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Hörbare Sprache

Das Gesicht wurde entweder nie oder nur vorübergehend einmal der Mitteilungskunst dienstbar gemacht. Das Gehör erwies sich dafür geeigneter. Wie immer man sich die Entstehung der menschlichen Sprache denken mag, welche natürliche Verbindung immer man zwischen dem Laut und der entsprechenden Vorstellung voraussetzt: die Sprache ist entstanden, indem im Gedächtnis niedergelegte Vorstellungen durch hörbare Laute ausgelöst wurden. Die menschliche Sprache, welche nichts als die Ergebnisse der fünf Sinne zur Voraussetzung hat, und darum ganz und gar ungeeignet ist zur Bereicherung der Vorstellungen, also zur Bereicherung des Wissens, die menschliche Sprache kann, und das ist ihre einzige Aufgabe, jegliche Vorstellung wieder erzeugen; sie ist ein geeignetes Kunstmittel, weil sie die Vorstellungen sämtlicher Sinne wieder erzeugen kann, weil sie dies ohne Gegenwart der Objekte auf dem Wege der Phantasie indirekt vermag, weil sie wiederum die Welt noch einmal ist, die Welt im Spiegel der Sprache. Das Getast, der Geruch, der Geschmack und das Gehör (beim Gehör denken wir hier nicht an das Anhören gesprochener Worte) empfinden immer nur ihr spezifisches Objekt selbst, das Gesicht kann schon indirekt zum Genießen gereizt werden, aber in der Malerkunst nicht durch Zeichen, sondern durch eine Art Täuschung. Die Wortkunst täuscht nicht mehr, sondern erzeugt die Bilder durch Zeichen, die in der Urzeit etwas der Täuschung Ähnliches gewesen sein mögen, jetzt aber konventionell geworden sind und dem Schweinehirt, wie dem Ministerpräsidenten gleichmäßig, wenn auch nicht in gleicher Fülle, zu Gebote stehen.

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