Zum Hauptinhalt springen

Schwärmerei

Schwärmerei. Der Schwärmer (Visionär, Fanatiker) ist „eigentlich ein Verrückter von einer vermeinten unmittelbaren Eingebung“. „Die menschliche Natur kennt kein gefährlicheres Blendwerk“, Krankheiten des Kopfes (VIII 72). „Die ... Maxime der Ungültigkeit einer zu oberst gesetzgebenden Vernunft nennen wir gemeine Menschen Schwärmerei“, während die spekulativen „Genies“ sie „Erleuchtung“ nennen, Was heißt: s. i. D. or.? (V 2, 161). Schwärmerei ist „eine nach Grundsätzen unternommene Überschreitung der Grenzen der menschlichen Vernunft“. Moralische Schwärmerei ist die Verlegung der moralischen Triebfeder in das Gefühl für edle, erhabene Taten statt in das moralische Gesetz selbst, KpV 1. T. 1. B. 3. H. (II 109 ff.). Religiöse Schwärmerei ist die Einbildung, durch Gnadenwirkungen u. dgl. sittliche Effekte hervorbringen zu können, der Wahn, durch Streben nach einem vermeintlichen Umgang mit Gott sich vor ihm zu rechtfertigen, Rel. 4. St. 2. T. § 2 (IV 203 f.).

„Der gewöhnliche Kunstgriff, seiner Unwissenheit den Anstrich von Wissenschaft zu geben, ist, daß der Schwärmende fragt: Begreift ihr die wahre Ursache der magnetischen Kraft oder kennt ihr die Materie, die in den elektrischen Erscheinungen so wunderbare Wirkungen ausübt?“ Der „Schwärmer“ (an geheimnisvolle Kräfte Glaubende) redet über Dinge mit, die, seiner Meinung nach, auch der größte Naturforscher nach ihrer inneren Beschaffenheit nicht kennt. Aber der Naturforscher „läßt nur solche Wirkungen gelten, die er vermittelst des Experiments jederzeit unter Augen stellen kann, indem er den Gegenstand gänzlich unter seine Gewalt bringt, indessen daß der erstere Wirkungen aufrafft, die sowohl bei der beobachtenden als der beobachteten Person gänzlich von der Einbildung herrühren können, und also sich keinem wahren Experimente unterwerfen lassen“. Weitläufige Widerlegung ist hier „wider die Würde der Vernunft“, Acht kleine Aufsätze: Über Schwärmerei (VIII 173 f.). Vgl. Idealismus, Religion.