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Psychosen

Psychosen. Die Psychosen („Krankheiten des Kopfes“) zerfallen in die der „Ohnmacht“ und die der „Verkehrtheit“ (Blödsinnigkeit — gestörtes Gemüt). „Der Blödsinnige befindet sich in einer großen Ohnmacht des Gedächtnisses, der Vernunft und gemeiniglich auch sogar der sinnlichen Empfindungen.“ Die Krankheiten der „Verkehrtheit“ (des „gestörten Kopfes“) lassen sich nach den „Gemütsfähigkeiten“ einteüen: „erstlich die Verkehrtheit der Erfahrungsbegriffe, in der Verrückung, zweitens die in Unordnung gebrachte Urteilskraft zunächst bei dieser Erfahrung, in dem Wahnsinn, drittens, die in Ansehung allgemeinerer Urteile verkehrt gewordene Vernunft, in dem Wahnwitze“. „Alle übrigen Erscheinungen des kranken Kopfes können, wie mich dünkt, entweder als verschiedene Grade der erwähnten Zufälle, oder als eine unglückliche Vereinbarung dieser Übel untereinander, oder endlich als die Einpfropfung derselben auf mächtige Leidenschaften angesehen und den angeführten Klassen untergeordnet werden“, Krankheiten des Kopfes (VIII 68 ff.). Die Verrückung ist ein Träumen im Wachen, sie beruht auf abnormen Halluzinationen und Illusionen, die „mit manchem subtüen Vernunfturteil“ in Zusammenhang gebracht werden, ibid. (VIII 69 ff.). Die Urteile des Verrückten können ganz richtig, ja vernünftig sein. Im Wahnsinne hingegen urteüt der Verstand aus allenfalls richtigen Empfindungen ganz verkehrt. Es gibt einen sehr schimmernden Anschein von Wahnwitz, der mit einem großen Genie zusammen bestehen kann, ibid. (VIII 73 f.). — Das „Verderben des Willens“ ist eine „Krankheit des Herzens“. — Die Wurzel der Krankheiten des Kopfes liegt wohl im Körper und hat wohl ihren Hauptsitz „mehr in den Verdauungsteilen als im Gehirne“. Zuerst leidet der Körper, darauf besteht eine gewisse Verkehrtheit, aus der sich dann die Geisteskrankheit entwickelt, ibid. (VIII 75 f.).

Die oberste Einteilung der „Gemütskrankheiten“ ist die in die „Grillenkrankheit (Hypochondrie)“ und das „gestörte Gemüt (Manie)“, Anthr. 1. T. § 50 (IV 128 f.). Die Frage, ob ein Angeklagter im Besitz seines natürlichen Verstandes- und Beurteilungsvermögens gewesen sei, ist „gänzlich psychologisch“. Denn „obgleich körperliche Verschrobenheit der Seelenorgane vielleicht wohl bisweüen die Ursache einer unnatürlichen Übertretung des (jedem Menschen beiwohnenden) Pflichtgesetzes sein möchte, so sind die Arzte und Physiologen überhaupt doch nicht so weit, um das Maschinenwesen im Menschen so tief einzusehen, daß sie die Anwandlung zu einer solchen Greueltat daraus erklären, oder (ohne Anatomie des Körpers) sie vorher sehen könnten“; eine gerichtliche Arzneikunde (medicina forensis) betreffs der Frage, ob der Angeklagte verrückt oder normal ist, ist nicht Sache des Richters, sondern einer anderen Fakultät, ibid. § 51 (IV131). Die „Verrückung“ ist: 1. „Unsinnigkeit (amentia)“, als „Unvermögen, seine Vorstellungen auch nur in den zur Möglichkeit der Erfahrung nötigen Zusammenhang zu bringen“ („tumultuarische“ Verrückung). 2. „Wahnsinn (dementia)“, „diejenige Störung des Gemüts, da alles, was der Verrückte erzählt, zwar den formalen Gesetzen des Denkens zu der Möglichkeit einer Erfahrung gemäß ist, aber durch falsch dichtende Einbildungskraft selbstgemachte Vorstellungen für Wahrnehmungen gehalten werden“ („methodische“ Verrückung). 3. „Wahnwitz (insania)“, „eine gestörte Urteilskraft, wodurch das Gemüt durch Analogien hingehalten wird, die mit Begriffen einander ähnlicher Dinge verwechselt werden, und so die Einbildungskraft ein dem Verstande ähnliches Spiel der Verknüpfung disparater Dinge als das Allgemeine vorgaukelt, worunter die letzteren Vorstellungen enthalten waren“ („fragmentarische“ Verrückung). 4. „Aberwitz (vesania)“ ist die „Krankheit einer gestörten Vernunft“, ibid. § 52 (IV 132 ff.). Das allgemeine Merkmal der Verrücktheit ist der „logische Eigensinn“ statt des Gemeinsinnes, ibid. § 53 (IV 138); vgl. N 487 ff.