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Autonomie

Autonomie ist die Grundlage der Sittlichkeit (s. d.) und eine Bekundung der Freiheit (s. d.) des Menschen als Vernunftwesens. Das Prinzip der Autonomie des Willens ist, daß der Mensch, indem er durch seine Pflicht an ein ihn moralisch nötigendes Gesetz gebunden ist, dabei doch „nur seiner eigenen und dennoch allgemeinen Gesetzgebung“ unterworfen ist und nur verbunden ist, seinem eigenen, aber „allgemein gesetzgebenden“ Willen gemäß zu handeln. Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit desselben, durch die er sich selbst unabhängig von aller Beschaffenheit von Willensobjekten (der „Materie“ des Wollens), rein durch seine „Form“, ein Gesetz des Handelns ist. Das Prinzip der Autonomie ist der kategorische Imperativ (s. d.), „nicht anders zu wählen als so, daß die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien“, GMS 2. Abs. (III 58, 67 f.). Wenn der Wille irgendwo anders als der „Tauglichkeit seiner Maximen zu seiner eigenen allgemeinen Gesetzgebung“ das Gesetz sucht, das ihn bestimmen soll (in einem äußeren Zweck, wie Glückseligkeit, Nutzen u. dgl.), so kommt „Heterogenie“ heraus, wobei das Objekt des Willens, nicht dieser selbst das Gesetz vorschreibt und wo nur etwas gesollt wird, weil etwas anderes gewollt wird („hypothetische“ Imperative). Bei der Autonomie hingegen soll unbedingt so oder so gehandelt werden, ohne Rücksicht auf einen Zweck oder auf eine Neigung, rein aus der Gesetzlichkeit des Willens selber, ibid. Heteronomie des Willens (III 68f.). Der schlechterdings gute Wille enthält bloß die „Form des Willens überhaupt“, und zwar als Autonomie; d. h. „die Tauglichkeit der Maxime eines jeden guten Willens, sich selbst zum allgemeinen Gesetze zu machen, ist selbst das alleinige Gesetz, das sich der Wille eines jeden vernünftigen Wesens selbst auferlegt, ohne irgendeine Triebfeder und Interesse derselben als Grund unterzulegen“, ibid. Einteil, aller Prinzipien ... (III 72 f.). Der reine Wille ist sich also selbst Gesetz und Zielpunkt des Wollens. Die Freiheit des Willens ist positiv. Autonomie, d. h. die „Eigenschaft des Willens, sich selbst ein Gesetz zu sein“, GMS 3. Abs. Begriff d. Freiheit (III 74 f.). Als Sinnenwesen steht der Mensch unter Naturgesetzen (Heteronomie), als „Noumenon“, Vernunftwesen, das zur „intelligiblen Welt“ (s. d.), zum „Reich der Zwecke“ (s. d.) sich rechnet, steht er unter Gesetzen der Vernunft, vermittels deren er sich selbst in seinem Handeln bestimmt, ibid. Von d. Interesse.. (III 81 f.). Weil die „Verstandeswelt“ den Grund der Sinnenwelt, mithin auch der Gesetze derselben enthält, also betreffs meines (zur Verstandeswelt gehörenden) Wollens unmittelbar gesetzgebend ist, „so werde ich mich als Intelligenz, obgleich anderseits wie ein zur Sinnenwelt gehöriges Wesen, dennoch dem Gesetze der ersteren, d. i. der Vernunft, die in der Idee der Freiheit das Gesetz derselben enthält, und also der Autonomie des Willens unterworfen erkennen, folglich die Gesetze der Verstandeswelt für mich als Imperativen und die diesem Prinzip gemäßen Handlungen als Pflichten ansehen müssen“, ibid. Wie ist ein kategor. Imperativ möglich? (III 83). Die Autonomie ist der Grund der Würde (s. d.) der Vernunftwesen und das echte Prinzip der Moral, GMS 2. Abs. (III 62, 66).

Die „Autonomie des Willens“ ist das „alleinige Prinzip aller moralischen Gesetze und der ihnen gemäßen Pflichten; alle Heteronomie der Willkür gründet dagegen nicht allein gar keine Verbindlichkeit, sondern ist vielmehr dem Prinzip derselben und der Sittlichkeit des Willens entgegen.“ „In der Unabhängigkeit nämlich von aller Materie des Gesetzes (nämlich einem begehrten Objekte) und zugleich doch Bestimmung der Willkür durch die bloße allgemeine gesetzgebende Form, deren eine Maxime fähig sein muß, besteht das alleinige Prinzip der Sittlichkeit.“ „Jene Unabhängigkeit aber ist Freiheit im negativen, diese eigene Gesetzgebung aber der reinen und als solche praktischen Vernunft ist Freiheit im positiven Verstande. Also drückt das moralische Gesetz nichts anderes aus als die Autonomie der reinen praktischen Vernunft, d. i. der Freiheit, und diese ist selbst die formale Bedingung aller Maximen, unter der sie allein mit dem obersten praktischen Gesetze zusammenstimmen können.“ Wenn daher „die Materie des Wollens ... in das praktische Gesetz als Bedingung der Möglichkeit desselben hineinkommt, so wird daraus Heteronomie der Willkür, nämlich Abhängigkeit vom Naturgesetze, irgendeinem Antriebe oder Neigung zu folgen, und der Wille gibt sich nicht selbst das Gesetz, sondern nur die Vorschrift zur vernünftigen Befolgung pathologischer Gesetze“, KpV 1. T. 1. B. 1. H. § 8 Lehrs. IV (II 43). Die sinnliche Natur vernünftiger Wesen ist die Existenz derselben unter empirisch bedingten Gesetzen, mithin für die Vernunft Heteronomie. „Die übersinnliche Natur ebenderselben Wesen ist dagegen ihre Existenz nach Gesetzen, die von aller empirischen Bedingung unabhängig sind, mithin zur Autonomie der reinen Vernunft gehören.“ Diese Natur ist eine Natur unter der Autonomie der reinen praktischen Vernunft; das Gesetz dieser Autonomie ist das moralische Gesetz als „das Grundgesetz einer übersinnlichen Natur und einer reinen Verstandeswelt“, ibid. 1. H. V. d. Deduktion d. Grundsätze ... (II 57). Vgl. Gesetz, Sollen, Rigorismus, Urteilskraft, Pflicht, Christentum.