Versetzung. (Musik) Die Versetzung eines ganzen Tonstücks, die allgemein Transposition genannt wird, besteht darin, dass ein ganzes Stück mit allen Stimmen um einen, zwei, drei oder mehrere Töne höher oder tiefer gesetzt wird.
Diese Versetzung wird zuweilen bei Wiederholung einer Oper notwendig, wenn etwa ein Sopranist eine Arie, welche sonst ein Altiste zu singen hatte, singen soll. Bei diesem Vorfall hat man nur darauf zu sehen, dass man bei dieser Versetzung statt des ersten Tones, darin die Arie gesetzt gewesen, einen Ton wähle, der dem ersten in Ansehung der Intervalle am ähnlichsten ist. Die in dem Artikel Tonleiter befindliche Tabelle der Töne dient die Ähnlichkeit der verschiedenen Tonleitern zu erkennen. Wenn ein Stück aus dem C dur ins D dur versetzt wird oder aus dem C dur gar um eine Quinte höher ins G dur, so ist die Versetzung wegen der Ähnlichkeit der Tonleitern dieser verschiedenen Grundtöne, erträglich: hingegen ein Stück aus dem bE ins F oder aus dem F ins G, desgleichen von bE ins G oder von G dur zurück ins bE dur versetzt, verliert wegen der Ungleichheit der Intervalle, seinen ganzen Charakter.
Diese Versetzung verursacht in Ansehung der Instrumente beträchtliche Ungelegenheit, da sowohl bei einer höheren als auch tieferen Versetzung verschiedenen Instrumenten an beiden Enden, einige Töne entweder gar fehlen oder höchst beschwerlich werden.
In Kirchen, wo die Orgeln Chorton haben, da die Instrumente in Kammerton stehen, ist jeder Spieler verbunden, währendem Spielen zu transponiren. An einigen Orten beobachten die verschiedenen Instrumentisten folgende Art zu versetzen. Die Violinisten spielen nach dem Tenorschlüssel, aber um eine Oktave höher; die Altisten oder Bratschisten nach dem gemeinen Bassschlüssel, um eine Oktave höher und die Bassisten, nämlich Violoncell und Violon den C Schlüssel, auf der zweiten Linie des Notensystems, um eine Oktave tiefer. Diese Versetzungen geschehen dem Organisten zu gefallen, um ihm das Spielen des Generalbasses nicht noch schwerer zu machen; da ohnedem in den Kirchenstücken, besonders in Fugen, alle Augenblick andere Zeichen vorkommen, die einem schwachen Organisten, wenn er genötigt wäre, die Begleitung eine Sekunde tiefer zu nehmen, die Sache sehr sauer machen würden. An einigen Orten sind alle zur Kirchenmusik erfoderliche Instrumente nach der Orgel in Chorton gestimmt, haben aber die große Beschwerlichkeit, dass wegen der Höhe alle Augenblick bald hier, bald da die Saiten springen. Überdies klingen solche Instrumente wegen ihres rauschenden Tones höchst unangenehm.
Weit besser wäre es, wenn der Organist allein transponirte: darin kann er durch die tägliche Übung endlich eine hinlängliche Fertigkeit erlangen.
Die Mittel sich dieses zu erleichtern sind folgende:
1) Den Bass spielt er Altzeichen um eine Oktave tiefer. 2) Den Tenor, Diskantzeichen um eine Oktave tiefer. 3) Den Alt, Basszeichen um eine Oktave höher. 4) Den Diskant, den so genannten französischen hohen Bass, wo der f Schlüssel auf der dritten Linie des Notensystems steht. 5) Das Violinzeichen, den Tenor um eine Oktave höher.
Auch die Choräle werden oft höher oder tiefer versetzt. Dabei hat man besonders darauf Acht zu haben, dass die Lage der halben Töne oder das Mi fa, in dem versetzten Ton gerade so sei, wie in dem Ursprünglichen, weil sonst die Tonart würde verändert werden.
Alles was man hierbei zu beobachten hat und wie man bei einem Choral erkennen könne, ob er in einer der gewöhnlichen Kirchentonarten gesetzt oder in eine andere transponirt sei, hat Murschhauser mit hinlänglicher Deutlichkeit auseinander gesetzt.1
Von großen Nutzen ist es, wenn junge Spieler sich fleißig üben, ein Stück aus viel anderen Tönen, wo nicht gar aus allen Tönen durch Versetzung zu spielen; weil dadurch ihnen alle Töne und Tonarten geläufig werden.
Eine Art der Versetzung kommt auch im Kontrapunkt vor, über die wir uns etwas umständlich erklären müssen, damit man Versetzung und Umkehrung unterscheide.
Wenn man beim doppelten Kontrapunkt saget, die Umkehrung sei in diesen oder jenen Kontrapunkt, so versteht man, dass die zwei Stimmen durch die Umkehrung vertauscht werden, so, dass die oberste Stimme zur untersten und die unterste zur obersten wird. Wenn also durch den Kontrapunkt in der Oktave, Decime, Duodecime eine wirkliche Umkehrung geschehen soll; so müssen die Stimmen vorher nicht weiter als eine Oktave, Decime oder Duodecime aus einander stehen; stehen sie weiter, so entsteht durch den Kontrapunkt nur eine Versetzung.
Diese kontrapunctischen Versetzungen sind nichts anders als Wiederumkehrungen des doppelten Kontrapunkts in der Oktave oder Doppeloctave. So entsteht aus dem Kontrapunkt der Quinte durch die Wiederumkehrung in die einfachen Oktave, die Versetzung in der Quarte und in der Doppeloctave die Versetzung in der Undecime, wie in folgendem Beispiel zu sehen ist: Hier verdient angemerkt zu werden, dass alle nur mögliche kontrapunktische Versetzungen aus den drei Kontrapunkten der Oktave, Decime und Duodecime herzuleiten sind und dass alle übrigen Kontrapunkte nicht ursprünglich sind, sondern in den Versetzungen der obbenannten drei, die so mannigfaltiger Umkehrungen und Versetzungen unter sich fähig sind, ihren Grund haben. So entsteht z.B. eine Versetzung in die Sexte, wenn der Kontrapunkt der Decime wieder in den der Duodecime umgekehrt wird, der dann durch die Versetzung in der Oktave, die Versetzung der Sexte hervorbringt; oder näher, wenn man den Kontrapunkt der Decime gleich in den der Quinte umkehrt: denn dieser hat seinen Grund in der Versetzung des Kontrapunkts der Duodecime, so wie der der Terz in der Versetzung des Kontrapunkts der Decime.
Es wird nicht unnötig sein, hier noch zu zeigen, wie man im doppelten Kontrapunkt, sowohl bei Umkehrungen als bei Versetzungen am leichtesten zu Werk gehe, um die dadurch verursachte Veränderung der Intervalle zu erkennen.
Bei wirklichen Umkehrungen in den Kontrapunkt der Oktave, Decime und Duodecime verfahre man also: Man setze zu der Zahl, die den Kontrapunkt anzeigt, eins zu und nehme also für den Kontrapunkt in der Oktave die Zahl 9, für den in der Decime 11 und für den in der Duodecime 13, zum Grund an und ziehe davon die Zahl, die der Name des Intervalls an gibt, ab; so zeigt der Rest das Intervall an, das durch die Umkehrung entsteht. So wird z.B. in dem Kontrapunkt der Oktave die Terz zur Sexte, nämlich: und die Quinte zur Quarte;
In dem Kontrapunkt der Decime gibt die Oktaveeine Terz, die Quinte eine Sexte u.s.w. In dem Kontrapunkt der Duodez die Oktave eine Quinte, c ; die Terz eine Decime u.s.w.
Geschehen aber keine Umkehrungen, sondern Versetzungen, so verfährt man hierbei auf folgende Art. Setzt man die unterste Stimme um eine Terz näher an die obere Stimme, so ziehet man von der Zahl, die das Intervall anzeigt, 2 ab, so ist der Rest die Zahl des durch Versetzung entstehenden Intervalls; so wird z.B. aus der Decime die Oktave, aus der Sexte die Quarte u.s.w. Eben so verhält es sich, wenn die oberste Stimme um eine Terz näher an die untere gesetzt wird. Entfernt sich aber die eine Stimme von der anderen um eine Terz, so wird die Zahl 2 addirt. Dadurch geschieht es, dass die Terz zur Quinte, die Oktave zur Dezime wird. Hieraus sieht man, dass bei Versetzung um eine Quarte, Quinte, Sexte auf eine ähnliche Weise die Zahlen 3, 4 oder 5 zu addiren oder zu subtrahieren sind.
Sowohl die Umkehrungen der Kontrapunkte in der Octav, Decime und Duodez als auch die Versetzungen, welche aus jenen entstehen, müssen denen, die Kirchenstücke setzen wollen, sehr geläufig sein: Zum Fugensatz, ist dieses völlig notwendig.
Diejenigen, welche sich in den drei Hauptkontrapunkten der Oktave, Decime und Duodecime vollkommen geübet haben, werden ohne Mühe und Suchen immer andere Versetzungen finden. Übrigens merke man noch, dass die kontrapunktischen Veränderungen, da eine Stimme unverändert bleibt, die andere aber um zwei, drei oder mehr Stufen gegen sie herauf oder von ihr herabgerückt wird, Versetzungen, und nicht Umkehrungen sind. Folgende Beispiele dienen zur Erläuterung. Diese kontrapunktischen Versetzungen unterscheiden sich von den Nachahmungen aller Arten, z.B. in der 2. 3. 4. 5. 6. etc. darin, dass bei den letzteren die zweite Stimme gehen kann, wie sie will; da bei den kontrapunktischen Versetzungen eine Stimme, wie bei allen Kontrapunkten, unversetzt bleiben muss oder höchstens nur eine Oktave versetzt wird.
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