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Ethikotheologie

Ethikotheologie. Eine Moraltheologie oder Ethikotheologie ist der Versuch, „aus dem moralischen Zwecke vernünftiger Wesen in der Natur (der a priori erkannt werden kann)“ auf die oberste Ursache der Natur und ihre Eigenschaften zu schließen, KU § 85 (II 306). Da wir den Menschen (als moralisches Wesen) als Endzweck (s. d.) der Schöpfung ansehen müssen, so haben wir einen Grund, die Welt als ein „System“ von Endursachen anzusehen, und ein Prinzip, die Natur und Eigenschaften des „obersten Grundes im Reiche der Zwecke“, zu bestimmen. Das Urwesen denken wir hiernach „nicht bloß als Intelligenz und gesetzgebend für die Natur, sondern auch als gesetzgebendes Oberhaupt in einem moralischen Reiche der Zwecke“, als allwissend, damit ihm das Innerste der Gesinnungen nicht verborgen sei, als allmächtig, damit es die ganze Natur dem höchsten Zwecke angemessen machen kann, als allgütig und zugleich gerecht, usw. So ergänzt die „moralische Teleologie“ den Mangel der physischen und gründet allererst eine Theologie, ibid. § 86 (II 312 ff.). Nach bloß theoretischen Prinzipien des Vernunftgebrauches kann ein für unsere theologische Beurteilung der Natur zureichender Gottesbegriff nicht herausgebracht werden, ibid. § 85 (II 310). Wir müssen „eine moralische Weltursache (einen Welturheber) annehmen, um uns gemäß dem moralischen Gesetze einen Endzweck vorzusetzen, und, soweit als das letztere notwendig ist, soweit (d. i. in demselben Grade und aus demselben Grunde) ist auch das erstere notwendig anzunehmen: nämlich es sei ein Gott“, ibid. § 87 (II 322). „Dieses moralische Argument soll keinen objektiv-gültigen Beweis vom Dasein Gottes an die Hand geben, nicht dem Zweifelgläubigen beweisen, daß ein Gott sei; sondern daß, wenn er moralisch konsequent denken will, er die Annehmung dieses Satzes unter die Maximen seiner praktischen Vernunft aufnehmen müsse.“ Es ist „ein subjektiv, für moralische Wesen hinreichendes Argument“, ibid. 2. Anm. (II 322). Nach der Beschaffenheit unseres Vernunftvermögens können wir uns die Möglichkeit einer auf das moralische Gesetz und dessen Objekt bezogenen Zweckmäßigkeit ohne einen Welturheber und Regierer, der zugleich moralischer Gesetzgeber ist, nicht begreiflich machen. „Die Wirklichkeit eines höchsten moralisch-gesetzgebenden Urhebers ist also bloß für den praktischen Gebrauch unserer Vernunft hinreichend dargetan, ohne in Ansehung des Daseins desselben etwas theoretisch zu bestimmen“, ibid. § 88 (II 327 f.). Eine Ethikotheologie ist möglich, „denn die Moral kann zwar mit ihrer Regel, aber nicht mit der Endabsicht, welche ebendieselbe auferlegt, ohne Theologie bestehen, ohne die Vernunft in Ansehung der letzteren im Bloßen zu lassen“. Aber eine „theologische Ethik“ (der reinen Vernunft) ist unmöglich, „weil Gesetze, die nicht die Vernunft ursprünglich selbst gibt, und deren Befolgung sie als reines praktisches Vermögen auch bewirkt, nicht moralisch sein können“ ibid. Allgem. Anmerk. zur Teleologie (II 361). Vgl. Gott, Theologie, Glaube.