Die fröhliche Wissenschaft


Bei der Abhaltung der Vorlesungen trat allerdings nur zu oft das Kuriosum ein, dass ich, wenn ein Satz gerade beendet war, eine kleine Pause eintreten lassen mußte, um den Donner der Geschütze verhallen zu lassen. Denn die Fenster waren wegen der hohen Temperatur geöffnet und so setzten die Geschütze die Kommas und die Schlußpunkte unter alle Sätze.

So erzählt ein Czernowitzer Universitätsprofessor, und den Geschützen, die genug akademische Würde hatten, ihn ausreden zu lassen und nicht schon im Satz zu unterbrechen, läßt sich immerhin nachsagen, dass sie es mit der Interpunktion halten, die in einer so großen Zeit vielfach als Nebensache behandelt wird. Aber die Beherztheit eines Czernowitzer Universitätsprofessors, die auf dem vorgeschobensten Posten deutsch-österreichischer Kultur keine Grenze kennt, findet noch ihre Steigerung:

Am Tage darauf wurde ich neugierig und ging, selbstverständlich mit einem Passierschein, nach Mahalla.

Nachdem er sich so vor dem Leser ausgewiesen hat und keinen Anstand mehr haben kann, entschließt er sich endlich, auch westwärts abzugehen.

Um 1 Uhr nachts verließ ich meine Wohnung, meinen Koffer in der Hand; denn ich wollte mich von meinen Schriften und einigen unentbehrlichen Büchern nicht trennen.

Aber das ist es eben. Bei Geschriebenem und Gedrucktem lassen sich die Geschütze auf Korrekturen nicht mehr ein. Da streichen sie das Ganze. Darum sollte man, um ihre Tätigkeit vollends zu rehabilitieren, die Universitätsprofessoren in Sicherheit bringen und nur die Bedingung stellen, dass sie ihre unentbehrlichsten Schriften zurücklassen.

 

 

August 1916.


 © textlog.de 2004 • 19.03.2024 10:37:43 •
Seite zuletzt aktualisiert: 15.01.2007 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright Die Fackel: » Glossen » Gedichte » Aphorismen » Notizen