Zweckmäßigkeit
Zweckmäßigkeit s. Zweck. Die Einheit, Regelmäßigkeit, Ordnung in den Wechselbeziehungen der Dinge, die Vereinigung der Nutzbarkeiten derselben weist auf einen einheitlichen Grund der allgemeinen „Harmonie“ hin. Sie bezeugt die „gemeinschaftliche Abhängigkeit“ der Dinge und ihres Wesens von einem einigen Grunde, Beweisgr. Gottes 2. Abt. 1. Btr., 2 (VI 48 f.). Die Zweckmäßigkeit der Dinge braucht aber nicht durchweg auf besonderen Anstalten des göttlichen Urgrundes zu beruhen, sondern es ist anzunehmen, daß sie in der Regel aus dem Wesen der einmal so geschaffenen Welt nach den allgemeinen Gesetzen des Geschehens (nach mechanischen Prinzipien) notwendig zustande gekommen ist, wobei mit einer zweckmäßigen Wirkung infolge dieser Gesetze von selbst (ohne besondere Vorsorge) eine Fülle anderer zweckmäßiger (oder zweckvoll verwertbarer) Nebenwirkungen und Folgen auftreten müssen, ibid. (VI 50 ff.). Die Dinge existieren, weil Gott wollte, daß sie sein sollten (um bestimmter Zwecke willen). Aber die Fülle von notwendig sich ergebenden Zweckmäßigkeiten ist nicht auf eine freie Wahl Gottes zurückzuführen, sondern entspringt aus dem Wesen der Dinge selbst (z. B. der nach bestimmten Gesetzen und mittelst bestimmter Kräfte wirksamen Materie) und dem Zusammenwirken derselben. „Daß flüssige Materien und schwere Körper da sind, kann nur dem Begehren dieses mächtigen Urhebers beigemessen werden; daß aber ein Weltkörper in seinem flüssigen Zustande ganz notwendiger Weise so allgemeinen Gesetzen zufolge eine Kugelgestalt anzunehmen bestrebt ist, welche nachher besser, wie irgendeine andere mögliche, mit den übrigen Zwecken des Universums zusammenstimmt, indem z. E. eine solche Oberfläche der gleichförmigsten Verteilung des Lichts fähig ist, das liegt in dem Wesen der Sache selbst“, ibid. 2. Btr. (VI 55 f.). „Daß Dinge da sind, die so viel schöne Beziehung haben, ist der weisen Wahl desjenigen, der sie um dieser Harmonie willen hervorbrachte, beizumessen; daß aber ein jedes derselben eine so ausgebreitete Schicklichkeit zu vielfältiger Übereinstimmung durch einfache Gründe enthielte, und dadurch eine bewundernswürdige Einheit im Ganzen konnte erhalten werden, liegt selbst in der Möglichkeit der Dinge, und da hier das Zufällige, was bei jeder Wahl vorausgesetzt werden muß, verschwindet, so kann der Grund dieser Einheit zwar in einem weisen Wesen, aber nicht vermittelst seiner Weisheit gesucht werden“, ibid. (VI 56). Es mag auch übernatürlich bedingte Zweckmäßigkeit geben (auch Wunder), die Regel ist doch die natürliche, aus der „Ordnung der Natur“ (aus Naturkräften, nach Naturgesetzen) entspringende Zweckmäßigkeit, ibid. 3. Btr., 1 (VI 57 f.). Es gibt „viele Naturgesetze, deren Einheit notwendig ist, wo ebenderselbe Grund der Übereinstimmung zu einem Gesetze auch andere Gesetze notwendig macht“. In der unorganischen Natur gibt es ungemein viele Beweise einer solchen notwendigen Einheit. In den Organismen hingegen ist die Einheit der Funktionen eine zufällige, eine „künstliche“ Einheit in Beziehung auf die verschiedenen Zwecke, ibid. 2 (VI 60 f.). Gott hat diese Welt so gewählt, weil durch den „natürlichen Zusammenhang“ in ihr die vollkommenen Zwecke am richtigsten erreicht wurden. Die allgemeinen Gesetze der Natur müssen dem göttlichen Willen im Weltgeschehen durchaus entsprechen, weil die Dinge von ihm abhängen, also nie gegen den Grund der Welt verstoßen können. „Und so müssen alle die Veränderungen der Welt, die mechanisch, mithin aus den Bewegungsgesetzen notwendig sind, jederzeit darum gut sein, weil sie natürlicher Weise notwendig sind...“, ibid. 4. Btr., 1 (VI 62 ff.). Auch die Kräfte der „freihandelnden Wesen“ sind nicht ganz allen Gesetzen entzogen, da sie ja in ihren Handlungen durch Gründe bestimmt sind. ibid. (VI 65). So bedarf die Ordnung der Natur nur selten einer übernatürlichen Verbesserung und Ergänzung, ibid. (VI 66). Alles in der Welt hat die Eigenschaft, „durch allgemeine Anordnungen zu einem Ganzen zusammenzupassen“, das mit der Weisheit Gottes harmoniert, ibid. (VI 67). Die Organismen sind nach besonderen Naturgesetzen aufgebaut: die allgemeinen Naturgesetze sind unzulänglich zur Erklärung ihrer Entstehung, aber die organischen Prozesse sind als natürliche, gesetzliche Funktionen aufzufassen. Die erste göttliche Anordnung der Pflanzen und Tiere hat diese tauglich gemacht, ihres Gleichen „nach einem natürlichen Gesetze“ nicht bloß zu entwickeln, sondern zu erzeugen. Diese Erzeugung ist also nichts Übernatürliches, mag sie auch nicht mechanisch begreiflich sein, ibid. 2 (VI 70 f.). — Man darf nicht (aus dem Fehler der „faulen Vernunft“) die Naturursachen und deren Gesetze um der Teleologie willen vernachlässigen, auch nicht Zwecke annehmen, die gar nicht anzusetzen sein können, ibid. 6. Btr., 4 (VI 84 ff.). Daß die Mittel zu einem bestimmten Zweck noch so viele vorteilhafte Wirkungen haben, also von selbst andere Zwecke fördern, ist nicht schon durch den göttlichen Willen allein begreiflich. Sondern: „Diejenige bewunderungswürdige Gemeinschaft, die unter den Wesen alles Erschaffenen herrscht, daß ihre Naturen einander nicht fremd sind, sondern, in vielfacher Harmonie verknüpft, sich zueinander von selbst schicken und eine ausgebreitete notwendige Vereinbarung zur gesamten Vollkommenheit in ihren Wesen enthalten, das ist der Grund so mannigfaltiger Nutzbarkeiten, die man nach unserer Methode als Beweistümer eines höchst weisen Urhebers, aber nicht in allen Fällen als Anstalten, die durch besondere Weisheit mit den übrigen um der besonderen Nebenvorteile willen verbunden werden, ansehen kann“, ibid. 6. Btr., 4 (VI 89).
Die Vernunft muß es notwendig zum Grundsatze annehmen, daß in der lebenden Natur „nichts Entbehrliches oder für den Gebrauch Unproportioniertes, mithin Unzweckmäßiges“ anzutreffen, sondern alles „seiner Bestimmung im Leben genau angemessen“ sei. Die Erkenntnis der Zweckmäßigkeit der Dinge vermehrt sich unaufhörlich, KrV tr. Dial. 2. B. 1. H. Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises ... (I 367 f.—Rc 470 f.). Die „höchste formale Einheit, welche allein auf Vernunftbegriffen beruht“, ist „die zweckmäßige Einheit der Dinge“: „das spekulative Interesse der Vernunft macht es notwendig, alle Anordnung in der Welt so anzusehen, als ob sie aus der Absicht einer allerhöchsten Vernunft entsprossen wäre. Ein solches Prinzip eröffnet nämlich unserer auf das Feld der Erfahrungen angewandten Vernunft ganz neue Aussichten, nach teleologischen Gesetzen die Dinge der Welt zu verknüpfen und dadurch zu der größten systematischen Einheit derselben zu gelangen.“ Die Voraussetzung einer „obersten Intelligenz“ als der Ursache des Weltganzen aber „bloß in der Idee“ und per analogiam (s. Gott) — kann der Vernunft immer nur nützen, nie schaden. Denn die Zugrundelegung „weiser Absichten“ kann zu einer „Menge von Entdeckungen“ führen. „Bleiben wir nun bei dieser Voraussetzung als einem bloß regulativen Prinzip, so kann selbst der Irrtum uns nicht schaden. Denn es kann allenfalls daraus nichts weiter folgen, als daß, wo wir einen teleologischen Zusammenhang (nexus finalis) erwarteten, ein bloß mechanischer oder physischer (nexus effectivus) angetroffen werde, wodurch wir, in einem solchen Falle, nur eine Einheit mehr vermissen, aber nicht die Vernunfteinheit in ihrem empirischen Gebrauche verderben.“ Es ist aber gänzlich unmöglich, in einem Falle zu beweisen, daß eine Natureinrichtung „ganz und gar keinen Zweck habe“, welcher immer es sein mag. Daß alles (z. B. am Tiere) „seinen Nutzen und gute Absicht“ habe, ist eine regulative Voraussetzung, „um zur höchsten systematischen Einheit vermittelst der Idee der zweckmäßigen Kausalität der obersten Weltursache, und als ob diese, als höchste Intelligenz, nach der weisesten Absicht die Ursache von allem sei, zu gelangen“, KrV tr. Dial. Anh. V. d. Endabsicht... (I 579 ff.—Rc 725 ff.). Wird aber die Idee der höchsten Intelligenz nicht bloß regulativ (s. d.), sondern konstitutiv gebraucht, so begeht man den Fehler der „[faulen Vernunft](faulen vernunft)“ (s. d.) „Denn da dienen alle sich in der Natur zeigenden, oft nur von uns selbst dazu gemachten Zwecke dazu, es uns in der Erforschung der Ursachen recht bequem zu machen, nämlich anstatt sie in den allgemeinen Gesetzen des Mechanismus der Materie zu suchen, sich geradezu auf den unerforschlichen Ratschluß der höchsten Weisheit zu berufen.“ Vermieden wird dieser Fehler, wenn wir die Teleologie ganz „allgemein“ nehmen. „Denn alsdann legen wir eine Zweckmäßigkeit nach allgemeinen Gesetzen der Natur zum Grunde, von denen keine besondere Einrichtung ausgenommen, sondern nur mehr oder weniger kenntlich für uns ausgezeichnet werden, und haben ein regulatives Prinzip der systematischen Einheit einer teleologischen Verknüpfung, die wir aber nicht zum Voraus bestimmen, sondern nur in Erwartung derselben die physisch-mechanische Verknüpfung nach allgemeinen Gesetzen verfolgen dürfen“, ibid. (I 581 ff.—Rc 727 ff.). Zu vermeiden ist auch der Fehler der „verkehrten Vernunft“ (des „Hysteron proteron“). Man begeht diesen Fehler nämlich, wenn man, anstatt nach der Zweck-Einheit und ihr gemäß zu forschen, die Wirklichkeit eines Prinzips derselben hypostatisch und anthropomorphistisch zugrunde legt und dann „der Natur Zwecke gewaltsam und diktatorisch aufdrängt, anstatt sie, wie billig, auf dem Wege der physischen Naturforschung zu suchen“, ibid. (I 583 f.—Rc 729 f.). „Die Naturursachen nach allgemeinen Gesetzen derselben, zwar nach der Idee eines Urhebers, aber nicht um die Zweckmäßigkeit, der sie allerwärts nachgeht, von demselben abzuleiten, sondern sein Dasein aus dieser Zweckmäßigkeit, die in dem Wesen der Naturdinge gesucht wird, womöglich auch in dem Wesen aller Dinge überhaupt, mithin als schlechthin notwendig zu erkennen“, ibid. (I 584— Rc 731). „Die größte systematische, folglich auch die zweckmäßige Einheit ist die Schule und selbst die Grundlage der Möglichkeit des größten Gebrauchs der Menschenvernunft: Die Idee derselben ist also mit dem Wesen unserer Vernunft unzertrennlich verbunden. Eben dieselbe Idee ist also für uns gesetzgebend, und so ist es sehr natürlich, eine ihr korrespondierende gesetzgebende Vernunft (intellectus archetypus) anzunehmen, von der alle systematische Einheit der Natur, als dem Gegenstande unserer Vernunft, abzuleiten sei“, ibid. (I 585—Rc 731 f.). Es muß uns aber gleich sein, ob man sagt: „die göttliche Weisheit hat alles so zu ihren obersten Zwecken geordnet, oder: die Idee der höchsten Weisheit ist ein Regulativ in der Nachforschung der Natur“, „Gott hat es weislich so gewollt, oder: die Natur hat es also weislich geordnet“, ibid. (I 587 f.—Rc 734 f.). Jedenfalls ist unter allen Prinzipien der Einheit die Einheit der Zwecke die „vornehmste“, ibid. (I 590—Rc 737); Vgl. Physikotheologischer Gottesbeweis.
Ordnung und Zweckmäßigkeit in der Natur „muß wiederum aus Naturgründen und nach Naturgesetzen erklärt werden, und hier sind selbst die wildesten Hypothesen, wenn sie nur physisch sind, erträglicher als eine hyperphysische, d. i. die Berufung auf einen göttlichen Urheber, den man zu diesem Behuf voraussetzt“. Denn „das wäre ein Prinzip der faulen Vernunft (ignava ratio), alle Ursachen, deren objektive Realität, wenigstens der Möglichkeit nach, man noch durch fortgesetzte Erfahrung kann kennenlernen, auf einmal vorbeizugehen, um in einer bloßen Idee, die der Vernunft sehr bequem ist, zu ruhen“, KrV tr. Meth. 1. H. 3. Abs. (I 643—Rc 792 f.). Die systematische (sittliche) Einheit der Zwecke in der „Welt der Intelligenzen“, welche als Natur zwar nur Sinnenwelt, als ein „System der Freiheit“ aber „intelligible, d. i. moralische Welt (regnum gratiae)“ genannt werden kann, führt unausbleiblich auf die „zweckmäßige Einheit aller Dinge, die dieses große Ganze ausmachen, nach allgemeinen Naturgesetzen, so wie die erstere nach allgemeinen und notwendigen Sittengesetzen, und vereinigt die praktische Vernunft mit der spekulativen“. „Die Welt muß als aus einer Idee entsprungen vorgestellt werden, wenn sie mit demjenigen Vernunftgebraüch, ohne welchen wir uns selbst der Vernunft unwürdig halten würden, nämlich dem moralischen, als welcher durchaus auf der Idee des höchsten Guts beruht, zusammenstimmen soll. Dadurch bekommt alle Naturforschung eine Richtung nach der Form eines Systems der Zwecke, und wird in ihrer höchsten Ausbreitung Physikotheologie.“ Diese führt auf eine transzendentale Theologie (s. d.), „die sich das Ideal der höchsten ontologischen Vollkommenheit zu einem Prinzip der systematischen Einheit nimmt, welches nach allgemeinen und notwendigen Naturgesetzen alle Dinge verknüpft, weil sie alle in der absoluten Notwendigkeit eines einigen Urwesens ihren Ursprung haben“. „Was können wir für einen Gebrauch von unserem Verstande machen, selbst in Ansehung der Erfahrung, wenn wir uns nicht Zwecke vorsetzen? Die höchsten Zwecke aber sind die der Moralität, und diese kann uns nur reine Vernunft zu erkennen geben. Mit diesen nun versehen und an dem Leitfaden derselben können wir von der Kenntnis der Natur selbst keinen zweckmäßigen Gebrauch in Ansehung der Erkenntnis machen, wo die Natur nicht selbst zweckmäßige Einheit hingelegt hat; denn ohne diese hätten wir sogar selbst keine Vernunft, weil wir keine Schule für dieselbe haben würden, und keine Kultur durch Gegenstände, welche den Stoff zu solchen Begriffen darböten“, ibid. 2. H. 2. Abs. (I 674 f.— Rc 827 f.); vgl. Endzweck.
Zweckmäßigkeit der Form der Dinge ist „die Übereinstimmung eines Dinges mit derjenigen Beschaffenheit der Dinge, die nur nach Zwecken möglich ist“, KU Einl. IV (II 17). Die „formale Zweckmäßigkeit“ der Natur in der Mannigfaltigkeit ihrer, besonderen, empirischen Gesetze (s. d.) oder die „transzendentale Zweckmäßigkeit“ ist ein „transzendentales“ Prinzip der Urteilskraft (s. d.), während die „praktische“ Zweckmäßigkeit, die in der Idee der Bestimmung eines freien Willens gedacht werden muß, ein „metaphysisches“ Prinzip (s. d.) ist, „weil der Begriff eines Begehrungsvermögens als eines Willens doch empirisch gegeben werden muß (nicht zu den transzendentalen Prädikaten gehört)“, ibid. Einl. V (II 18). Die „Zweckmäßigkeit der Natur“ ist also „ein besonderer Begriff a priori, der lediglich in der reflektierenden Urteilskraft seinen Ursprung hat“. „Denn den Naturprodukten kann man so etwas, als Beziehung der Natur an ihnen auf Zwecke, nicht beilegen, sondern diesen Begriff nur brauchen, um über sie in Ansehung der Verknüpfung der Erscheinungen in ihr, die nach empirischen Gesetzen gegeben ist, zu reflektieren. Auch ist dieser Begriff von der praktischen Zweckmäßigkeit (der menschlichen Kunst oder auch der Sitten) ganz unterschieden, ob er zwar nach einer Analogie mit derselben gedacht wird.“ Um die besonderen, empirischen Formen und Gesetze der Natur nach einem „Prinzip der Einheit des Mannigfaltigen“ verstehen und erforschen zu können, muß die Urteilskraft eine solche Einheit annehmen, d. h. die besonderen Gesetze so betrachten, „als ob gleichfalls ein Verstand (wenngleich nicht der unsrige) sie zum Behuf unserer Erkenntnisvermögen, um ein System der Erfahrung nach besonderen Naturgesetzen möglich zu machen, gegeben hätte“. Die Natur wird so vorgestellt, „als ob ein Verstand den Grund der Einheit des Mannigfaltigen ihrer empirischen Gesetze enthalte“, ibid. Einl IV (II 16 f.). Die Urteilskraft muß für ihren „subjektiven Gebrauch“ annehmen, „daß das für die menschliche Einsicht zufällige in den besonderen (empirischen) Naturgesetzen dennoch eine für uns zwar nicht zu ergründende, aber doch denkbare gesetzliche Einheit in der Verbindung ihres Mannigfaltigen zu einer an sich möglichen Erfahrung enthalte“, und diese Einheit wird als Zweckmäßigkeit der Natur für unser Erkenntnisvermögen. Angemessenheit derselben zu diesem, vorgestellt, ibid. Einl. V (II 20 f.). Dieser „transzendentale Begriff einer Zweckmäßigkeit der Natur“ ist nun „weder ein Naturbegriff noch ein Freiheitsbegriff“, weil er „gar nichts dem Objekte (der Natur) beilegt, sondern nur die einzige Art, wie wir in der Reflexion über die Gegenstände der Natur in Absicht auf eine durchgängig zusammenhängende Erfahrung verfahren müssen, vorstellt, folglich ein subjektives Prinzip (Maxime) der Urteilskraft“; daher wir auch, „gleich als ob es ein glücklicher, unsere Absiebt begünstigender Zufall wäre, erfreut (eigentlich eines Bedürfnisses entledigt) werden, wenn wir eine solche systematische Einheit unter bloß empirischen Gesetzen antreffen: ob wir deich notwendig annehmen mußten, es sei eine solche Einheit, ohne daß wir sie doch einzusehen und zu beweisen vermochten“, ibid. (II 20 f.). Die „gedachte Übereinstimmung der Natur in der Mannigfaltigkeit ihrer besonderen Gesetze zu unserem Bedürfnisse, Allgemeinheit der Prinzipien für sie aufzufinden“, muß „nach aller unserer Einsicht als zufällig beurteilt werden, gleichwohl aber doch für unser Verstandesbedürfnis als unentbehrlich, mithin als Zweckmäßigkeit, wodurch die Natur mit unserer, aber nur auf Erkenntnis gerichteten, Absicht übereinstimmt“. Daß „die Ordnung der Natur nach ihren besonderen Gesetzen bei aller unserer Fassungskaft übersteigenden, wenigstens möglichen Mannigfaltigkeit und Ungleichartigkeit, doch dieser wirklich angemessen sei, ist, soviel wir einsehen können, zufällig: und die Auffindung derselben ist ein Geschäft des Verstandes, welches mit Absicht zu einem notwendigen Zwecke desselben, nämlich Einheit der Prinzipien in sie hineinzubringen, geführt wird: welchen Zweck dann die Urteilskraft der Natur beilegen muß, weil der Verstand ihr hierüber kein Gesetz vorschreiben kann“, ibid. Einl. VI (II 23 f.). Die Erreichung dieser Absicht ist mit einem Gefühle der Lust verbunden, welches hier „durch einen Grund a priori und für jedermann gültig bestimmt“ ist, und zwar „bloß durch die Beziehung des Objekts auf das Erkenntnisvermögen, ohne daß der Begriff der Zweckmäßigkeit hier im mindesten auf das Begehrungsvermögen Rücksicht nimmt“. Die „entdeckte Vereinbarkeit zweier oder mehrerer empirischen heterogenen Naturgesetze unter einem sie beide befassenden Prinzip“ ist der Grund einer Lust, mögen wir nun sie jetzt noch oder nicht mehr bemerken, ibid. (II 24). Unbestimmt ist jedoch, „wie weit jene idealische Zweckmäßigkeit der Natur für unser Erkenntnisvermögen ausgedehnt werden solle“. Es ist ein Geheiß unserer Urteilskraft, „nach dem Prinzip der Angemessenheit der Natur zu unserem Erkenntnisvermögen zu verfahren, soweit es reicht, ohne ... auszumachen, ob es irgendwo seine Grenzen habe oder nicht“, ibid. (II 25). Vgl. Technik (der Natur), System, Spezifikation.
Die ästhetische (s. d.) Zweckmäßigkeit besteht in der durch ein Gefühl der Lust sich unmittelbar ankündenden „Angemessenheit“ eines vorgestellten Gegenstandes zum Erkenntnisvermögen, in der „Einstimmung“ von Einbildungskraft und Verstand. Es ist dies eine „subjektive formale Zweckmäßigkeit des Objekts“, KU Einl. VII (II 26 f.). Es gibt eine „ästhetische“ und „logische“ Vorstellung der Zweckmäßigkeit der Natur, eine „formale (bloß subjektive)“ und eine „reale (objektive)“ Zweckmäßigkeit, „deren eine wir durch Geschmack (ästhetisch, vermittelst des Gefühls der Lust), die andere durch Verstand und Vernunft (logisch, nach Begriffen) beurteilen“. „An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenstande kann Zweckmäßigkeit vor gestellt werden: entweder aus einem bloß subjektiven Grunde, als Übereinstimmung seiner Form, in der Auffassung (apprehensio) desselben vor allein Begriffe, mit den Erkenntnisvermögen, um die Anschauung mit Begriffen zu einem Erkenntnis überhaupt zu vereinigen; oder aus einem objektiven, als Übereinstimmung seiner Form mit der Möglichkeit des Dinges selbst, nach einem Begriffe von ihm, der vorhergeht und den Grund dieser Form enthält.“ Hierauf gründet sich die Einteilung der Kritik der Urteilskraft in die der „ästhetischen“ und „teleologischen“ Urteilskraft. Die „Naturschönheit“ ist die Darstellung des Begriffs einer „formalen“ Zweckmäßigkeit, die „Naturzwecke“ sind die Darstellung des Begriffs einer „realen“ Zweckmäßigkeit, ibid. Einl. VIII (II 30 f.).
Zweckmäßigkeit (forma finalis) ist „die Kausalität eines Begriffs in Ansehung seines Objekts“. Zweckmäßig aber heißt ein Objekt oder Gemütszustand oder eine Handlung auch, „wenngleich ihre Möglichkeit die Vorstellung eines Zweckes nicht notwendig voraussetzt, bloß darum, weil ihre Möglichkeit von uns nur erklärt und begriffen werden kann, sofern wir eine Kausalität nach Zwecken, d. i. einen Willen, der sie nach der Vorstellung einer gewissen Regel so angeordnet hätte, zum Grunde derselben annehmen“. Die Zweckmäßigkeit kann also „ohne Zweck“ sein, „sofern wir die Ursachen dieser Form nicht in einen Willen setzen, aber doch die Erklärung ihrer Möglichkeit nur, indem wir sie von einem Willen ableiten, uns begreiflich machen können“. „Nun haben wir das, was wir beobachten, nicht immer nötig durch Vernunft (seiner Möglichkeit nach) einzusehen. Also können wir eine Zweckmäßigkeit der Form nach, auch ohne daß wir ihr einen Zweck (als die Materie des nexus finalis) zum Grunde legen, wenigstens beobachten und an Gegenständen, wiewohl nicht anders als durch Reflexion, bemerken“, KU § 10 (II 58 f.). Das Geschmacksurteil (s. d.) hat bloß die Form der Zweckmäßigkeit eines Gegenstandes oder seiner Vorstellungsart zum Grunde, ibid. § 11 (II 59 f.); vgl. Schönheit.
Man hat „nach transzendentalen Prinzipien“ guten Grund, „eine subjektive Zweckmäßigkeit der Natur in ihren besonderen Gesetzen zu der Faßlichkeit für die menschliche Urteilskraft und der Möglichkeit der Verknüpfung der besonderen Erfahrungen in ein System derselben anzunehmen“; wo dann „unter den vielen Produkten derselben auch solche als möglich erwartet werden können, die, als ob sie ganz eigentlich für unsere Urteilskraft angelegt wären, solche spezifische ihr angemessene Formen enthalten, welche durch ihre Mannigfaltigkeit und Einheit die Gemütskräfte (die im Gebrauche dieses Vermögens im Spiele sind) gleichsam zu stärken und zu unterhalten dienen, und denen man daher den Namen schöner Formen beilegt“. Daß aber Dinge der Natur „einander als Mittel zu Zwecken dienen, und ihre Möglichkeit selbst nur durch diese Art von Kausalität hinreichend verständlich sei“, dazu haben wir gar keinen Grund in der allgemeinen Idee der Natur als Inbegriffs der Gegenstände der Sinne. Wie Zwecke, die nicht die unsrigen sind, eine besondere Art der Kausalität oder doch der Gesetzmäßigkeit der Dinge ausmachen können, läßt sich a priori nicht voraussetzen; die Erfahrung kann uns die Wirklichkeit derselben nicht beweisen, „es müßte denn eine Vernünftelei vorhergegangen sein, die nur den Begriff des Zwecks in die Natur der Dinge hineinspielt, aber ihn nicht von den Objekten und ihrer Erfahrungserkenntnis hernimmt, denselben also mehr braucht, die Natur nach der Analogie mit einem subjektiven Grunde der Verknüpfung der Vorstellungen in uns begreiflich zu machen, als sie aus objektiven Gründen zu erkennen“. — Eine „teleologische Beurteilung“ der Natur nach Analogie der Zweckkausalität ist möglich, aber ohne Anmaßung, die Dinge danach zu „erklären“. Sie gehört also „zur reflektierenden, nicht zu der bestimmenden Urteilskraft“. „Der Begriff von Verbindungen und Formen der Natur nach Zwecken ist doch wenigstens ein Prinzip mehr, die Erscheinungen derselben unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Kausalität nach dem bloßen Mechanism derselben nicht zulangen.“ Denn „wir führen einen teleologischen Grund an, wo wir einem Begriffe vom Objekte, als ob er in der Natur (nicht in uns) befindlich wäre, Kausalität in Ansehung eines Objekts zueignen, oder vielmehr nach der Analogie einer solchen Kausalität (dergleichen wir in uns antreffen) uns die Möglichkeit des Gegenstandes vorstellen, mithin die Natur als durch eigenes Vermögen technisch denken; wogegen, wenn wir ihr nicht eine solche Wirkungsart beilegen, ihre Kausalität als blinder Mechanism vorgestellt werden müßte“. „Würden wir dagegen der Natur absichtlich wirkende Ursachen unterlegen, mithin der Teleologie nicht bloß ein regulatives Prinzip für die bloße Beurteilung der Erscheinungen, denen die Natur nach ihren besonderen Gesetzen als unterworfen gedacht werden könne, sondern dadurch auch ein konstitutives Prinzip der Ableitung ihrer Produkte von ihren Ursachen zum Grunde legen: so würde der Begriff eines Naturzwecks nicht mehr für die reflektierende, sondern die bestimmende Urteilskraft gehören“, KU § 61 (II 221 ff.). Vgl. Technik (der Natur).
Von der „materialen“ Zweckmäßigkeit ist die bloß „formale“ objektive Zweckmäßigkeit zu unterscheiden, nämlich die geometrischer Figuren und von Zahlen, kurz von mathematischen Gebilden, welche eine oft bewunderte „Tauglichkeit zur Auflösung vieler Probleme nach einem einzigen Prinzip, und auch wohl eines jeden derselben auf unendlich verschiedene Art an sich“ aufweisen. Diese Zweckmäßigkeit ist „objektiv und intellektuell“, nicht bloß subjektiv und ästhetisch, KU § 62 (II 223 ff.).
Die materiale (reale) Zweckmäßigkeit der Natur ist eine äußere (relative) oder innere Zweckmäßigkeit Die Erfahrung leitet unsere Urteilskraft auf den „Begriff einer objektiven und materialen Zweckmäßigkeit, d. i. auf den Begriff eines Zwecks der Natur “ nur dann, „wenn ein Verhältnis der Ursache zur Wirkung zu beurteilen ist, welches wir als gesetzlich einzusehen uns nur dadurch vermögend finden, daß wir die Idee der Wirkung der Kausalität ihrer Ursache als die dieser selbst zum Grunde liegende Bedingung der Möglichkeit der ersteren unterlegen“. Dieses kann aber auf zwiefache Weise geschehen: „entweder, indem wir die Wirkung unmittelbar als Kunstprodukt, oder nur als Material für die Kunst anderer möglicher Naturwesen, also entweder als Zweck oder als Mittel zum zweckmäßigen Gebrauche anderer Ursachen ansehen“. Die letztere Zweckmäßigkeit heißt „die Nutzbarkeit“ (für Menschen), oder auch Zuträglichkeit (für jedes andere Geschöpf), und ist bloß relativ; indes die erstere „eine innere Zweckmäßigkeit des Naturwesens“ ist, ibid. § 63 (II 228 f.). Die äußere Zweckmäßigkeit nun kann nur dann als äußerer Naturzweck betrachtet werden, wenn die Existenz desjenigen, für den etwas nützlich ist, für sich selbst ein „Zweck der Natur“ ist. Da dies aber „durch bloße Naturbetrachtung nimmermehr auszumachen ist“, so folgt, „daß die relative Zweckmäßigkeit, ob sie gleich hypothetisch auf Naturzwecke Anzeige gibt, dennoch zu keinem absoluten teleologischen Urteile berechtige“. Die vielen Dinge, die in der Natur dem Menschen dienlich sind, können nur dann als Naturzwecke gelten, wenn man annimmt, der Mensch habe auf Erden leben sollen; aus dieser ihrer Nützlichkeit sind sie aber keinesfalls naturwissenschaftlich abzuleiten, zu erklären, ibid. (II 230 ff.). — Um einzusehen, daß ein Ding selbst nur als Zweck möglich sei, d. h. um die Kausalität seines Ursprungs nicht im Mechanismus der Natur, sondern in einer durch Begriffe bestimmten Ursache suchen zu müssen, wird erfordert, „daß seine Form nicht nach bloßen Naturgesetzen möglich sei, d. i. solchen, welche von uns durch den Verstand allein, auf Gegenstände der Sinne angewandt, erkannt werden können; sondern daß selbst ihr empirisches Erkenntnis, ihrer Ursache und Wirkung nach, Begriffe der Vernunft voraussetze“. „Diese Zufälligkeit seiner Form bei allen empirischen Naturgesetzen in Beziehung auf die Vernunft... ist selbst ein Grund, die Kausalität desselben so anzunehmen, als ob sie eben darum nur durch Vernunft möglich sei“, d. h. durch ein Vermögen, nach Zwecken zu handeln. Der Gegenstand selbst würde dann nur als Zweck (Kunstprodukt oder Naturzweck) betrachtet werden können. Als „Naturzweck“ existiert ein Ding, „wenn es von sich selbst (obgleich im zwiefachem Sinne) Ursache und Wirkung ist“; denn „hierin liegt eine Kausalität, dergleichen mit dem bloßen Begriffe einer Natur, ohne ihr einen Zweck unterzulegen, nicht verbunden, aber auch alsdann zwar ohne Widerspruch gedacht, aber nicht begriffen werden kann“. Ein Baum z. B. erzeugt einen anderen Baum, also sich selbst als Gattung, ferner als Individuum (durch Wachstum, das der Zeugung gleicht), endlich durch einen seiner Teile andere (Regenerationen usw., durch „Selbsthilfe“ der Natur), ibid. § 64 (II 232 ff.). Bei der Kausalverknüpfung der Endursachen („nexus finalis“) treten Dinge als Ursachen desjenigen auf, dessen Wirkung sie sind. Zu einem Dinge, das als Naturzweck beurteilt werden soll, gehört, „daß die Teile desselben sich dadurch zur Einheit eines Ganzen verbinden, daß sie voneinander wechselseitig Ursache und Wirkung ihrer Form sind“. Denn auf solche Weise ist es allein möglich, „daß umgekehrt (wechselseitig) die Idee des Ganzen wiederum die Form und Verbindung aller Teile bestimme: nicht als Ursache — denn da wäre es ein Kunstprodukt —, sondern als Erkenntnisgrund der systematischen Einheit der Form und Verbindung alles Mannigfaltigen, was in der gegebenen Materie enthalten ist, für den, der es beurteilt“. Zu einem Körper also, der als Naturzweck beurteilt werden soll, wird erfordert, „daß die Teile desselben einander insgesamt, ihrer Form sowohl als Verbindung nach, wechselseitig und so ein Ganzes aus eigener Kausalität hervorbringen, dessen Begriff wiederum umgekehrt (in einem Wesen, welches die einem solchen Produkt angemessene Kausalität nach Begriffen besäße) Ursache von demselben nach einem Prinzip sein, folglich die Verknüpfung der wirkenden Ursachen zugleich als Wirkung durch Endursachen beurteilt werden könnte“. In einem solchen Produkte der Natur „wird ein jeder Teil, so wie er nur durch alle übrigen da ist, auch als um der anderen und des Ganzen willen existierend, d. i. als Werkzeug (Organ) gedacht“, zugleich als „ein die anderen Teile (folglich jeder den anderen wechselseitig) hervorbringendes Organ, dergleichen kein Werkzeug der Kunst, sondern nur der allen Stoff zu Werkzeugen (selbst denen der Kunst) liefernden Natur sein kann“. Nur dann kann ein solches Produkt als „organisiertes und sich selbst organisierendes Wesen“ ein Naturzweck genannt werden. Ein solches Wesen (s. Organismus) ist „nicht bloß Maschine, denn die hat lediglich bewegende Kraft, sondern es besitzt in sich bildende Kraft“. Die Natur in diesen Produkten organisiert sich selbst, mit den von den Umständen und der Selbsterhaltung geforderten „Abweichungen“. — Der Begriff eines solchen Naturzwecks ist „kein konstitutiver Begriff des Verstandes oder der Vernunft, kann aber doch ein regulativer Begriff für die reflektierende Urteilskraft sein, nach einer entfernten Analogie mit unserer Kausalität nach Zwecken überhaupt die Nachforschung über Gegenstände dieser Art zu leiten und über ihren obersten Grund nachzudenken“ Organisierte Wesen, d. h solche, in welchen „alles Zweck und wechselseitig auch Mittel ist“, verschaffen zuerst dem Begriffe eines Zweckes der Natur „objektive Realität“ und die Grundlage zu einer Teleologie, ibid. § 65 (II 235 ff.). Dieser Begriff eines Naturzwecks „führt die Vernunft in eine ganz andere Ordnung der Dinge als die eines bloßen Mechanismus der Natur, der uns hier nicht mehr genugtun will“. „Eine Idee soll der Möglichkeit des Naturprodukts zum Grunde liegen.“ Die Einheit dieser Idee läßt den Begriff eines Naturzwecks sich auf alles, was im Produkte der Natur liegt, erstrecken, ibid. § 66 (II 240).
„Ein Ding seiner inneren Form halber als Naturzweck beurteilen, ist ganz etwas anderes, als die Existenz dieses Dinges für Zweck der Natur halten.“ Letzteres würde den Begriff eines Endzweckes der Natur erfordern, der alle unsere teleologische Naturerkenntnis übersteigt, „denn der Zweck der Natur selbst muß über die Natur hinaus gesucht werden“. Es ist also nur die organisierte Materie, welche den Begriff von ihr als einem Naturzwecke notwendig bei sich führt. „Aber dieser Begriff führt nun notwendig auf die Idee der gesamten Natur als eines Systems nach der Regel der Zwecke, welcher Idee nun aller Mechanism der Natur nach Prinzipien der Vernunft (wenigstens um daran die Naturerscheinungen zu versuchen) untergeordnet werden muß. Das Prinzip der Vernunft ist ihr als nur subjektiv, d. i. als Maxime, zuständig: Alles in der Welt ist irgendwo zu gut, nichts ist in ihr umsonst; und man ist durch das Beispiel, das die Natur an ihren organischen Produkten gibt, berechtigt, ja berufen, von ihr und ihren Gesetzen nichts, als was im ganzen zweckmäßig ist, zu erwarten.“ Dies ist ein (nicht „konstitutives“, sondern nur) „regulatives“ Prinzip der reflektierenden Urteilskraft, durch das wir „nur einen Leitfaden bekommen, die Naturdinge in Beziehung auf einen Bestimmungsgrund, der schon gegeben ist, nach einer neuen gesetzlichen Ordnung zu betrachten und die Naturkunde nach einem andern Prinzip, nämlich dem der Endursachen, doch unbeschadet dem des Mechanismus ihrer Kausalität, zu erweitern“. Es wird dadurch nicht ausgemacht, „ob irgend etwas ... absichtlich Zweck der Natur sei, ob die Gräser für das Rind oder Schaf, und ob dieses und die übrigen Naturdinge für den Menschen da sind“. „Es ist gut, selbst die uns unangenehmen und in besonderen Beziehungen zweckwidrigen Dinge auch von dieser Seite zu betrachten.“ Die „Idee eines großen Systems der Zwecke“ ist für unser Naturforschen förderlich, KU § 67 (II 241 ff.). Wenn man in die Naturwissenschaft (Physik) Gott (übersinnliche, übernatürliche Ursachen) hineinbringt, so vermengt man sie mit Theologie und vermischt die Grenze zwischen den Wissenschaften, ebenso, wenn man a priori demonstrierbare allgemeine Naturbeschaffenheiten und Naturgesetze schon in der Physik teleologisch erklärt statt erst in der Metaphysik, die allein es angeht, ob die Naturzwecke absichtlich oder unabsichtlich solche sind. „Um sich also auch nicht der mindesten Anmaßung, als wollte man etwas, was gar nicht in die Physik gehört, nämlich eine übernatürliche Ursache, unter unsere Erkenntnisgründe mischen, verdächtig zu machen, spricht man in der Teleologie zwar von der Natur, als ob die Zweckmäßigkeit in ihr absichtlich sei, aber doch zugleich so, daß man der Natur, d. i. der Materie diese Absicht beilegt; wodurch man (weil hierüber kein Mißverstand stattfinden kann, indem von selbst schon keiner einem leblosen Stoffe Absicht in eigentlicher Bedeutung des Wortes beilegen wird) anzeigen will, daß dieses Wort hier nur ein Prinzip der reflektierenden, nicht der bestimmenden Urteilskraft bedeute und also keinen besonderen Grund der Kausalität einführen solle, sondern auch nur zum Gebrauche der Vernunft eine andere Art der Nachforschung, als die nach mechanischen Gesetzen ist, hinzufüge, um die Unzulänglichkeit der letzteren selbst zur empirischen Aufsuchung aller besonderen Gesetze der Natur zu ergänzen. Daher spricht man in der Teleologie, sofern sie zur Physik gezogen wird, ganz recht von der Weisheit, der Sparsamkeit, der Vorsorge, der Wohltätigkeit der Natur, ohne dadurch aus ihr ein verständiges Wesen zu machen...“, ibid. § 68 (II 245 ff.).
Die Sätze: „Alle Erzeugung materieller Dinge ist nach bloß mechanischen Gesetzen möglich“ und: „Einige Erzeugung derselben ist nach bloß mechanischen Gesetzen nicht möglich“ ergeben eine „Antinomie“ (s. d.) der Urteilskraft, die aber nur auf der Verwechslung der bloß reflektierenden Urteilskraft und ihrer Autonomie in der Beurteilung der besonderen Erfahrungsgesetze mit der bestimmenden Urteilskraft, d. h. regulativen mit konstitutiven Grundsätzen, beruht. Zwischen den bloß regulativen Forschungsmaximen: „Alle Erzeugung materieller Dinge und ihrer Formen muß als nach bloß mechanischen Gesetzen möglich beurteilt werden“ und: „Einige Produkte der materiellen Natur können nicht als nach bloß mechanischen Gesetzen möglich beurteilt werden (ihre Beurteilung erfordert ein ganz anderes Gesetz der Kausalität, nämlich das der Endursachen)“ besteht kein Widerspruch. Denn die prinzipielle Möglichkeit und Notwendigkeit, alle Naturprodukte nach mechanischen Gesetzen zu beurteilen, besagt ja nicht, daß sie danach allein möglich sind, d. h. jede andere Kausalitätsart ausschließen. Wir sollen nur stets nach dem Prinzip des Mechanismus der Natur über die Naturprodukte „reflektieren“ und danach soweit als möglich forschen, weil es sonst „keine eigentliche Naturforschung geben kann“. „Dieses hindert nun die zweite Maxime bei gelegentlicher Veranlassung nicht, nämlich bei einigen Naturformen (und auf deren Veranlassung sogar der ganzen Natur) nach einem Prinzip zu spüren und über sie zu reflektieren, welches von der Erklärung nach dem Mechanism der Natur ganz verschieden ist, nämlich dem Prinzip der Endursachen.“ Es wird dadurch nicht gesagt, daß jene Formen nach dem Mechanismus der Natur nicht möglich wären. „Nur wird behauptet, daß die menschliche Vernunft in Befolgung derselben und auf diese Art niemals von dem, was das Spezifische eines Naturzweckes ausmacht, den mindesten Grund, wohl aber andere Erkenntnisse von Naturgesetzen wird auffinden können; wobei es als unausgemacht dahingestellt wird, ob nicht in dem uns unbekannten inneren Grunde der Natur selbst die physisch-mechanische und die Zweckverbindung an denselben Dingen in einem Prinzip zusammenhangen mögen; nur daß unsere Vernunft sie in einem solchen nicht zu vereinigen imstande ist und die Urteilskraft also ... genötigt ist, für gewisse Formen in der Natur ein anderes Prinzip als das des Naturmechanismus zum Grunde ihrer Möglichkeit zu denken“, KU § 70 (II 249 ff.) Wir können nicht die Unmöglichkeit der mechanischen Erzeugung organisierter Wesen beweisen; wir können nicht wissen, ob „das produktive Vermögen der Natur auch für dasjenige, was wir als nach der Idee von Zwecken geformt und verbunden beurteilen, nicht ebensogut als für das, wozu wir bloß ein Maschinenwesen der Natur zu bedürfen glauben, zulange; und ob in der Tat für Dinge als eigentliche Naturzwecke ... eine ganz andere Art von ursprünglicher Kausalität ..., nämlich ein architektonischer Verstand zum Grunde liege“. „Aber daß respektiv auf unser Erkenntnisvermögen der bloße Mechanism der Natur für die Erzeugung organisierter Wesen auch keinen Erklärungsgrund abgeben könne, ist ebenso unzweifelhaft gewiß. Für die reflektierende Urteilskraft ist also das ein ganz richtiger Grundsatz, daß für die so offenbare Verknüpfung der Dinge nach Endursachen eine vom Mechanism unterschiedene Kausalität, nämlich einer nach Zwecken handelnden (verständigen) Weltursache gedacht werden müsse: so übereilt und unerweislich er auch für die bestimmende sein würde.“ Im ersteren Falle ist der Begriff jener intelligenten Kausalität eine „bloße Idee“, „der man keineswegs Realität zuzugestehen unternimmt, sondern sie nur zum Leitfaden der Reflexion braucht, die dabei für alle mechanischen Erklärungsgründe immer offen bleibt und sich nicht aus der Sinnenwelt verliert“, ibid. § 71 (II 252 f.). Weder der Idealismus noch der Realismus der „Technik der Natur“ (s. d.) ist „dogmatisch“ haltbar; immer „kritisch“, „nur in Beziehung auf unser Erkenntnisvermögen, mithin auf die subjektiven Bedingungen, ihn zu denken, ohne es zu unternehmen, über sein Objekt etwas zu entscheiden“, ist der Begriff des Zwecks, des „Fremdling in der Naturwissenschaft“ zu rechtfertigen. Die objektive Realität eines solchen Begriffs kann nicht eingesehen und dogmatisch begründet werden, und „wir wissen nicht, ob er bloß ein vernünftelnder und objektiv leerer“ oder ein Vernunftbegriff, ein von der Vernunft bestätigter Begriff sei. Der Begriff des Naturzwecks ist eben nur ein regulativer Begriff; für die bestimmende Urteilskraft ist er „überschwenglich“, ibid. §§ 72—74 (II 253 ff.). „Es ist doch etwas ganz anderes; ob ich sage: die Erzeugung gewisser Dinge der Natur, oder auch der gesamten Natur, ist nur durch eine Ursache, die sich nach Absichten zum Handeln bestimmt, möglich, oder: ich kann nach der eigentümlichen Beschaffenheit meiner Erkenntnisvermögen über die Möglichkeit jener Dinge und ihre Erzeugung nicht anders urteilen, als wenn ich mir zu dieser eine Ursache, die nach Absichten wirkt, mithin ein Wesen denke, welches nach der Analogie mit der Kausalität eines Verstandes produktiv ist.“ Der Begriff einer objektiven Zweckmäßigkeit der Natur ist ein „kritisches Prinzip der Vernunft für die reflektierende Urteilskraft“. „Wir haben nämlich unentbehrlich nötig, der Natur den Begriff einer Absicht unterzulegen, wenn wir ihr auch nur in ihren organisierten Produkten durch fortgesetzte Beobachtung nachforschen wollen.“ Ist ein solcher Forschungsleitfaden einmal aufgenommen und bewährt, so ist es offenbar, daß wir diese Maxime der Urteilskraft „auch am Ganzen der Natur wenigstens versuchen müssen, weil sich nach derselben noch manche Gesetze derselben dürften aufrinden lassen, die uns, nach der Beschränkung unserer Einsichten in das Innere des Mechanism derselben, sonst verborgen bleiben würden“. Doch ist in letzterer Hinsicht diese Maxime „zwar nützlich, aber nicht unentbehrlich“, ibid. § 75 (II 262 f.).
Wir würden zwischen Naturmechanismus und Zweckverknüpfung in der Natur keinen Unterschied finden, „wäre unser Verstand nicht von der Art, daß er vom Allgemeinen zum Besonderen gehen muß, und die Urteilskraft also in Ansehung des Besonderen keine Zweckmäßigkeit erkennen, mithin keine bestimmenden Urteile fällen kann, ohne ein allgemeines Gesetz zu haben, worunter sie jenes subsumieren könnte“. Da nun aber „das Besondere als ein solches in Ansehung des Allgemeinen etwas Zufälliges enthält“, gleichwohl aber „die Vernunft in der Verbindung besonderer Gesetze der Natur doch auch Einheit, mithin Gesetzlichkeit erfordert (welche Gesetzlichkeit des Zufälligen Zweckmäßigkeit heißt), und die Ableitung der besonderen Gesetze aus den allgemeinen in Ansehung dessen, was jene Zufälliges in sich enthalten, a priori durch Bestimmung des Begriffs vom Objekte unmöglich ist, so wird der Begriff der Zweckmäßigkeit der Natur in ihren Produkten ein für die menschliche Urteilskraft in Ansehung der Natur notwendiger, aber nicht die Bestimmung der Objekte selbst angehender Begriff sein, also ein subjektives Prinzip der Vernunft für die Urteilskraft, welches als regulativ (nicht konstitutiv) für unsere menschliche Urteilskraft ebenso notwendig gilt, als ob es ein objektives Prinzip wäre“. KU § 70 (II 270). Es muß „die Idee von einem anderen möglichen Verstande als dem menschlichen“ zugrunde liegen, damit man sagen könne, „gewisse Naturprodukte müssen, nach der besonderen Beschaffenheit unseres Verstandes, von uns ihrer Möglichkeit nach absichtlich und als Zwecke erzeugt betrachtet werden“, ohne in Abrede zu stellen, „daß nicht ein anderer (höherer) Verstand als der menschliche, auch im Mechanism der Natur, d. i. einer Kausalverbindung, zu der nicht ausschließungsweise ein Verstand als Ursache angenommen wird, den Grund der Möglichkeit solcher Produkte der Natur antreffen könne“. Ein solcher intuitiver Verstand (s. d.) geht vom „Synthetisch-Allgemeinen“ zum Besonderen, vom Ganzen zu den Teilen, und für ihn besteht die Zufälligkeit der Einheit der besonderen Gesetze nicht. Wir mit unserem Verstande müssen gemäß unserer Verstandesart uns denken, daß hier „die Vorstellung eines Ganzen den Grund der Möglichkeit der Form desselben und der dazu gehörigen Verknüpfung der Teile enthalte“. „Da das Ganze nun aber alsdann eine Wirkung (Produkt) sein würde, dessen Vorstellung als die Ursache seiner Möglichkeit angesehen wird, das Produkt aber einer Ursache, deren Bestimmungsgrund bloß die Vorstellung ihrer Wirkung ist, ein Zweck heißt: so folgt daraus, daß es bloß eine Folge aus der besonderen Beschaffenheit unseres Verstandes sei, wenn wir Produkte der Natur nach einer anderen Art der Kausalität als der der Naturgesetze der Materie, nämlich nur nach der der Zwecke und Endursachen uns als möglich vorstellen, und daß dieses Prinzip nicht die Möglichkeit solcher Dinge selbst (selbst als Phänomene betrachtet) nach dieser Erzeugungsart, sondern nur die unserem Verstande mögliche Beurteilung derselben angehe.“ Daher sind wir in der Naturkunde mit einer teleologischen Erklärung der Naturprodukte lange nicht zufrieden, KU § 77 (II 271 ff.).
Da es möglich ist, die materielle Welt als bloße Erscheinung zu betrachten und etwas als Ding an sich zu denken, diesem aber eine „intellektuelle Anschauung“, die allerdings nicht die unsnge ist, unterzulegen, „so würde ein, obzwar für uns unerkennbarer, übersinnlicher Realgrund für die Natur stattfinden, zu der wir selbst mitgehören, in welcher wir also das, was in ihr als Gegenstand der Sinne notwendig ist, nach mechanischen Gesetzen, die Zusammenstimmung und Einheit aber der besonderen Gesetze und der Formen nach denselben, die wir in Ansehung jener als zufällig beurteilen müssen, in ihr als Gegenstände der Vernunft (ja das Naturganze als System) zugleich nach teleologischen Gesetzen betrachten und sie nach zweierlei Prinzipien beurteilen würden, ohne daß die mechanische Erklärungsart durch die teleologische, als ob sie einander widersprächen, ausgeschlossen wird“. Es läßt sich hiernach einsehen, „daß zwar das Prinzip einer mechanischen Ableitung zweckmäßiger Naturprodukte neben dem teleologischen bestehen, dieses letztere aber keineswegs entbehrlich machen könnte: d. i. man kann an einem Dinge, welches wir als Naturzweck beurteilen müssen (einem organischen Wesen), zwar alle bekannten und noch zu entdeckenden Gesetze der mechanischen Erzeugung versuchen und auch hoffen dürfen, damit guten Fortgang zu haben, niemals aber der Berufung auf einen davon ganz unterschiedenen Erzeugungsgrund, nämlich der Kausalität durch Zwecke, für die Möglichkeit eines solchen Produkts überhoben sein, und schlechterdings kann keine menschliche Vernunft ... die Erzeugung auch nur eines Gräschens aus bloß mechanischen Ursachen zu verstehen hoffen“. Es ist uns unmöglich, „aus der Natur selbst hergenommene Erklärungsgründe für Zweckverbindungen zu schöpfen, und es ist nach der Beschaffenheit des menschlichen Erkenntnisvermögens notwendig, den obersten Grund dazu in einem ursprünglichen Verstande als Weltursache zu suchen“, KU § 77 (II 275 f.). Es liegt der Vernunft „unendlich viel daran, den Mechanism der Natur in ihren Erzeugnissen nicht fallen zu lassen und in der Erklärung derselben nicht vorbeizugehen, weil ohne diesen keine Einsicht in die Natur der Dinge erlangt werden kann“. Von der anderen Seite ist es „eine ebensowohl notwendige Maxime der Vernunft, das Prinzip der Zwecke an den Produkten der Natur nicht vorbeizugehen, weil es, wenn es gleich die Entstehungsart derselben uns eben nicht begreiflicher macht, doch ein heuristisches Prinzip ist, den besonderen Gesetzen der Natur nachzuforschen“. Eine Vernunft, die bloß den Mechanismus befolgen wollte, wäre ebenso „phantastisch“, als sie bei bloßer Teleologie „schwärmerisch“ wäre. Die Vereinigung beider Prinzipien beruht aber „nicht auf einem Grunde der Erklärung (Explikation) der Möglichkeit eines Produkts nach gegebenen Gesetzen für die bestimmende, sondern nur auf einem Grunde der Erörterung (Exposition) derselben für die reflektierende Urteilskraft“. Da das objektive Prinzip der Vereinigung von Mechanismus und „Technizism“ zwar „angezeigt“, nie aber bestimmt erkannt werden kann, so läßt sich aus ihm keine Erklärung, d. h. deutliche und bestimmte Ableitung der Möglichkeit eines Naturproduktes, ziehen. Es muß nur gemäß beiden Maximen zusammen geforscht werden, KU § 78 (II 276 ff.). Wo Zwecke als Gründe der Möglichkeit gewisser Dinge gedacht werden, „da muß man auch Mittel annenmen, deren Wirkungsgesetz für sich nichts einen Zweck Voraussetzendes bedarf, mithin mechanisch und doch eine untergeordnete Ursache absichtlicher Wirkungen sein kann“. Es läßt sich daher „eine große und sogar allgemeine Verbindung der mechanischen Gesetze mit den teleologischen in den Erzeugungen der Natur denken, ohne die Prinzipien der Beurteilung derselben zu verwechseln und eines an die Stelle des anderen zu setzen“. Weil nun aber „ganz unbestimmt und für unsere Vernunft auch auf immer unbestimmbar ist, wieviel der Mechanism der Natur als Mittel zu jeder Endabsicht in derselben tue“, so „wissen wir auch nicht, wie weit die für uns mögliche mechanische Erklärungsart gehe, sondern nur soviel gewiß: daß, so weit wir nur immer darin kommen mögen, sie doch allemal für Dinge, die wir einmal als Naturzwecke anerkennen, unzureichend sein, und wir also, nach der Beschaffenheit unseres Verstandes, jene Gründe insgesamt einem teleologischen Prinzip unterordnen müssen“. Hierauf gründet sich die Befugnis, „alle Produkte und Ereignisse der Natur, selbst die zweckmäßigsten, so weit mechanisch zu erklären, als es immer in unserem Vermögen ... steht, dabei aber niemals aus den Augen zu verlieren, daß wir die, welche wir allein unter dem Begriffe vom Zwecke der Vernunft zur Untersuchung selbst auch nur aufstellen können, der wesentlichen Beschaffenheit unserer Vernunft gemäß, jene mechanischen Ursachen ungeachtet, doch zuletzt der Kausalität nach Zwecken unterordnen müssen“, ibid. (II 281 f.). „Die Befugnis, auf eine bloß mechanische Erklärungsart aller Naturprodukte auszugehen, ist an sich ganz unbeschränkt; aber das Vermögen, damit allein auszulangen, ist nach der Beschaffenheit unseres Verstandes, sofern er es mit Dingen als Naturzwecken zu tun hat, nicht allein sehr beschränkt, sondern auch deutlich begrenzt; nämlich so, daß nach einem Prinzip der Urteilskraft durch das erstere Verfahren allein zur Erklärung der letzteren gar nichts ausgerichtet werden könne, mithin die Beurteilung solcher Produkte jederzeit von uns zugleich einem teleologischen Prinzip untergeordnet werden müsse.“ Es ist daher „vernünftig, ja verdienstlich, dem Naturmechanism zum Behuf einer Erklärung der Naturprodukte so weit nachzugehen, als es mit Wahrscheinlichkeit geschehen kann, ja diesen Versuch nicht darum aufzugeben, weil es an sich unmöglich sei, auf seinem Wege mit der Zweckmäßigkeit der Natur zusammenzutreffen, sondern nur darum, weil es für uns als Menschen unmöglich ist; indem dazu eine andere als sinnliche Anschauung und ein bestimmtes Erkenntnis des intelligibelen Substrats der Natur, woraus selbst von dem Mechanism der Erscheinungen nach besonderen Gesetzen Grund angegeben werden könne, erforderlich sein würde, welches alles unser Vermögen gänzlich übersteigt“. Der Naturforscher muß also bei organisierten Wesen „immer irgendeine ursprüngliche Organisation zum Grunde legen“, welche den Mechanismus selbst benutzt, um andere organisierte Formen hervorzubringen oder die seinige zu neuen Gestalten zu entwickeln, „die doch aber immer aus jenem Zwecke und ihm gemäß erfolgen“. Die Entwicklung (s. d.) der Organismen macht also die Teleologie nicht überflüssig, KU § 80 (II 284 f.). „Die Möglichkeit einer solchen Vereinigung zweier ganz verschiedener Arten von Kausalität, der Natur in ihrer allgemeinen Gesetzmäßigkeit mit einer Idee, welche jene auf eine besondere Form einschränkt, wozu sie für sich gar keinen Grund enthält, begreift unsere Vernunft nicht; sie liegt im übersinnlichen Substrat der Natur, wovon wir nichts bejahend bestimmen können, als daß es das Wesen an sich sei, von welchem wir bloß die Erscheinung kennen.“ „Aber das Prinzip: Alles was wir als zu dieser Natur (phaenomenon) gehörig und als Produkt derselben annehmen, auch nach mechanischen Gesetzen mit ihr verknüpft denken zu müssen, bleibt nichtsdestoweniger in seiner Kraft, weil ohne diese Art von Kausalität organisierter Wesen, als Zwecke der Natur, doch keine Naturprodukte sein würden“, ibid. § 81 (II 289 f.); vgl. Entwicklung, Organismus.
Unter den zur Erkenntnis der Natur gehörigen Begriffen findet sich einer „von der besonderen Beschaffenheit, daß wir dadurch nicht, was in dem Objekt ist, sondern was wir, bloß dadurch daß wir es in ihn legen, uns verständlich machen können, der also eigentlich zwar kein Bestandteil der Erkenntnis des Gegenstandes, aber doch ein von der Vernunft gegebenes Mittel oder Erkenntnisgrund ist, und zwar der theoretischen, aber insofern doch nicht dogmatischen Erkenntnis, und dies ist der Begriff von einer Zweckmäßigkeit der Natur, welche auch ein Gegenstand der Erfahrung sein kann, mithin ein immanenter, nicht transzendenter Begriff ist, wie der von der Struktur der Augen und Ohren, von der aber, was Erfahrung betrifft, es keine weitere Erkenntnis gibt, als was Epikur ihm zugestand, nämlich daß, nachdem die Natur Augen und Ohren gebildet hat, wir sie zum Sehen und Hören brauchen, nicht aber beweiset, daß die sie hervorbringende Ursache selbst die Absicht gehabt habe, diese Struktur dem genannten Zwecke gemäß zu bilden; denn diesen kann man nicht wahrnehmen, sondern nur durch Vernünfteln hineintragen, um auch nur eine Zweckmäßigkeit an solchen Gegenständen zu erkennen“. „Wir haben also einen Begriff von einer Teleologie der Natur, und zwar a priori, weil wir sonst ihn nicht in unsere Vorstellung der Objekte derselben hineinlegen, sondern nur aus dieser als empirische Anschauung herausnehmen dürften, und die Möglichkeit a priori einer solchen Vorstellungsart, welche doch noch keine Erkenntnis ist, gründet sich darauf, daß wir in uns selbst ein Vermögen der Verknüpfung nach Zwecken (nexus finalis) wahrnehmen.“ „Was den Begriff des Zweckes betrifft, so ist er jederzeit von uns selbst gemacht, und der des Endzweckes muß a priori durch die Vernunft gemacht sein“, Fortschr. d. Metaph. 1. Abt. 3. Stadium (V 3, 123 ff.). Vgl. Lose Bl. C 5; N 4647.
Eine „besondere und seltsame Voraussetzung unserer Vernunft“ ist, „daß die Natur in der Mannigfaltigkeit ihrer Produkte eine Akkommodation zu den Schranken unserer Urteilskraft, durch Einfalt und spürbare Einheit ihrer Gesetze, und Darstellung der unendlichen Verschiedenheit ihrer Arten (species) nach einem gewissen Gesetz der Stetigkeit, welches uns die Verknüpfung derselben, unter wenig Gattungsbegriffe, möglich macht, gleichsam willkürlich und als Zweck für unsere Fassungskraft beliebt habe, nicht weil wir diese Zweckmäßigkeit als an sich notwendig erkennen, sondern ihrer bedürftig und so auch a priori anzunehmen und zu gebrauchen berechtigt sind, soweit wir damit auslangen können“, An J. S. Beck, 18. August 1793. Vgl. Vorsehung, Endzweck, Urteilskraft, Verstand (anschauender), Spezifikation, Physikotheologie, Ethikotheologie, Weltkörper, Entwicklung, Organismus, Gut, Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Schönheit, Weisheit, Philosophie, Gott.