Transzendentalphilosophie und Naturphilosophie


Um der wahren Identität willen, in welche Subjekt und Objekt gesetzt, nämlich indem beide Subjekt-Objekt sind, und weil ihre Entgegensetzung daher eine reelle, also eins ins andere überzugehen fähig ist, ist der verschiedene Standpunkt beider Wissenschaften kein widersprechender. Wäre Subjekt und Objekt absolut entgegengesetzt, nur eins das Subjekt-Objekt, dann könnten die beiden Wissenschaften nicht nebeneinander in gleicher Würde bestehen; nur der eine Standpunkt würde der vernünftige sein. Beide Wissenschaften sind ganz allein dadurch möglich, daß in beiden ein und ebendasselbe in den notwendigen Formen seiner Existenz konstruiert wird. Beide Wissenschaften scheinen sich zu widersprechen, weil in jeder das Absolute in einer entgegengesetzten Form gesetzt ist. Ihr Widerspruch hebt sich aber nicht dadurch auf, daß nur eine derselben als die einzige Wissenschaft behauptet und von ihrem Standpunkt aus die andere vernichtet wird; der höhere Standpunkt, der die Einseitigkeit beider Wissenschaften in Wahrheit aufhebt, ist derjenige, der in beiden ebendasselbe Absolute erkennt. Die Wissenschaft vom subjektiven Subjekt-Objekt hat bisher Transzendentalphilosophie geheißen; die vom objektiven Subjekt-Objekt Naturphilosophie. Insofern sie einander entgegengesetzt sind, ist in jener das Subjektive das Erste, in dieser das Objektive. In beiden ist das Subjektive und Objektive ins Substantialitätsverhältnis gesetzt; in der Transzendentalphilosophie ist das Subjekt als Intelligenz die absolute Substanz, und die Natur ist Objekt, ein Akzidens, in der Naturphilosophie ist die Natur die absolute Substanz, und das Subjekt, die Intelligenz, nur ein Akzidens. Der höhere Standpunkt ist nun weder ein solcher, in welchem die eine oder die andere Wissenschaft aufgehoben und entweder nur das Subjekt oder nur das Objekt als Absolutes behauptet wird, noch auch ein solcher, in welchem beide Wissenschaften vermengt werden.

Was das Vermengen betrifft, so gibt das der Naturwissenschaft Angehörige, in das System der Intelligenz gemischt, die transzendenten Hypothesen, die durch einen falschen Schein der Vereinigung des Bewußtseins und des Bewußtlosen blendend werden können; sie geben sich für natürlich aus und überfliegen auch wirklich das Palpable nicht, wie die Fiberntheorie des Bewußtseins; dagegen gibt das Intelligente als solches, in die Naturlehre gemischt, die hyperphysischen, besonders teleologischen Erklärungen. Beide Mißgriffe des Vermengens gehen von der Tendenz des Erklärens aus, zu dessen Behuf Intelligenz und Natur ins Kausalitätsverhältnis, das eine als Grund, das andere als Begründetes gesetzt werden, wodurch aber nur die Entgegensetzung als absolut fixiert und durch den Schein einer solchen formalen Identität, wie die Kausalidentität ist, der Weg zur absoluten Vereinigung völlig abgeschnitten wird.

Der andere Standpunkt, wodurch das Widersprechende beider Wissenschaften sollte aufgehoben werden, wäre derjenige, welcher eine oder die andere Wissenschaft nicht als eine Wissenschaft des Absoluten gelten läßt. Der Dualismus kann der Wissenschaft der Intelligenz sehr gut folgen und die Dinge doch noch als eigene Wesen gelten lassen; er kann zu diesem Behuf die Naturwissenschaft als ein solches System vom eigenen Wesen der Dinge nehmen; jede [Wissenschaft] gälte ihm, soviel sie will; sie haben friedlich nebeneinander Platz. Aber damit würde das Wesen beider Wissenschaften, Wissenschaften des Absoluten zu sein, übersehen, denn das Absolute ist kein Nebeneinander. Oder es gibt noch einen Standpunkt, auf welchem die eine oder die andere Wissenschaft nicht als eine Wissenschaft des Absoluten gälte, nämlich derjenige, auf welchem das Prinzip der einen als im Absoluten oder das Absolute in der Erscheinung dieses Prinzips gesetzt aufgehoben würde. Der merkwürdigste Standpunkt ist in dieser Rücksicht der Standpunkt des gewöhnlich so genannten transzendentalen Idealismus; es wurde behauptet, daß diese Wissenschaft des subjektiven Subjekt-Objekts selbst eine der integrierenden Wissenschaften der Philosophie, aber auch nur die eine ist. Es ist die Einseitigkeit dieser Wissenschaft, wenn sie sich als die Wissenschaft xorr’ e^oxnv behauptet, und die Gestalt, welche die Natur von ihr aus hat, aufgezeigt worden. Hier kommt noch die Form in Betrachtung, welche die Wissenschaft der Natur erhält, wenn sie von diesem Standpunkt aus erbaut wird.


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