körperlichkeit aller endlichen Geister und die Bindung aller geistigen Funktionen des Menschen an den Stoff, selbst auf die Gefahr hin, dadurch in den Geruch der "verderblichen Ansicht des Materialismus" zu kommen. Man sieht, dass der "Empirismus" ihm im Blute steckte.

Sein eigentliches Interesse aber gehört in dieser Zeit einem anderen Gebiete. Sein Philosophieren nimmt denselben Anfang, wie die uns bekannte Geschichte wissenschaftlichen Philosophierens überhaupt: es ist Naturphilosophie.


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